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Professor Christian Buske: Verstehen, wie eine Krebszelle tickt
Neues Institut soll Brücke in der Krebsforschung bauen

Ulm University

Die Universität Ulm rüstet bei der Krebsforschung weiter auf. Finanziell, strukturell und personell. Jüngstes Signal: Das neu eingerichtete Institut für experimentelle Tumorforschung. Dessen Direktor Professor Christian Buske, 44, zuletzt Oberarzt am Klinikum Großhadern der Universität München, hat kürzlich seine Arbeit hier aufgenommen. „Ulm ist in der Krebsforschung schon jetzt extrem gut“, sagt der Wissenschaftler, „aber wir wollen noch besser werden“. Das Ziel ist so klar wie ehrgeizig: „Wir wollen hier internationale Spitzenforschung weiter vorantreiben.“ Sein Institut soll dazu wesentlich beitragen.

„Wir wollen die Krebsforschung interdisziplinär gestalten“, macht Buske deutlich, sieht sich und sein künftiges Team zugleich als „Bindeglied zwischen vorklinischer, klinischer und Grundlagenforschung“. Wichtig für ihn vor allem: „Wir werden nicht im Elfenbeinturm forschen, sondern uns translational ausrichten.“ Das heißt, Laborergebnisse sollen mit klinischen Erkenntnissen verknüpft werden, Beobachtungen in der Klinik sogar direkt in die Forschungsarbeit einfließen.. „Das Umfeld dazu ist hier exzellent“, hat Professor Buske bereits festgestellt, selbst gewissermaßen translational vorbelastet. Als Internist und Hämatoonkologe („ich habe einen starken klinischen Hintergrund“) mit einer eigenen Forschungsgruppe im Münchner Klinikum wie als Mitglied des dortigen Helmholtz Zentrums. Wissenschaftlich geprägt habe ihn indes schon zuvor ein dreijähriger Forschungsaufenthalt als Postdoc im kanadischen Vancouver, „für mich eine sehr schöne Erfahrung, die Erkenntnisse davon nach Deutschland zu transferieren und erfolgreich umzusetzen, auch in Kombination  mit meiner klinischen Tätigkeit“. Letzteres sei allerdings nur möglich mit Unterstützung im Umfeld, von der er auch in Ulm ausgeht.

Ebenso wie von vielfältigen gemeinsamen Schnittmengen und Interessen, potenziellen Kooperationen, gegenseitigen Ergänzungen mit internen Partner-Einrichtungen, einige davon sogar in unmittelbarer Nachbarschaft im neuen Forschungsgebäude der Universität.

Wobei der Mediziner, der in Münster studiert hat, seinem Institut durchaus eine Brückenfunktion beimisst zwischen den einzelnen Kliniken, Forschungsgruppen und –verbünden, Sonderforschungsbereichen und Forschungsschwerpunkten, die sich in verschiedener Weise und mit unterschiedlichen Ausrichtungen um wissenschaftliche Schwerpunkte der Universität wie Stammzellbiologie, Tumorentstehung oder Altern kümmern. Wie natürlich Buskes Institut künftig selbst, das sich inhaltlich insbesondere mit der Tumorentstehung beschäftigt und dabei unter anderem Tumoren als Stammzellerkrankung und Alterserkrankungen versteht. Schließlich gilt der Institutschef schon seit Jahren als anerkannter Experte für die Entstehung der akuten myeloischen Leukämie (AML), untersucht die molekularen Mechanismen in diesem Zusammenhang, aber auch die Regulationsmechanismen der normalen hämatopoetischen Stammzellentwicklung, die bei der AML häufig gestört ist. Daraus hat sich, wie der Forscher mit seiner Münchner Gruppe erkannt hat, die Charakterisierung einer leukämischen Stammzelle für einen Subtyp der AML ergeben, die möglicherweise neue therapeutische Ansätze für diese bei Erwachsenen schwierig zu behandelnde Erkrankung beinhalten kann.

„Wir wollen Ansätze entwickeln, um krankhafte Funktionen von Zellen zu neutralisieren“, beschreibt Professor Buske ein Ziel seiner Arbeit. Dabei konzentriere er sich auf die AML als so genannte Modellerkrankung, auch um genetische Veränderungen zu analysieren, die zu Leukämie führen. Am Beispiel der leukämischen Stammzelle als Tumorstammzelle wollen die Forscher Buske zufolge sowohl mit zellbiologischen als auch molekularen Ansätzen verstehen, „wie Krebs entsteht, wie eine Tumorstammzelle tickt“. Ferner charakterisieren, wie sie aussehe und wie sie sich von normalen Blutstammzellen unterscheide. Sei diese Frage gelöst, folge der nächste Schritt: „Eine Therapie entwickeln, die Tumorstammzellen zerstört, intakte Blutstammzellen aber nicht abtötet.“ Denn: „Man muss die Tumorstammzellen entfernen, sonst kommt der Krebs wieder.“ Bis dahin seien freilich noch viele Mausmodelle und auch Untersuchungen an Leukämiezellen von Patienten nötig, ist sich der Wissenschaftler bewusst.

„Wir arbeiten auch an menschlichen Zellen“, erklärt er ergänzend, erwähnt dabei die „hervorragende Biobank unserer Klinik mit eingefrorenen Patientenproben“, anonymisiert versteht sich und sicherlich führend in Deutschland. Ein weiterer Schwerpunkt seines Instituts sei der Lymphdrüsenkrebs (Lymphom).  Wenngleich inzwischen teilweise heilbar, so Christian Buske, bestehe auch hier noch immenser Handlungsbedarf.  

Dass er beim Aufbau seines Instituts fast ausschließlich auf Biologen setzt, soll den translationalen Anspruch nicht mindern. „Wir arbeiten eng mit den Kliniken zusammen“, betont der Direktor. Patienten-orientierte Forschung also wörtlich genommen. Nicht minder wichtig ist für den mittlerweile in Ulm auch heimischen Institutsdirektor die Einbindung in das so genannte Comprehensive Cancer Center Ulm (CCCU), das interdisziplinäre interne Kompetenzzentrum in Sachen Krebsbekämpfung: „Wir sind ein Institut des CCCU“, dessen Vorstand Professor Buske angehört. „Und wir werden schon bald ein großes Institut sein“, lässt er durchblicken. Mit rund einem Dutzend Beschäftigten bis zum Jahresende und bis zu  50 als Fernziel. Sehr gut ausgestattet dazu. Eine  Hochdurchsatz-Gensequenziermaschine, die es ermöglicht, mit zuvor unerreichter Geschwindigkeit Erbmaterial zu charakterisieren, ist beantragt. „Das gibt es bisher in Ulm nicht“, sagt Professor Buske. Verständlich insofern, dass einige Kollegen bereits Interesse an einer Mitnutzung signalisiert hätten. Unabhängig davon fraglos ein hoher Aufwand, um in der Krebsforschung voran zu kommen. Nötig sei gleichwohl Geduld, meint der Mediziner. Krebsforschung werde erst seit einem relativ kurzen Zeitraum betrieben, mit vielen ermutigenden Ergebnissen. „Der Krebs dagegen hatte Jahrmillionen, um sich zu entwickeln.“