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Grippewelle 2011/12:
Pandemie unwahrscheinlich, zur Impfung wird geraten

Ulm University

Fieber, Husten, Kopf- und Gliederschmerzen. Mit Herbstbeginn klagen immer mehr Patienten in deutschen Arztpraxen über diese Symptome. Oft erhalten die Kranken die Diagnose Erkältung oder grippaler Infekt, denn die Grippewelle ist in der Saison 2011/2012 noch nicht angerollt. „Eine Influenza beginnt schlagartig mit Gliederschmerzen, geht mit einem starken Krankheitsgefühl einher und betrifft später neben den Atemwegen teilweise auch den Magen-Darm-Trakt“, erklärt Professor Thomas Mertens, Ärztlicher Direktor des Ulmer Instituts für Virologie. Erfahrungsgemäß rechne er im Januar oder Februar 2012 mit der nächsten Grippewelle. Allerdings sollten sich vor allem Risikogruppen wie Schwangere, Personen mit chronischen Leiden oder Immunschwäche, Senioren, aber auch medizinisches Personal schon jetzt beim Haus- oder Betriebsarzt impfen lassen. In diesen Fällen übernehmen viele Krankenkassen die Kosten.

Jedes Jahr spricht die Weltgesundheitsorganisation WHO Empfehlungen für die Zusammensetzung des aktuellen Grippe-Impfstoffes  aus. Und zwar anhand von Daten, die in Influenza-Zentren auf der ganzen Welt gesammelt werden. „In der laufenden Saison schützt der Impfstoff gegen drei Grippeviren, darunter H1N1, aus den Medien als Schweinegrippe bekannt“, sagt Professor Mertens. Allerdings habe sich H1N1 zu einer normalen saisonalen Grippe entwickelt. Der Grund: In der Bevölkerung besteht eine Basisimmunität, da H1N1 bereits kursiert ist. Neue Grippeviren entstehen übrigens oft durch die Kombination bekannter Erreger. Bevor ein solches Virus auf den Menschen übertritt, sind häufig Schweine die ersten Wirte.

Obwohl laut Professor Mertens in dieser Saison noch kein Erreger bekannt ist, der eine gefährliche Grippewelle auslösen kann, sollten gängige Hygieneregeln unbedingt eingehalten werden. Schließlich können schon einfaches Händewaschen und regelmäßiges Lüften vor einer Infektion schützen. Hat man sich allen Vorsichtsmaßnahmen zum Trotz angesteckt, rät der Mediziner zu Geduld und symptomlindernden Mitteln: „Lediglich Personen mit Vorerkrankungen der Atemwege oder etwa des Herz-Kreislauf-Systems sollten mit antiviralen Medikamenten behandelt werden, die die Ausbreitung der Grippeerreger im Körper hemmen. Und das dann möglichst rasch nach der Infektion“, so Mertens. Eines dieser Mittel, Tamiflu, ist im Zusammenhang mit der Vogel- und Schweinegrippe in die Schlagzeilen geraten.

Seit einiger Zeit sammelt und analysiert der Internet-Riese Google Suchanfragen rund um das Thema Influenza und erstellt daraus länderspezifische Statistiken für den Dienst „Grippe-Trends“. Nach einem Artikel in der renommierten Fachzeitschrift Nature sagt der Dienst Grippewellen recht zuverlässig voraus. Thomas Mertens greift allerdings doch lieber auf  den wöchentlichen Influenza-Bericht des Robert-Koch-Instituts (RKI) und den Bericht des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (European Centre for Disease Prevention and Control, ECDC) zurück. „Deutschlandweit haben sich Arztpraxen verpflichtet, die Anzahl der respiratorischen Infektionen an das RKI zu melden. Darüber hinaus wird die Zahl der nachgewiesenen Influenzaviren registriert“, erklärt Mertens. So könne in der Regel früh genug auf eine anrollende Grippewelle reagiert werden.

Betriebsärztlicher Dienst Uni Ulm/Uniklinikum, Tel.: 0731 / 500-66190

Von Annika Bingmann