Gespräch mit dem ehemaligen Geschäftsführer der Werft Esslinger & Abt, Dr. Kurt Huth am 09. März 1999

Die Firma Esslinger & Abt (e+a) wurde 1845 vom Ulmer Eisenhändler Abt und dem Laupheimer Hobelfabrikanten Esslinger gegründet. Das Unternehmen beschäftigte sich seit der Gründung im weitesten Sinne mit der Holzverarbeitung. Esslinger & Abt produzierte in der Vergangenheit Schuleinrichtungen, Betriebseinrichtungen, Werkzeuge und Einrichtungen aus Stahlblech.

Auf der Suche nach neuen Betätigungsfeldern, kam dem Geschäftsführer Dr. Kurt Huth als passioniertem Segler die Idee einer eigenen Schiffswerft.

Die besten Voraussetzungen im Bereich der Holz-und Metallverarbeitung waren bereits durch den bestehenden Betrieb Esslinger & Abt gegeben. Was fehlte war die Fachkenntnis in der Kunststoffverarbeitung und der Betriebszweig der Fabrikation der Bootsrümpfe. Besonders qualifizierte Betriebsangehörige lernten ihr Handwerk durch Ausbildung in Zaandam, aber auch durch die eigene Begeisterung, das Engagement und die Praxis. Damit konnte die klaffende Lücke geschlossen werden. In der Folgezeit waren ca. 12 Prozent der Betriebsangehörigen im Werftbau tätig.

Zu Beginn des Yachtbaus wurde die Kielyacht "CLIPPER" im Jahr 1966 aufgelegt. Mit dieser Serienyacht, die bis 1968 den Namen CLIPPER trug, ist Esslinger & Abt im Yachtbau für eine hervorragende Verarbeitung und Qualität bekannt geworden. Eine Kuriostität am Rande sei noch erwähnt. Die Zeitschrift Yacht gab in der Ausgabe 23/68 folgendes bekannt:    

"Luftkrieg

Die Firma Esslinger & Abt liegt seit einem halben Jahr in Rechtsstreit mit der amerikanischen Fluggesellschaft PAN AM: Die PAN AM macht Schutzrechte an dem Namen Clipper geltend, den sie sich als "Warenzeichen für Fahrzeuge" hat schützen lassen und der von Esslinger & Abt in der gleichen Schreibweise für ihren bekannten Kajütkreuzer verwendet wird. Ein Einsatz des Esslinger & Abt- Clippers als Düsen - clipper sei, so erfahren wir, in absehbarer Zeit jedoch nicht geplant."

(Anm: Der Namenszug Clipper wurde umgewandelt in Klipper)

Diese Qualitätsnorm wurde in Folge nun auch für den Bau des SPRINTERs übernommen. Sie wurde nach dem Riß von E.G. van de Stadt gebaut und war eines der schnellsten Tourenschiffe seiner Zeit. Die Zeitschrift Yacht berichtete in der Ausgabe 19/68 folgendes: 

" Erstmals auf einer deutschen Bootsausstellung steht der Sprinter von van de Stadt, ausgebaut von Esslinger & Abt, Laupheim. Die Firma hat sich mit dem Clipper und dem Ausbau des Pioniers einen guten Ruf erworben. Besonderheit des Sprinter - Ausbaus: eine Rund- Dinette."

Unter dem Motto: Neue Formel - Neue Wege suchte Huth zu Beginn der siebziger Jahre nach einem Schiff, das nicht nur auf Regattabahnen die Segelwelt bestimmte. Im niederländischen Konstrukteur E. G. van de Stadt fand er den geeigneten Partner der sich bereits einen Namen im Bootsbau gemacht hatte. Nach Sichtung der Pläne und abschließender Beurteilung, wurde die Idee, Schiffe mit hohem Qualitäts-und Stabilitätsstandard für den Freizeitskipper zu  bauen, in die Tat umgesetzt.

Das Erfolgsrezept klang einfach: Schnelle, auf Regatten bewährte Linien in Verbindung mit einer wohnlichen Inneneinrichtung.

Die Alpha 32 war geboren. Das griechische Zeichen Alpha im Segel  symbolisierte den Beginn einer konstruktiven Schiffbaupolitik. Moderne Formen, gepaart mit altbewährter traditioneller Bauqualität, breite Bäuche, schmale Hecks und große Genuas, das schien das richtige Konzept zu sein.
Die Alpha wurde für den Einsatz auf dem Bodensee, wie auch für den  Gebrauch auf der offenen See konstruiert.  Dazu wurden zwei Riggmöglichkeiten angeboten. das Normalrigg und das Bodenseerigg.
Eine Modifizierung der Alpha 32 erfolgte dann im Jahr 1975.

Von besonderer Bedeutung war die Herstellung von Deck und Rumpf im Handauflegeverfahren, in Massiv - Bauweise. Die Steifigkeit des Decks wird nicht wie bei anderen Konstruktionen, durch eine Balsaholz oder Schaumstoffzwischenlage im Laminat bewirkt, sondern durch anlaminierte Stringer. (Anm.: Sie ziehen sich in Längsrichtung durch das gesamte Schiff. Je zwei an jeder Seite). Da zwischen dem Deck und der Innenschale ein Zwischenraum vorhanden ist, ergibt sich auch noch ein Isoliereffekt durch die Luft. Der Ballast aus Gusseisen wird mit rostfreien Schrauben untergebolzt, deren Enden im Schiffsinneren überlamiert werden, so daß Leckagen nicht auftreten können. Die Schotten werden am Rumpf anlaminiert, tragen somit zur Aussteifung der Schale bei.

Die Alpha 32 gehört zu den Schiffe, die sich sicherlich vom damaligen Bootsmarkt wie auch vom heutigen Marktangebot bei den "Gebrauchten" wohltuend abhebt. Dies nicht allein wegen der Bauausführung, sondern auch wegen der Fahreigenschaften, der Ausrüstung und der Wohnlichkeit.

Weitere Modelle der Werft waren:

  • e+a 1030 Segelyacht als Ketsch oder Sloop getakelt
  • e+a 40  Segelyacht  als Sloop getakelt

Ölkrise, Börsenboom und Crash, Yuppietum und der Beginn der Arbeitslosigkeit: Nach den muffigen 60igern und den blumigen 70igern ging es mit Volldampf in die Achterbahnen der 80iger Jahre. Als Folge der Ölkrise knickte die Wirtschaft Europas und auch die Deutschlands ein. Damit brach auch der Markt für industriell hergestellte GFK - Serienyachten weitgehend zusammen. So auch für E & A. Die Zeiten des Booms waren vorbei. Viele Betriebe mußten ihre Werfttore entweder ganz schließen oder radikal verkleinern. Im Jahr 1985 nach entsprechenden Umsatzeinbrüchen  mußte sich auch der Fertigungszweig Esslinger & Abt  - Yachtbau den Gesetzen des Marktes beugen. Am 25.02.1985 wurde der Konkursantrag gestellt.

Es wurde ruhig um Esslinger & Abt. Im Herbst des gleichen Jahres übernahm die Firma Liesen - Yachthandelsgesellschaft aus Lingen sämtliche Bau- und Namensrechte der Werft sowie alle Konstruktions- und Planungsunterlagen. Ferner die technischen Aggregate, die für eine reibungslose Fortführung der Produktion notwendig waren.

Danach, der Zeitpunkt ist mir leider nicht bekannt, muß die Form an eine ungarische Werft veräußert worden sein. Diese hat den Bau dann fortgesetzt.

Text: Rolf Kramm, ehem. Website www.alpha-32.de

Dr. Kurt Huth, Geschäftsführer E+A; Foto R. Kramm