Mit Rückenwind und vielen Plänen in die zweite Amtszeit

Uni-Präsident Prof. Michael Weber wiedergewählt

Der neue Präsident der Universität Ulm ist der altbekannte: Mit einem großen Erfahrungsschatz und noch mehr Ideen ist Professor Michael Weber Anfang Oktober in seine zweite Amtszeit gestartet. In den kommenden sechs Jahren will Weber die Stärken der Ulmer Uni in Forschung und Lehre ausbauen – auch mit Blick auf die Exzellenzstrategie – und die Digitalisierung vorantreiben. Im Interview gibt der wiedergewählte Präsident Einblicke in diese Pläne sowie in sein Tagesgeschäft zwischen Zoom-Konferenzen, Repräsentationspflichten und Postmappen.

Sie sind 2015 aus der Forschung ins Präsidentenamt gewechselt. Was ist für Sie der größte Unterschied und was hat Sie am meisten überrascht?
Prof. Weber: »Besonders überrascht hat mich die Vielfalt der Funktionen. Mit vielen Repräsentationsaufgaben hatte ich gerechnet, aber als Forscher ahnt man nicht, wie breit das Spektrum eines Universitätspräsidenten wirklich ist. Sehr viele Funktionen ergeben sich aus dem Amt – wie meine Arbeit im Verwaltungsrat des Studierendenwerks, als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender des Universitätsklinikums Ulm oder in Verbünden wie der Universitätsallianz UA11+. Der Zeitaufwand summiert sich.«

Wie sieht denn Ihr Tagesablauf als Uni-Präsident aus?
»Kein Tag ist wie der andere. Aber wenn Sitzungen von Senat, Universitätsrat oder Präsidium anstehen, gibt es natürlich schon standardisierte Abläufe. Oftmals machen  Verwaltungsaufgaben einen großen Teil des Tagesgeschäfts aus: Alleine in der Post- und Erlassmappe liegen regelmäßig 20 bis 30 Vorgänge. Darunter sind zum Beispiel Interaktionen mit dem Wissenschaftsministerium oder universitätsinterne Angelegenheiten, bei denen ich Entscheidungskompetenzen habe – von der Umsetzung der Corona Verordnung über Änderungen im Zulassungsverfahren eines Studiengangs bis zu Berufungsangelegenheiten. Man braucht definitiv ein ordentliches Zeitmanagement, um trotzdem noch zur Organisationsplanung und strategischen Aufgaben zu kommen.

Normalerweise bin ich ein bis zwei Tage in der Woche außerhalb der Uni unterwegs – beispielsweise bei Sitzungen der Landes- oder Hochschulrektorenkonferenz und manchmal auch an der German University in Cairo, die von der Universität Ulm in Ägypten mitaufgebaut wurde. Dazu kommen natürlich Eröffnungen, Jubiläen und weitere  Repräsentationspflichten. Momentan finden viele Veranstaltungen online statt, was sich aufgrund von 3G langsam wieder ändert.«

 

Gruppenbild des neuen Präsidiums der Universität Ulm
Das neue Präsidium der Universität Ulm im Wintersemester: Wiedergewählt wurden der Vizepräsident für Forschung, Prof. Joachim Ankerhold; Prof. Olga Pollatos, Vizepräsidentin für Lehre, und der Vizepräsident für Karriere, Prof. Dieter Rautenbach (3.–5. v.l.) Neu im Universitätsvorstand ist hingegen der Vizepräsident für Kooperationen, Prof. Michael Kühl (ganz links). Bereits im April war Kanzler Dieter Kaufmann (2.v.l.) im Amt bestätigt worden. Ganz rechts im Bild: Uni-Präsident Prof. Michael Weber

Was waren Höhen und Tiefen Ihrer ersten Amtszeit?
»Ein Höhepunkt war sicherlich die Einwerbung des deutschlandweit einzigen Exzellenzclusters in der Batterieforschung mit unseren Partnern. Strategische Überlegungen zur Exzellenzuniversität, die wir 2017/18 angestellt haben, fließen noch heute in die Struktur- und Entwicklungsplanung der Uni ein. In der ersten Amtszeit hat sich die Universität Ulm insgesamt sehr dynamisch entwickelt: Drittmitteleinnahmen konnten um 35 Prozent auf 123 Millionen Euro gesteigert werden. Außerdem profitieren wir enorm von außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die sich in letzter Zeit in der Wissenschaftsstadt niedergelassen haben. Zu nennen sind unter anderem das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen, das neue DLR-Institut für Quantentechnologien oder etwa die Ulmer Standorte des Deutschen Zentrums für Kinder- und Jugendgesundheit und des Deutschen Zentrums für psychische Gesundheit.

Auf der anderen Seite war die Organisation rund um die Corona-Pandemie sehr herausfordernd. Von einem Tag auf den anderen musste die Lehre digitalisiert und Beschäftigte ins Homeoffice geschickt werden. Allerdings haben wir in dieser Zeit auch gezeigt, dass die Universität Ulm nicht nur stark in Forschung und Lehre ist, sondern auch im Krisenmanagement.«

Unter den gegebenen Umständen soll die Universität Ulm das hohe Niveau in Forschung und Lehre halten und ausbauen, das uns in Rankings bescheinigt wird

Warum haben Sie sich entschieden, erneut zu kandidieren?
»Ich wurde aus unterschiedlichen Bereichen bestärkt, mich erneut zur Wahl zu stellen. Während meiner ersten Amtszeit habe ich gemerkt: Man braucht zwei Jahre, um im Amt anzukommen. Nach weiteren zwei Jahren sind erste Steuerungen möglich. Wenn mittel- bis langfristige Strategien umgesetzt werden sollen, ist die sechsjährige Amtszeit eigentlich zu kurz. Nach >Verhandlungen< mit meiner Familie habe ich entschieden, mich erneut zur Wahl zu stellen – um das Angefangene fortzuführen.«

Prof. Michael Weber (Jahrgang 1959) stammt aus Ramstein im Landkreis Kaiserslautern. Er studierte Informatik an der TU Kaiserslautern, wo er auch promovierte. Nach Stationen in der Industrie und am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken nahm er im Alter von 34 Jahren den Ruf auf die Professur für Verteilte Systeme an der Uni Ulm an, ab 2000 leitete er das Institut für Medieninformatik. In mehr als 20 Jahren Forschung reichten seine Schwerpunkte von allgegenwärtigen Computersystemen über die Mensch-Computer-Interaktion bis hin zu adaptiven multimodalen Systemen. 2015 wurde Michael Weber erstmals zum Universitätspräsidenten gewählt, im Frühjahr 2021 ist er von Senat und Universitätsrat im Amt bestätigt worden. Der wiedergewählte Präsident hat zwei erwachsene Kinder und lebt mit seiner Frau im Ulmer Umland.

Portrait von Prof. Michael Weber
Prof. Michael Weber

Was sind Ihre Pläne für die zweite Amtszeit?
»Mein oberstes Ziel ist klar: Unter den gegebenen Umständen soll die Universität Ulm das hohe Niveau in Forschung und Lehre halten und ausbauen, das uns in Rankings bescheinigt wird. In diesem Sinne werden wir im Präsidium Rahmenbedingungen schaffen, unter denen sich die Universität in der nationalen wie internationalen Hochschullandschaft noch stärker etablieren kann. Aber auch in der Ulmer Wissenschaftsstadt soll die Uni weiterhin die tragende Rolle übernehmen: Dabei reichen Schwerpunkte von der Energieforschung – hier streben wir eine zweite Förderphase des Exzellenzclusters POLiS an – über die Quantentechnologie und die starken Life Science Themen bis hin zum relativ neuen Bereich Data Science. Außerdem werden Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung auf gesamtgesellschaftlicher wie universitärer Ebene zu herausragenden Themen, die auch in unsere Curricula einfließen werden. Eine kontinuierliche Weiterentwicklung unseres Studienangebots ist ohnehin selbstverständlich.

Auch Universitätsintern ist die Digitalisierung eine große Aufgabe der zweiten Amtszeit. Insbesondere bei vielen Verwaltungsvorgängen gibt es Nachholbedarf – von der elektronischen Rechnungsverarbeitung bis zum so genannten Student Life Cycle Management.«

Was machen Sie, um sich von dem Präsidentenamt zu entspannen?
»Ich achte darauf, ausreichend Schlaf zu bekommen und beschäftige mich in meiner Freizeit mit Dingen, die nichts mit der Universität zu tun haben: auf der Terrasse sitzen, Gartenarbeit erledigen, Rad fahren, joggen oder ins Theater gehen. Zu sagen, ich hätte Hobbys, ist übertrieben. Dafür fehlt mir die Zeit. Aber generell interessiere ich mich für Politik, Rockmusik aus meiner Jugend und Fußball. Seit meiner Schulzeit bin ich Fan des 1. FC Kaiserslautern, aber zu Heimspielen fahre ich nur noch selten. Mittlerweile muss ich zugeben: Die Uni Ulm spielt in einer ganz anderen Liga als der 1. FCK.« 

Ein Blick in den Terminkalender von Präsident Weber

8:30 Uhr:
Zoom-Sitzung Corona-Krisenstab oder z.B. des Sounding Boards zur Struktur- und Entwicklungsplanung
Bearbeiten der Postmappe und von E-Mails, Vorbereitung von Terminen

Ab 11:00 Uhr:
Gespräche mit Universitätsangehörigen (mit Forschenden, Dekanen, Einrichtungsleitungen, Personalrat) sowie Amtsträgern wie dem Ulmer Oberbürgermeister oder dem Leitenden Ärztlichen Direktor des Universitätsklinikums
Abstimmung mit weiteren Hochschulen/
Forschungseinrichtungen

Irgendwann zwischen 12:30 und 13:30 Uhr:
Evtl. Kurze Mittagspause

Ab 14:00 Uhr:
Jeden zweiten Dienstag Präsidiumssitzung
Freitags: Sitzung der Landesrektorenkonferenz und Dienstbesprechung mit Wissenschaftsministerin Theresia Bauer, ggf. Gespräche im Ministerium

Weitere mögliche Sitzungen:
Senat, Universitätsrat, Aufsichtsratssitzung Universitätsklinikum, Verwaltungsratssitzung Studierendenwerk, Mitgliederversammlung der  Hochschulrektorenkonferenz usw.

Ab 16:00 Uhr:
Empfang von Delegationen aus Politik, Wirtschaft bzw. aus dem Ausland an der Universität Ulm

Aushändigung von Urkunden (Ernennung, Bestellung, Ruhestand, Jubiläum)

Ab 18:00 Uhr:
Oftmals Festveranstaltungen mit eigenem Grußwort (Eröffnungen, Jubiläen, Richtfeste, Tagungen etc.)

Während der Corona-Krise:
Vorbereiten von Videobotschaften für Online-Veranstaltungen


(fiktive Zusammenstellung)

Text: Annika Bingmann

Fotos: Elvira Eberhardt