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Mit Laptop, Familie und hohen Erwartungen:
Prof. Karsten Urban forscht sechs Monate am MIT

Ulm University

Höchst ehrenvolle Einladung für Professor Karsten Urban, Direktor des Instituts für Numerische Mathematik der Universität Ulm: Der 44-jährige Wissenschaftler reist Ende des Monats nach Boston zu einem halbjährigen Forschungsaufenthalt am Massachusetts Institute of Technology (MIT).
Das 1861 gegründete Institut mit rund 1000 Professoren und einem Jahresbudget (2010) von 2,4 Milliarden Dollar gilt als berühmteste technische Hochschule der Welt. Urban ist denn auch überzeugt: „Ich werde von der Arbeit am MIT sicher wissenschaftlich enorm profitieren.“

Vielfältige neue Erkenntnisse verspricht sich der umtriebige Forscher, unter anderem Initiator und Sprecher des Ulmer Zentrums für Wissenschaftliches Rechnen (UZWR) und Mit-Initiator des im Herbst startenden neuen Studiengangs Computational Science and Engineering (CSE), nicht nur vom hohen Niveau der renommierten Technologieschmiede. Sein Partner vor Ort ist Professor Anthony Patera, ein ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der Modellreduktion und besonders der Reduzierten Basismethoden (RBM), dessen Lehrstuhl dem Department für Maschinenbau zugeordnet ist. „Einen besonderen Reiz hat zweifellos die enorme Praxisnähe meiner Gastgeber. Auch davon erwarte ich wertvolle Impulse“, sagt Professor Urban.

Völliges Neuland wird er dort nicht betreten. Schließlich kennt er das MIT schon von zwei Kurzbesuchen in den Vorjahren und seinen persönlichen Gastgeber bereits seit einer Tagung um die Jahrtausendwende. Zudem weilte Patera, mit der Gastprofessur der Hans Kupczyk-Stiftung ausgezeichnet, im vergangenen Winter für einige Wochen an der Uni Ulm. Zwei Schwerpunkt-Projekte wollen die beiden Forscher jetzt am MIT gemeinsam bearbeiten, eines auf dem Gebiet der RBM, also hoch komplexe Probleme mit möglichst kleinem Aufwand zu lösen, in diesem Fall bestimmten numerischen Simulationen. Ein weiteres betrifft Strömungsprobleme mit Rotoren. Zumindest punktuell beteiligt sein wird dabei Karsten Urban zufolge („ein zusätzliches Plus“)  auch ein ausgewiesener Experte von der Universität Trondheim (Norwegen), der zeitgleich am MIT forschen wird.

Dass kürzlich eine von Urban betreute Ulmer Doktorandin dort für längere Zeit arbeiten konnte, unterstreicht, dass die Kooperation nicht auf die Chefs beider Institute beschränkt ist. Wie sein Kollege Patera in Ulm wird auch MIT-Gast Urban vor Ort mit verschiedenen Forschungsgruppen kontaktiert werden, Nachwuchswissenschaftlern inklusive. „Einige Proseminare oder Kolloquien werde ich sicher übernehmen“, so der seit 2002 in Ulm tätige Mathematiker, der zwischenzeitlich schon mehrere Rufe an namhafte Universitäten abgelehnt und seiner Familie damit den einen oder anderen Umzug erspart hat.

Nach Boston allerdings wird die Familie vorübergehend komplett umsiedeln, Ehefrau, zwei Söhne und eine Tochter werden den Wissenschaftler in die USA begleiten. „Auch für die Kinder sicher eine interessante Erfahrung“, meint Karsten Urban, räumt indes ein: „Die Jungs waren zunächst ziemlich stinkig, der langen Trennung von ihren Freunden wegen.“ Nicht ganz einfach zu lösen sei auch die Wohnungsfrage gewesen, vom Mietniveau einmal abgesehen. Glückliche Fügung: „Wir beziehen das Domizil eines Kollegen, der im gleichen Zeitraum an der ETH Zürich weilt.“ Einziger Nachteil, für MIT-Beschäftigte freilich nicht ungewöhnlich: Rund 40 U-Bahn-Minuten zur Arbeitsstätte, pro Weg versteht sich. Ab und an jedoch wird dieser den Wahl-Ulmer auch in Richtung Heimat führen. Im September etwa ist er bei der Europa-Konferenz für Numerische Mathematik im englischen Leicester für den Hauptvortrag vorgesehen.

Von Willi Baur