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Von Schuldverschiebern und verantwortungsvollen Managern
8. Ulmer Denkanstöße mit Weltethos und einem Tatort-Pathologen

Ulm University

„Verantwortung für alles oder für nichts?“ Für unsere Familie, die Gesellschaft und natürlich auch für die Umwelt. Aber lohnt es sich überhaupt in dieser unübersichtlichen Welt Verantwortung zu übernehmen, also etwa nachhaltig zu leben, wenn es andere nicht tun?

Wieder einmal schlagen die Ulmer Denkanstöße vom 11. bis zum 14. März eine Brücke von der Universität in die Stadt – mit einem Thema, das den Einzelnen in seiner Lebenswelt abholt. Denn die Kontroverse ist allgegenwärtig: „Auf der einen Seite haben wir heute viele Möglichkeiten, um uns zu verwirklichen und Verantwortung zu übernehmen. Auf der anderen Seite fühlt sich das Individuum in einer globalisierten Welt internationalen Konzernen, Geldmärkten oder etwa Medien ausgeliefert und fragt: Wo kann ich überhaupt noch Akzente setzen?“, fasst der Sprecher des Humboldt-Studienzentrums (HSZ), Professor Joachim Ankerhold, zusammen. Der Mensch entwickele sich daher zum Verantwortungsakrobaten und Schuldverschieber – eben verantwortlich für alles und nichts, fügt die HSZ-Geschäftsführerin, Professorin Renate Breuninger, hinzu.

Viele Aspekte des verantwortlichen Handelns vom Einzelnen bis zum Kollektiv beleuchten die 8. Ulmer Denkanstöße. Bei der viertägigen Veranstaltung sprechen zehn Referenten, darunter Philosophen, Strafrechtler  und ein Tatort-Pathologe, aus ihren ureigenen Perspektiven. Veranstalter sind wie gewohnt das Humboldt Studienzentrum für Philosophie und Geisteswissenschaften der Universität Ulm, die Stadt Ulm (Kulturabteilung) sowie die Stiftung Kunst und Kultur der Sparda-Bank Baden-Württemberg eG.

Auftakt mit Weltethos

Den offiziellen Auftakt im Stadthaus macht am Donnerstag, 12. März (19:30 Uhr), Eberhard Stilz mit einem staatsphilosophischen Diskurs. Der Präsident der Stiftung Weltethos sowie des Staatsgerichtshofs Baden-Württemberg spricht über Selbst- und Weltverantwortung. Die Stiftung geht auf den Tübinger Theologen Hans Küng und sein Buch „Projekt Weltethos“ zurück. Das Credo: „Nicht jeder Kulturkreis sollte seine eigenen Werte haben, wir brauchen ein Weltethos“.

Am Freitag- und Samstagnachmittag stehen Impulsreferate mit anschließenden Diskussionen auf dem Programm. Das Schwerpunktthema „Verantwortung für sich selbst und für die Gesellschaft“ eröffnet der Philosophieprofessor Kurt-Otto Bayertz (Münster) mit einem Rückblick auf die Karriere des Begriffs „Verantwortung“, der erst seit etwa 150 Jahren die „Schuld“ ablöst. Es folgen Vorträge des Ärztlichen Direktors der Ulmer Frauenklinik, Professor Wolfgang Janni, zur ärztlichen Verantwortung in der Frauengesundheit sowie des Psychotherapeuten Professor Michael Wolf („Der Mensch wird erst dann zur Person, wenn er Verantwortung übernimmt –zum Beispiel für eigene Kinder“).
Am frühen Abend gibt es dann Eindrücke aus dem „Knast“ – bei einer Lesung des Autors und Tatort-Pathologen Joe Bausch. Der „Anstaltsarzt“ der JVA Werl spricht über Therapieformen im Strafvollzug und fragt: „Wie zeigen wir Verantwortung für die, die wir weggesperrt haben?“

Verantwortungsvolles Management

„Unsere Bank und eine Veranstaltung über Verantwortung passen durchaus gut zusammen“, hatte Martin Hettich, Vorstandsvorsitzender der Sparda-Bank Baden-Württemberg, im Vorfeld der Denkanstöße geäußert. Und so widmet sich der Samstag, 14. März (Beginn: 14:30 Uhr), der Verantwortung in Management und Wirtschaft. Dazu referieren Franz Fehrenbach, Aufsichtsratsvorsitzender der Robert Bosch GmbH und „Ökomanager des Jahres 2006“,  sowie der Familienunternehmer Dr. H. Werner Utz (Uzin Utz AG).  Ab dem Wintersemester 2015/16 wird an der Universität Ulm sogar ein Master-Studiengang „Nachhaltige Unternehmensführung“ angeboten.

Bei den Denkanstößen spricht schon einmal der Initiator, Professor Martin Müller, zum Thema „Unternehmen und Verantwortung – geht das zusammen?“ Die Veranstaltung beschließt  der Wiener Philosoph, Essayist und Literaturkritiker Professor Konrad Paul Liessmann, der einem breiteren Publikum durch sein Buch „Theorie der Unbildung“ bekannt ist. Liessmann vertritt die These, dass jeder für sein Tun einstehen muss.

Musikalische Asylbewerber und junge Gewalttäter

Musiker, die es vom Asylbewerberheim auf die Bühnen der Republik schaffen, und jugendliche Gewalttäter bestreiten das Rahmenprogramm der Denkanstöße –

organisiert von der Kulturabteilung der Stadt Ulm. Im Vorfeld der Veranstaltung wird am Mittwoch, 11. März (18:00 Uhr), im Xinedome der Film „Can’t be silent“ gezeigt. Er dokumentiert das Projekt von Heinz Ratz, der unter Asylbewerbern nach talentierten Musikerkollegen gesucht hat – darunter Künstler aus Afghanistan oder von der Elfenbeinküste angesichts der deutschen Asylpolitik.
 Dazu kommt am Freitag, den 13. März, eine Premiere: In ihrem Theaterstück „Selbstlernmodul 6: Jugendgewalt“ kontrastiert Regisseurin Barbara Frazier eine theoretisch gehaltene Power Point Präsentation mit der Lebenswirklichkeit brutaler Jugendlicher. Die Laiendarsteller aus teils schwierigen Verhältnissen nehmen kein Blatt vor den Mund, weshalb  das Stück nicht für Kinder geeignet ist. Hinter allem steht die Frage nach Schuld und Verantwortung: Wie konnte es mit den jungen Männern nur so weit kommen?

Der Eintritt zu den Denkanstößen ist frei. Der Opens external link in new windowVerein Kulturloge Ulm/Neu-Ulm/Alb-Donau, der weniger begüterten Menschen Besuche kultureller Veranstaltungen ermöglicht, bittet um Spenden.

Weitere Informationen: Opens external link in new windowSeite der Ulmer Denkanstöße
Prof. Dr. Dr. h.c. Renate Breuninger: Tel.: 0731 50-23460

Initiates file downloadFlyer zu den Ulmer Denkanstößen

Verantwortlich: Annika Bingmann