Professorin Franziska Lamott neue Gleichstellungsbeauftragte

Universität Ulm

Ihr Ziel: Familiengerechte Strukturen schaffen

Natürlich weiß die neue Gleichstellungsbeauftragte der Universität Ulm, Professorin Franziska Lamott, um die geringe Repräsentanz der Frauen vor allem in den oberen Karriere-Rängen des Wissenschaftsbetriebes. „Um diese abzubauen, hoffe und setze ich auch auf die Männer“, betont die Soziologin. Dies weniger der aktuellen Mehrheiten in universitären Gremien wegen: „Als vorrangiges Ziel sehe ich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und davon können schließlich beide Geschlechter profitieren.“ Lamott hat das Amt mit Beginn des laufenden Wintersemesters übernommen. Ihre Vorgängerin, Hochschuldozentin Dr. Ulrike Gerischer, hatte nach vierjähriger Amtszeit auf eine erneute Kandidatur verzichtet.
Ihre Bilanz sei positiv, wenngleich nicht ganz ungetrübt, resümiert Gerischer. „Ganz wichtig ist für mich, dass wir die Kindertagesstätte auf den Weg gebracht haben. Darauf bin ich besonders stolz.“ Erfreulich sei überdies ihre Beteiligung an der Planung gewesen. Weniger schön aus ihrer Sicht: „Der Frauenanteil in höheren Positionen steigt zwar langsam, ist aber in Ulm weiterhin extrem niedrig und liegt deutlich unter dem Bundesdurchschnitt.“ Das bestätigt auch ihre Nachfolgerin und nennt bemerkenswerte Zahlen.
So sind Professorin Lamott zufolge zu Beginn des Studiums die Frauen zum Teil deutlich überrepräsentiert, in der Medizin beispielsweise mit 62 Prozent. Schon bei den Doktoranden freilich verkehre sich das Verhältnis zu Gunsten der Männer. Und bei den Professorinnen belaufe sich deren Anteil in der Medizinischen Fakultät auf 11 Prozent, in der Uni insgesamt auf 8,7 Prozent. Ohne die Mediziner gar liege der Frauenanteil in den anderen Fakultäten gerade mal bei 5,2 Prozent.
„Das kann die Gleichstellungsbeauftragte nicht ändern“, hat Ulrike Gerischer erkannt. Notwendig sei vielmehr, die Frauen zur Weiterbildung zu motivieren. Und hilfreich seien zudem die Vorgaben verschiedener Drittmittel-Geber, die Wert auf  familienfreundliche Strukturen legten, nicht nur auf Frauen bezogen.
Mit Kinderbetreuung, Stipendien zur Förderung des Nachwuchses bei Hochschullehrerinnen, Wiedereinstiegs-Stipendien für Frauen und Frauenförderpreisen sieht Franziska Lamott die Ulmer Uni zwar auf einem guten Weg. Gleichwohl gebe es für die Chancengleichheit von Männern und Frauen auf allen Ebenen der universitären Hierarchie noch viel zu tun. „Vor allem, um dem statistisch auffälligen Verlust von jungen Wissenschaftlerinnen auf dem Weg zur Promotion oder zur Habilitation entgegen zu wirken.“ Schließlich reiche ein Blick auf den üblichen Karriereweg vom Studium zur Professur, wo die Frauen verloren gingen: „Hier sind mehrere Qualifikationsabschnitte zu durchlaufen, die durch hohe Leistungsanforderungen, starken Durchsetzungswillen, Befristung und mehr oder weniger geringe Bezahlung gekennzeichnet sind.“
Hier sind Lamott zufolge strukturelle Maßnahmen erforderlich, um die Chancengleichheit zu verbessern. Ferner müssten bei Berufungsverfahren wie bei der Beurteilung wissenschaftlicher Qualifikation generell Unterbrechungen oder Reduzierungen der wissenschaftlichen Tätigkeit durch Betreuung von Kindern angemessen berücksichtigt werden. „Jedenfalls dürfen daraus Bewerberinnen oder Bewerbern keine Nachteile entstehen“, fordert die neue Gleichstellungsbeauftragte.
Neben der alltäglichen Gremienarbeit will sie in ihrem Amt auch neue Ansätze initiieren. „Eine Ringvorlesung zum Beispiel, um Gleichstellung zu einem attraktiven Thema zu machen und das auch inhaltlich zu vermitteln.“ Profitieren dürfte die Professorin in der Sektion Forensische Psychotherapie dabei nicht zuletzt von ihrem wissenschaftlichen Hintergrund. Als Soziologin und Sozialpsychologin hat sie sich im Rahmen einer Gastprofessur für Genderforschung an der Universität Basel mit den Geschlechterkonstruktionen in Medizin und Recht beschäftigt. Als Expertin, begründet durch zahlreiche Publikationen, gilt Franziska Lamott, die vor ihrer Tätigkeit in Ulm viele Jahre am Institut für Strafrecht der Ludwig-Maximilians-Universität in München gearbeitet hat, auf dem Gebiet abweichenden Verhaltens. So hat sie im Rahmen eines von der DFG geförderten Forschungsprojektes die Beziehungsmuster von  Frauen analysiert, die getötet haben. Ihre Studien sind interdisziplinär, historisch und kulturwissenschaftlich eingebunden. „Vor allem zur Geschichts- und Literaturwissenschaft habe ich einen starken Bezug“, erklärt Professorin Lamott und versichert: „Gerade die Schnittstellen sind sehr spannend.“ Letzteres belegt unter anderem ein Dokumentarfilm der Wissenschaftlerin für den Fernsehsender ARTE . Sein Titel: „Tödliche Beziehungen“.

Anlage: Foto Prof. Franziska Lamott, die neue Gleichstellungsbeauftragte der Universität Ulm

Weitere Informationen: Prof. Dr. Franziska Lamott, Telefon +49 (0)731/50-61903