11 Morphologie der Blüte
Die Blüte definiert man am einfachsten als ein Spross begrenzten Wachstums, dessen Blätter zu Fortpflanzungsorganen umgewandelt sind. Durch diese sehr allgemeine Definition umgeht man im Übrigen das generelle Problem der Abgrenzung gegen den "vegetativen" Bereich des Sprosses.
Die Blüte besteht aus den Kelchblätter (= Sepalen), den Kronblätter (= Petalen), den Staubblätter (oder Staub"gefässen"; = Stamina) und den Fruchtblätter (= Karpelle).
Die Staub- und Fruchtblätter sind den Sporophyllen der Gymnospermen und Pteridophyten homolog. Folgt man der oben gegebenen Definition, kann man auch die Sporophyllstände einiger Bärlapp-Arten (z.B. Lycopodium clavatum), der Schachtelhalme (Equisetum) und der meisten Cycadatae als Blüten bezeichnen.
11.1 Blütenbau
11.1.1 Organstellung
Die ursprüngliche Stellung der Blütenteile ist schraubig, entsprechend der ursprünglichen schraubigen Blattstellung im vegetativen Teil der Pflanzen. Durch die Prozesse der Oligomerisierung (Abnahme der Organzahl) und Zyklisierung (Bildung von Organkreisen) entstanden abgeleitete Blüten. Bezüglich der Organstellung kann man so drei Blütentypen unterscheiden:
· azyklische oder schraubige Blüten, bei denen alle Blütenteile schraubig angeordnet sind (z.B. bei einigen Magnolia-Arten);
· hemizyklische Blüten, bei denen einige Teile der Blüte z.B. die Blütenhülle) wirtelig und andere (z.B. das Gynoeceum) schraubig angeordnet sind (z.B. Geum urbanum oder Myosurus minimus);
· zyklische (wirtelig) Blüten, bei denen alle Blütenteile auf Kreisen angeordnet sind (Pyrus communis).
Im Einzelfall ist es allerdings schwierig, zwischen schraubiger und echter wirteliger Organstellung zu unterschieden. Eine schraubige Organstellung ist oftmals noch durch eine Untersuchung der frühen Ontogenie nachzuweisen.
□ Magnolia sp., Blüte
□ Myosurus minimus; Blüte
□ Geum urbanum; Blüte
□ Pyrus communis (Birne); Blüte
11.1.2 Organzahl
Ein Wirtel (Organkreis) kann aus zwei bis vielen einzelnen Organen bestehen, wobei der trimere Wirtel (mit 3 Organen) besonders für die Monokotyledonen, der pentamere Wirtel (mit 5 Organen) besonders für Dicotylen typisch ist. Dimere (mit 2 Organen) und tetramere Wirtel (mit 4 Organen) sind vergleichsweise selten anzutreffen.
Ist die Organzahl in allen Organkreisen gleich, so bezeichnet man die Blüte insgesamt als isomer, ist sie ungleich als anisomer.
11.1.3 Symmetrie
Unter Symmetrie versteht man die regelmäßige Wiederholung von gleichen oder ähnlichen Gliedern. Von den verschiedenen Symmetriearten sind bei den Blüten die Drehsymmetrie, die Spiegelsymmetrie und die Translationssymmetrie von Bedeutung.
· Radiärsymmetrische (= aktinomorphe, = strahlige, = polysymmetrische) Blüten (z.B. von Geranium pratense) weisen mehrere Symmetrieebenen auf und sind sowohl durch Drehung als auch durch Spiegelung zur Deckung zu bringen.
· Monosymmetrische (= zygomorphe, = dorsiventral) (z.B. von Viola tricolor) Blüten weisen nur eine Symmetrieebene auf, welche meist in der Mediane (Linie durch Abstammungsachse und Tragblatt) verläuft und die Blüte in zwei spiegelbildlich gleiche Hälften teilt. In einigen Fällen, wie etwa bei Fumaria, besteht eine sog. transversale Zygomorphie, die Symmetrieebene ist also hier die Transversalebene der Blüte. Ebenso kommen schräge Zygomorphien vor wie bei Aesculus hippocastanum.
· Disymmetrische (= bilaterale) Blüten (z.B. von Dicentra spectabilis) weisen genau zwei Symmetrieebenen auf, welche senkrecht aufeinander stehen. Auch hier ist sowohl eine Drehung als auch eine Spiegelung möglich um die einzelnen Glieder zur Deckung zu bringen.
· Asymmetrisch sind die Blüten dann, wenn ihre Glieder weder durch Drehung noch durch Spiegelung oder Translation zur Deckung gebracht werden können. Ein Beispiel hierfür sind die Blüten der Cannaceae.
□ Geranium pratense, Viola tricolor, Fumaria schleicheri, Aesculus hippocastanum u. Dicentra spectabilis; Symmetrien bei Blüten [Weberling, F. 1981: 5]
□ Aesculus hippocastanum; Blüten
□ Dicentra spectabilis; Blüten
□ Canna edulis (Cannaceae); asymmetrische Blüten
Die einzelnen Merkmale und ihre Ausprägung können im Blütendiagramm oder in der Blütenformel zum Ausdruck gebracht werden.
11.2 Blütenhülle (Perianth)
Das Perianth einer Angiospermenblüte hat zwei wichtige Funktionen zu erfüllen. Die ursprüngliche Hüllfunktion zum Schutz vor Tieren wurde im Laufe der Entwicklung durch Ausbildung eines gefärbten Schauapparates zur Anlockung von bestäubenden Insekten erweitert.
11.2.1 Das einfache Perianth (= Perigon)
Das einfache Perianth besteht aus mehreren gleichartigen Gliedern, den Tepalen, und wird als Perigon bezeichnet. Eine Unterscheidung in Krone und Kelch ist nicht vorhanden. Blüten mit einem solchen Perigon bezeichnet man als homoiochlamydeisch.
Die einzelnen Tepalen können sehr groß und auffällig gefärbt sein (= corollinisch, petaloid; z.B. bei der Tulpe oder Anemone nemorosa), sie können aber auch klein und unscheinbar (= prophylloid; z.B. bei Scheuchzeria palustris) sein.
□ Helleborus foetidus; Blattfolge [Weberling 1981: 21]
□ Tulipa sp.; Blüten
□ Anemone nemorosa; Blüte
□ Scheuchzeria palustris; Blüten
Beim choritepalen Perigon sind die Tepalen frei, beim syntepalen Perigon sind die einzelnen, gleichartigen Tepalen untereinander verbunden. Hier kann man zwischen einer Perigonröhre und einem Perigonsaum unterscheiden.
□ Muscari comosum; Blütenstand
Beim sog. heterotepalen Perigon sind die Tepalen unterschiedlich ausgebildet. So können bei den zwei 3-zähligen Wirteln, die eine Monokotylenblüte normalerweise besitzt, die Glieder der beiden Wirtel verschiedenartig gebaut sein (z.B. bei Paris quadrifolia oder Iris pseudacorus).
□ Paris quadrifolia; Blüte
□ Iris pseudacorus; blühend
Oft geht dieser Unterschied so weit, dass der äußere Tepalenkreis bereits als Krone bezeichnet wird wie etwa bei vielen Commelinaceae oder Bromeliaceae.
□ Tradescantia sp.; blühend
11.2.2 Das doppelte Perianth
Das doppelte Perianth ist in Calyx (Kelch) und Korolla (Krone) differenziert. Der Kelch übernimmt die Schutzfunktion, vor allem in der Knospe, während die Krone mit ihren stark gefärbten Gliedern zur Anlockung von Bestäubern dient. Die Blätter der Krone werden als Petalen, die Blätter des Kelches als Sepalen bezeichnet. Blüten mit einem doppelten Perianth werden heterochlamydeisch genannt.
(a) Calyx (Kelch)
Die Sepalen (= Kelchblätter) dienen ursprünglich dem Schutz der Blütenknospe, können aber im abgeleiteten Falle die Lockfunktion der Petalen verstärken.
Bei chorisepalen (= freikelchblättrigen) Blüten sind die Kelchblätter untereinander frei, bei gamosepalen (= synsepalen) Blüten dagegen verwachsen.
Bei einigen Pflanzen wie z.B. Eschscholzia californica (Papaveraceae) und bei Eucalyptus-Arten werden "kapuzenförmige" Kelche, sog. Kalyptrakelche gebildet, die bei der Blütenöffnung als Ganzes abgeworfen werden. Bei Eucalyptus befindet sich unter dem Kalyptrakelch zusätzlich noch ein hinfälliger Deckel der ebenfalls miteinander vereinigten Kronblätter (Petalenkalyptra).
□ Sinapis arvensis (Brassicaceae); Blütenstand
□ Silene vulgaris (Gemeines Leimkraut, Caryophyllaceae); blühend
□ Eschscholzia californica (Papaveraceae); Blüte
□ Eschscholzia californica (Papaveraceae); Blüte
In einigen Fällen bleiben die Kelche wie beim Leimkraut (Silene vulgaris) bis zur Fruchtzeit erhalten (persistierende Kelche). Bei Asteraceae und Valerianaceae bilden die reduzierten bzw. umgestalteten Kelchblätter das als Pappus bezeichnete Flugorgan an der unterständigen Frucht.
□ Silene vulgaris; Kelch
□ Taraxacum officinale; Frucht mit Pappus
- Außenkelch
Unterhalb des Kelches befinden sich oftmals noch weitere Wirtel von Blattorganen, die morphologisch meist aus dem Hochblattbereich abzuleiten sind.
Bei der Erdbeere (Fragaria vesca) entsprechen die Glieder des Außenkelches morphologisch den (Interfoliar-) Stipeln der Kelchblätter. Bei der Zaunwinde (Calystegia sepium) sind es zwei Hoch- oder Vorblätter und beim Leberblümchen sind die Blüten von jeweils drei Hochblättern umgeben. Man spricht in letztgenannten Fall auch von einem Hüllkelch oder Involukrum.
□ Fragaria vesca; Blüte mit Aussenkelch
□ Calystegia sepium (Echte Zaunwinde, Convolvulaceae)
□ Hepatica nobilis; Blüten mit Hüllkelch
(b) Korolla (Krone)
Die die Lockfunktion übernehmenden Petalen unterscheiden sich durch zarten Bau, größere Fläche und lebhafte Färbung deutlich von den Sepalen.
Bei choripetalen (= freikronenblättrigen) Blüten sind die Kronblätter untereinander frei, bei sympetalen Blüten dagegen verwachsen.
Bei einigen Familien zeigen die Petalen eine Gliederung und Nagel (unguis) und Platte (lamina). Teilweise besitzen sie eine Ligula am Übergang von Nagel zur Platte, die gemeinsam eine Nebenkrone (= Parakorolla) bilden können (z.B. Melandrium rubrum).
□ Viola tricolor (Violaceae); blühend
□ Bauhinia tomentosa (Caesalpiniaceae); Blüte
□ Melandrium rubrum; Blüte
□ Melandrium rubrum; Blüte längs
Im Gegensatz zur Gamosepalie ist die Sympetalie für weite Verwandtschaftskreise typisch, so zum einen für die Primulales, Ebenales, Cornales, Ericales (= "Sympetalae pentacyclicae") und zum anderen für die Unterklasse der Lamiidae und Asteridae (= "Sympetalae tetracyclicae").
□ Vaccinium uliginosum (Ericaceae); Blüte
□ Convolvulus arvenis (Convolvulaceae); Blüte
□ Salvia pratensis; Blüte
(c) achlamydeisch
Als achlamydeisch bezeichnet man solche Blüten, bei denen ein phylogenetischer Verlust von Kelch und Krone aufgetreten ist. Ein Beispiel hierfür ist die Esche (Fraxinus sp., Oleaceae).
□ Fraxinus sp. (Oleaceae) [Weberling/Schwantes: 37]
11.3 Das Androeceum
11.3.1 Bau des Staubblattes
Als Androeceum wird in der Blüte die Gesamtheit der Staubblätter (Stamina) bezeichnet. Die Staubblätter befinden sich innerhalb des Petalen- bzw. Tepalenkreises. Ein Staubblatt gliedert sich in ein Filament und eine am Ende sitzende Anthere. Diese wiederum unterteilt sich in zwei Theken, welche durch ein Konnektiv miteinander verbunden sind. Jede Theke besteht aus je zwei Pollensäcke auf, in denen der Pollen gebildet wird.
□ Salvia pratensis; Blüte aufgeschnitten mit Thekenreduktion
□ Lilium sp., transversal orientierte versatile Antheren
- Fusion der Filamente
"Vereinigungen" von Staubblättern bezeichnet man als „Adelphien" und spricht je nach der vorhandenen Anzahl von mon-, di-, tri- oder polyadelphischen Blüten.
Die Vereinigung ist bei den Fabaceae seitlich. Bei Narcissus bilden die verwachsenen Staubblattbasen eine Nebenkrone aus.
□ Vicia sepium; Blüte aufgeschnitten
□ Narcissus sp.; Blüten
Außer einer seitlichen Vereinigung von Staubblättern kommen auch Staubblattbüschel vor, bei Hypericaceae oder Myrtaceae.
□ Eucalyptus sp.; polyadelphische Blüten
□ Hypericum sp.; triadelphische Blüten
11.3.2 Anzahl und Stellung der Staubblätter
Ursprünglichen Blüten besaßen und besitzen (z.B. die der Magnoliaceae oder Ranunculaceae) zahlreiche Staubblätter in schraubiger Stellung. Man bezeichnet sie als primär polyandrisch.
□ Anemone nemorosa; Blüte
Aus den primär polyandrischen Blüten haben sich mehrfach in der Evolution durch Oligomerisation (Abnahme der Anzahl) und Zyklisierung (Wirtelbildung) die sog. diplostemonen Blüten mit 2 Staubblattkreisen entwickelt. In diesen Blüten alternieren die Staubblätter des äußeren Kreises - entsprechend der Organalternanz bei Wirtelstellung - mit den Kronblättern. Sie stehen also "vor" den Kelchblättern (episepal).
□ Malus sylvestris; Blüten
Bei den obdiplostemonen Blüten ist diese Alternanz durchbrochen. Hier stehen die äußeren Stamina "vor" den Kronblättern, also epipetal. Typischerweise obdiplostemon sind die Blüten z.B. der Caryophyllaceae, Crassulaceae oder der Saxifragaceae.
Haplostemone Blüten besitzen nur einen Staubblattkreis.
□ Lamium album; Blüte
Im Laufe der Evolution hat sich die Anzahl der Staubblätter teilweise auch sekundär wieder vermehren können. Bei solchen sekundär polyandrischen Blüten (Blüten mit einem sog. "komplexen" Androeceum) bilden sich in der Ontogenie zunächst Primärhöcker, die sich dann in weitere Einzelstamina gliedern (Dédoublement). Je nachdem in welche Richtung die Ausgliederung verläuft, unterscheidet man zwischen zentripetalem (z.B. bei Myrtaceae) oder zentrifugalem (z.B. bei Hypericaceae) Dédoublement.
□ Syzygium jambos (Myrtaceae); Blüten
□ Hypericum perforatum; Blüte
□ Hypericum perforatum; Blüte aufgeschnitten
Bei den sekundär polyandrischen Blüten gibt es ebenfalls "Adelphien". So sind z.B. für die "Columniferen" (Malvaceae, Bombacaceae, Sterculiaceae) Filamentröhren typisch. Einige Euphorbiaceae wie der Ricinus bilden bäumchenartig verzweigte Staminabüschel.
□ Malva sp.; Blüte aufgeschnitten
□ Rhizinus communis (Euphorbiaceae); männliche Blüten
11.4 Das Gynoeceum
11.4.1 Bau und Entwicklung der peltaten Fruchtblätter
Das Gynoeceum stellt die Gesamtheit der Karpelle (Fruchtblätter) einer Blüte dar. Bei manchen Pflanzen (z.B. Fabaceae) kann auch nur ein Karpell ausgebildet sein.
Morphologisch stellen die Karpelle sog. ascidiate (= schlauchförmige) Blattorgane dar. Diese bilden in der Ontogenie durch Übergreifen des Blattrandmeristems an der Basis der Spreitenzone eine sog. Querzone aus, so dass ein ringförmig geschlossenes Randmeristem entsteht. Durch geeignetes Zusammenwirken von Rand- und Flächenwachstum entwickelt sich dann die Schlauchform.
(Tafelzeichnung) Entstehung eines peltaten und ascidiaten Blattes durch Querzonenbildung
□ Prunus serrulata; Blüten
□ Prunus serrulata; Karpelle
□ Nepenthes formosa; Kannenblatt
□ Aquilegia vulgaris; Blüte
□ Aquilegia vulgaris; Karpellausgliederung [Heel, van 1981: 37-41]
□ Althenia filiformis u. Zannichellia palustris; Karpelle [Weberling 1981: 77 I u. II
□Die Karpelle sind aber allermeist keine nach oben offenen, schlauchförmigen Blattorgane. Auf einen basalen schlauchförmigen (= ascidiaten) Abschnitt folgt aufwärts ein Bereich, in dem sich die Karpellränder nur zusammengefaltet (= plicater Bereich).
11.4.2 Das apokarpe (chorikarpe) Gynoeceum
Beim apokarpen Gynoeceum sind die einzelnen Fruchtblätter nicht miteinander "verwachsen".
□ (Tafelzeichnung) Bau eines Karpelles mit ascidiatem und plicatem Teil
□ Helleborus foetidus; fruchtend
□ Helleborus foetidus; Fruchtblätter [Weberling 1981: 75 I-IV]
11.4.3 Das coenokarpe Gynoeceum
Im coenokarpem Gynoeceum sind die Fruchtblätter miteinander mehr oder weniger "verwachsen" und bilden ein gemeinsames Organ, den Stempel (= Pistill). Sein basaler, die Samenanlagen enthaltender Teil wird als Ovar oder Fruchtknoten bezeichnet. Dem Ovar kann ein Griffel (Stylus) aufsitzen.
(Tafelzeichnung) Gliederung des coenokarpen Gynoeceums; pistill = ovarium (Fruchtknoten) + stylus (Griffel) + stigma (Narbe); synkarper, parakarper und apokarper Bereich
□ Capparis sp.; Blüte
□ Capparis spinosa; Gynoeceumsentwicklung [Weberling 1981: 68]
□ Capsicum annuum; Frucht
Sind die Karpelle komplett miteinander vereinigt, so spricht man von einem coeno-synkarpen Gynoeceum. Es besitzt eine der Anzahl der beteiligten Karpelle entsprechende Anzahl von Fruchtfächern oder Lokulamenten. Es ist auch möglich, dass die Karpelle zwar untereinander verbunden sind, die Ränder der einzelnen Fruchtblätter aber auf der Ventralseite nicht zusammenschließen. Hierdurch entsteht eine einheitliche, zentrale Ovarhöhle. Es handelt sich dann um ein coeno-parakarpes Gynoeceum.
11.4.4 Plazentation
Bei den meisten Pflanzen stehen die Samenanlagen im Fruchtknoten entlang der Karpellränder (marginal oder submarginal). Diesen Bereich der Samenanlageninsertion bezeichnet man als Plazenta.
Bei einigen ursprünglichen apokarpen Gynoeceen, wie etwa bei Butomus umbellatus (Butomaceae), stehen die Samenanlagen jedoch zerstreut auf der der Blattoberseite entsprechenden inneren Karpellfläche. Man bezeichnet eine solche Plazentation als laminal.
□ Potamogeton alpinus, Zanichellia palustris, Amorpha fruticosa, Astragalus galegiformis; Karpelle im apokarpen Gynoeceum [Weberling, F., 1981: 77]
□ Butomus umbellatus; Blüte
□ Butomus umbellatus; laminale Plazentation [Weberling, F. 1981: 93]
□ Clematis cirrhosa; U-förmige Placenta [Weberling, F. 1981: 78]
Die Placentation im coenokarpen Gynoeceum ist zentralwinkelständig wenn die Placenten im zentralen Teil des Fruchtknotens in den Winkeln zwischen den Scheidewänden liegen. Dies ist also der Fall beim coeno-synkarpen Gynoeceum.
□ Nigella damascaena; Frucht
□ Nigella damascaena; Frucht quergeschnitten
Liegen die Samenanlagen in einem coeno-parakarpen Fruchtknoten - bezüglich des einzelnen Karpells marginal - an der Wand des Fruchtknotens, so spricht man von parietaler Placentation.
□ Passiflora edulis; Frucht halbiert
□ Passiflora edulis; Plazentation
Bei der zentralen Placentation liegt die Placenta in der Mitte des Fruchtknotens. Die Zentralplazenta entsteht entweder durch nachträglichen Schwund von Septen ("postgenital", z.B. bei den sog. "Centrospermae" = Caryophyllales; z.B. Agrostemma githago) oder dadurch, dass von vornherein überhaupt keine Septen ausgebildet werden ("kongenital"; z.B. bei Primulaceae (z.B. Anagallis arvensis).
□ Anagallis arvensis; Blüte
□ Anagallis arvensis; Frucht
□ Agrostemma githago; Fruchtknoten halbiert
11.4.5 Stellung des Gynoeceums
Von besonderer Bedeutung für das Aussehen der Blüten ist auch die Stellung des Gynoeceum. Ursprünglich waren die Fruchtblätter in der Blüte ganz oben oder bei flachem Receptaculum (= Blütenboden) innen angeordnet. Im Laufe der Entwicklung kann das Gynoeceum aber auch mehr oder weniger tief in die Blütenachse (Receptaculum) eingesenkt worden sein.
(Tafelzeichnung) Stellung des Gynoeceums
Das oberständige Gynoeceum sitzt dem Receptaculum oben auf. Die restlichen Blütenorgane liegen tiefer. Man spricht auch von einer hypogynen Blüte.
□ Anemone nemorosa; Blüte
Das mittelständige Gynoeceum ist vom becherförmigen Blütenboden umgeben, auf welchem die übrigen Organkreise inserieren. Die Blüte bezeichnet man als perigyn.
□ Prunus sp.; Blüte
□ Rosa sp.; Frucht
Das halbunterständige Gynoeceum ist teilweise in das Receptaculum eingesenkt. Es handelt sich dann ebenfalls um eine perigyne Blüte.
□ Saxifraga granulata; Blüte
Das unterständige Gynoeceum ist vollkommen in das Receptaculum eingesenkt. Man bezeichnet die Blüte dieser Pflanzen als epigyne Blüte.
□ Taraxacum sp.; fruchtendes Köpfchen
Bilden Kelch und Krone eine gemeinsame Röhre, so bezeichnet man diese als Hypanthium.
□ Fuchsia magellanica; Blüte mit unterständigem Gynoeceum
Kurzinfo
- BIO.0001.003
Allgemeine Botanik - Dr. Jürgen R. Hoppe
- Vorlesung
- 2 SWS
Notizen / Zeichnungen: