Oratorische Pracht

Albrecht Haupt dirigiert Haydns „Schöpfung“ in der Pauluskirche

 

Trio der Gesangsolisten in der Pauluskirche: (von links) Bassist Michael Roman, Sopranistin Katarzyna Jagiello und Tenor Alexander Efanov.

ROLAND MAYER

Sieben Tage dauert’s bis zum Hand in Hand durchs Paradies. Doch nichts währt ewig. Aber in Joseph Haydns „Schöpfung“ vibriert der monumentale Schlusschor bekanntlich als zeitloser Hoffnungsschimmer. Durch den Universitätschor Ulm erfuhr dieses lautmalerische Oratorium in der gut gefüllten Pauluskirche eine bewegende Aufführung.

Dafür griff der omnipräsent dirigierende Albrecht Haupt wieder auf die wunderbar eingespielte Orchester-Kombination des Concerto Tübingen und Süddeutschen Bläserensembles zurück. Andreas Weil gab am Orgelpositiv auch den rezitativen kantilenen Rückhalt. Und das Trio der Gesangssolisten bot in den Arien oder Terzetten der Erzengel als himmlische Kommentatoren der sechstägigen Schöpfungsgeschichte rundweg packende Partien.

Aus dem Paukenschlag des Chaos entwickelt Haupt das dreiteilige Großwerk von 1798 über diesen alttestamentlichen Psalmen und Miltons Versgedicht („Paradise Lost“) zum spannungsgeladen pulsierenden Klangkubus. Mit dem fanfarischen C-Dur-Akkord („Es werde Licht“) brechen sich auf der Altarinsel unter den rot glühenden Ost-Arkaden leuchtende Orchesterfarben die Bahn. Darin öffnet Katarzyna Jagiello (Gabriel/Eva) ihren Koloratursopran für funkelnde Girlanden, wirkt Tenor Alexander Efanov (Uriel) mit lyrischer Kraft, bringt Michael Roman (Raphael/Adam) seinen geschmeidigen Bassbariton zu samtiger Geltung. Und nach einer poetisch austarierten Fermate („Frohlocket dem Herrn“) ist der vierstimmige Großchor auch in der Chorfuge „Denn er hat Himmel und Erde bekleidet“ ein mitreißender Klangbaumeister klassischer Natürlichkeit und oratorischer Pracht. (roma)

Veröffentlicht in der Augsburger Allgemeinen Zeitung am 14.07.2015

Text und Foto: Roland Mayer

Haydns "Schöpfung" mit dem Universitätschor

Kaum ein Oratorium erfreut sich solcher Beliebtheit wie "Die Schöpfung" von Joseph Haydn. Nun wurde es in der Pauluskirche gefällig aufgeführt - unter anderem vom Universitätschor Ulm.

GOTTFRIED LOTHAR

Es mag an dem fast schon aufrührerischen Gottesbild liegen, dass Haydns "Schöpfung" so beliebt ist. Oder an der lautmalerischen Aufarbeitung der Erschaffung von Welt und Lebewesen, die noch Jahrzehnte nach der Wiener Uraufführung am 19. März 1799 Einfluss auf die Musik hatte. Der Text von Gottfried van Swieten nach Miltons "Paradise Lost" bietet Gott als alttestamentarischen Weltenbaumeister auf, verbunden mit rationalistischer Naturphilosophie englischer Prägung und dem Vernunftglauben von Aufklärung und Freimaurerei - was für ein rasches Aufführungsverbot in katholischen Kirchen sorgte.

Dem Zauber der einfachen und auch überwältigenden Naturschilderungen in der Musik konnte man sich jedoch nicht entziehen. Besonders das Chaos in grummelndem c-Moll und die anschließende C-Dur-Explosion beim Anbruch des Lichts auf Gottes Geheiß lassen keinen Zuhörer kalt, während die musikalische Charakterisierung der erschaffenen Tiere immer wieder zum freudigen Lächeln anregt.

Neben dem Concerto Tübingen, dem Süddeutschen Bläserensemble und dem unermüdlich spielenden Andreas Weil an der Orgel waren es fast eine Hundertschaft Mitglieder des Universitätschors Ulm, die am Sonntagabend unter der Leitung von Universitätsmusikdirektor Albrecht Haupt in der Pauluskirche musizierten. Manche Passagen erklangen dabei in etwas behäbiger Breite, doch ließen die frisch aufspielenden Flöten das bei Nachtigallen-Imitation und paradiesischer Dreiteilung immer wieder vergessen. Die Chorsätze ertönten mächtig und mit imponierender Klangfülle. Zudem zeigte der erfreulich agierende Chor in den Fugen eine treffliche Beweglichkeit.

Neben Chor und Orchester sangen Katarzyna Jagiello und Alexander Efanov die Partien von Erzengel Gabriel sowie Eva und Erzengel Uriel. Beide opferten Textdeutlichkeit immer wieder tönendem Wohlklang, sodass der schöne Eindruck abgeschwächt wurde. [...]. Doch blieb der Gesamteindruck des Konzerts positiv, was der Jubel mit Standing Ovations nach fast 100 Minuten deutlich machte.

Veröffentlicht in der SüdwestPresse, Ausgabe Ulm, am 14.07.2015

- mit Zustimmung der Redaktion, des Verfassers und des Fotografen vom 11.09.2015 –

Foto: Volkmar Könneke