Arbeitslos mit 50+

Wie soziale und mobile Technologien helfen können

Für Arbeitslose ab dem 50. Lebensjahr ist die Gefahr der Langzeitarbeitslosigkeit besonders hoch. ForscherInnen am Institut für Business Analytics der Universität Ulm haben daher einen neuen, innovativen Ansatz entwickelt, um diese Zielgruppe mithilfe sozialer Medien bei der Arbeitssuche zu unterstützen: die digitale Peergruppenberatung (DIGIPEG). Arbeitslose über 50 unterstützen sich hierbei gegenseitig– digital, anonym und freiwillig. DIGIPEG wurde in einem zweijährigen anwendungsorientierten Forschungsprojekt flächendeckend in Baden-Württemberg eingeführt. Ergebnisse zeigen, dass digitale Peergruppen die Arbeitssuche signifikant verbessern – gemessen an der Bewerbungsaktivität, den Bewerbungsfähigkeiten und der Wiederaufnahme von Arbeit.

Wer mit 50+ seinen Job verliert, hat es in der Regel schwerer wieder in Arbeit zu kommen als jüngere Arbeitslose. Neben der Arbeitssuche stellt auch die psychologische Belastung eine Herausforderung für Betroffene dar. Mit dem Risiko der Langzeitarbeitslosigkeit steigt das Risiko der Altersarmut. Gerade in Zeiten des demografischen Wandels sind hierzu Lösungen mehr denn je gefragt.

Unterstützung kommt von ForscherInnen der Universität Ulm. Prof. Dr. Mathias Klier, Inhaber der Péter-Horváth-Stiftungsprofessur für Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt betriebswirtschaftliches Informationsmanagement, und sein Team beschäftigen sich mit modernen Informations- und Kommunikationstechnologien und wie diese einen Mehrwert für Wirtschaft und Gesellschaft stiften können. In Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit entwickelte die Forschungsgruppe die digitale Peergruppenberatung für ältere Arbeitslose. Im Rahmen eines vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg geförderten Projekts wurde DIGIPEG über zwei Jahre flächendeckend als freiwilliges Angebot für Arbeitslose 50+ in Baden-Württemberg etabliert.

Ziel von DIGIPEG ist es, ältere Arbeitslose mithilfe von modernen Informations- und Kommunikationstechnologien – ergänzend zu analogen Angeboten – in dieser schwierigen Situation persönlich zu unterstützen, aber auch zu motivieren, zu aktivieren und damit schließlich ihre Chancen auf eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu verbessern. Damit trifft der digitale Ansatz den Nerv der heutigen Zeit und kann gerade auch in Zeiten von Corona-bedingtem ‚Social Distancing‘ dennoch soziale Unterstützung ermöglichen und damit einen hohen Mehrwert schaffen. Konkret können sich ältere Arbeitslose über die 1:1-Beratung mit einer Vermittlungsfachkraft in der Agentur vor Ort hinaus mit Hilfe sozialer Medien jederzeit sowohl mit einer Vermittlungsfachkraft als auch mit ihrer Peergruppe austauschen. Die Peergruppe, das sind Menschen mit gleichen Interessen, Herausforderungen oder Zielen – in diesem Fall andere Arbeitslose der Altersgruppe 50+. TeilnehmerInnen bei DIGIPEG profitieren daher von Erfahrungen aus erster Hand und einem Verständnis, das woanders schwer zu finden ist. Moderiert wird die digitale Peergruppe durch eine Vermittlungsfachkraft der Agentur für Arbeit, die bei schwierigen Fragen mit Expertenwissen weiterhilft.

 

„Mir gefällt, dass wir alle in derselben Situation sind. Wir machen alle dasselbe durch. Wenn jemand mal einen schlechten Tag hat, dann sind wir da“, berichtet ein Teilnehmer. Seine etwa zwanzigköpfige Peergruppe war für den Teilnehmer via eines eigens für das Projekt entwickelten Messengers erreichbar und damit im geschützten virtuellen Raum, anonym und zu jeder Tages- und Nachtzeit zugänglich.

Insgesamt boten bis zum Jahresende 15 Agenturen und 5 Jobcenter aus ganz Baden-Württemberg DIGIPEG als freiwilliges Angebot an. In dieser Zeit chatteten 471 TeilnehmerInnen in 27 Peergruppen für jeweils 3 Monate miteinander.

 

In einem kontrollierten Feldexperiment wurde die Entwicklung dieser TeilnehmerInnen mit der Entwicklung von circa ebenso vielen älteren Arbeitslosen in einer sogenannten Kontrollgruppe verglichen. Das Ergebnis: TeilnehmerInnen der digitalen Peergruppenberatung steigerten signifikant ihre Bewerbungsaktivitäten und verbesserten ihre Bewerbungsfähigkeiten. Während der Corona-Krise kamen insbesondere Frauen nachweislich eher in Arbeit, wenn sie Teil einer digitalen Peergruppe waren. Das digitale Format gewann während der Kontaktbeschränkungen grundsätzlich an Bedeutung: Laut TeilnehmerInnen-Feedback nutzten ältere Arbeitslose DIGIPEG in Zeiten von Corona noch intensiver, um untereinander und mit ihren jeweiligen Agenturen im Austausch zu bleiben.

Im Dezember 2020 wurde im Rahmen des Projekts vorerst die letzte digitale Peergruppe geschlossen. Aber der Projekterfolg rückte das Zukunftsthema Digitalisierung noch stärker in den Fokus der Bundesagentur für Arbeit. Daher könnte die digitale Peergruppenberatung bald auch in ganz Deutschland verfügbar sein.

Pressemitteilung

Weitere Themen aus der Fakultät für Mathematik und Wirtschaftswissenschaften

Wie wirksam helfen grüne Anleihen der Umwelt?

Viele Anlegerinnen und Anleger möchten heutzutage ihr Geld so anlegen, dass es dem Umwelt- oder Klimaschutz dient. Dafür bieten sich unter anderem grüne Anleihen an. Diese Anleihen werden von Regierungen oder Unternehmen mit der Verpflichtung ausgegeben, das Geld in Projekte zu investieren, die der Umwelt zugutekommen. Der Großteil der Erlöse aus grünen Anleihen wird für Projekte verwendet, die den CO2-Ausstoß verringern. Prof. Dr. Gunter Löffler und Mona ElBannan untersuchen, ob Unternehmen, die mehr Geld durch grüne Anleihen aufnehmen, in den darauffolgenden Jahren besonders hohe CO2-Reduktionen aufweisen. mehr lesen

ULESS (Ulm Laboratory for Economics and Social Sciences) – Computerlabor für ökonomische Entscheidungsexperimente

Im Ulmer Computerlabor ULESS (https://www.uni-ulm.de/mawi/uless/ ) werden Fragen aus dem Bereich der experimentellen Wirtschaftsforschung nachgegangen. Mit der Methode der Experimente kann menschliches Entscheidungsverhalten in wirtschaftlichem Zusammenhang erforscht werden. Mehr lesen über die Abhängigkeit der Selbsteinschätzung von Individuen, ob die Korrektheit der Einschätzung von anderen beobachtet werden kann. Können dabei wesentliche Geschlechterunterschiede Einfluß nehmen?  Wie ist der Einfluss sozialer Informationen auf die Selbsteinschätzung?

Die tomographische Rekonstruktion der 3D Mikrostruktur realer Materialien ist sehr zeit- und kostenintensiv. Deshalb sind mathematische Modelle erforderlich, um den Einfluss der Mikrostruktur auf mechanische Materialeigenschaften systematisch zu untersuchen. Sie erlauben die Simulation virtueller, aber dennoch realistischer 3D Mikrostrukturen am Computer. Die mechanischen Eigenschaften dieser Strukturen werden anschließend mit numerischer Simulation bestimmt. Einen vielversprechenden Ansatz stellt insbesondere die Verwendung von KI-Methoden zur Beschleunigung der numerischen Simulation des Bruchverhaltens von Titanaluminiden dar. Die zur Etablierung dieses Ansatzes erforderliche Methodenentwicklung ist Gegenstand des Projektes SMILE. mehr lesen

Diskriminierung durch Algorithmen wird immer mehr als gesellschaftliches und rechtliches Problem wahrgenommen. Zwar sind diverse Fairnesskriterien für algorithmische Entscheidungsprozesse vorgeschlagen worden, aber diese widersprechen sich zum Teil philosophisch und/oder mathematisch. Ein neuer Algorithmus wurde entwickelt, der eine stetige Interpolation zwischen zwei widerstrebenden Fairnesskriterien, nämlich individueller und gruppenbezogener Fairness ermöglicht. mehr lesen

Auf Zukunftsgebieten ganz vorne mitspielen: Die neuen Masterstudiengänge der Universität Ulm für „Mathematical Data Science“ und „Künstliche Intelligenz“ bilden Spezialisten für den Arbeitsmarkt der Zukunft aus. Zum Wintersemester 2021/22 gehen die ersten Studierenden an den Start. Interessierte können sich ab sofort informieren und vom 1. Juni bis zum 15. Juli bewerben beziehungsweise einschreiben.  mehr lesen

Für Arbeitslose ab dem 50. Lebensjahr ist die Gefahr der Langzeitarbeitslosigkeit besonders hoch. ForscherInnen am Institut für Business Analytics der Universität Ulm haben daher einen neuen, innovativen Ansatz entwickelt, um diese Zielgruppe mithilfe sozialer Medien bei der Arbeitssuche zu unterstützen: die digitale Peergruppenberatung (DIGIPEG). mehr lesen

Amerikanische Mathematiker rufen ihre Kollegen auf, nicht mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Sie meinen, das verleihe einem rassistischen System wissenschaftlichen Anstrich. Mathematik ist Klarheit. Sie kann Aspekte unserer mehrdeutige Welt beschreiben, ist selbst aber eindeutig. Wahr ist in der Mathematik nur was bewiesen werden konnte. Dadurch wirkt sie losgelöst von der  aufgeregten Wirklichkeit, wie wir sie gerade auf den Straßen der Vereinigten Staaten sehen, wo George Floyds Tod  erst Demonstrationen und schließlich Denkmalstürze auslöste. Doch nun hat eine Gruppe von Mathematikern ihre beschauliche Wissenschaft in diesen Sturm hineingerissen. mehr lesen

In Rahmen eines fortgeschrittenen CSE-Projektes sollte der Einsatz von einem Leap Motion Controller (LMC) im Bereich der Biomechanik überprüft werden. Der LMC ist ein Computer-Hardware-Sensorgerät, das analog zu einer Maus, Hand- und Fingerbewegungen als Eingabe unterstützt, aber keinen Handkontakt oder Berührung erfordert. Dieser Sensor soll helfen eine Handbewegung aufzunehmen, die anschließend in das AnyBody Modeling System™ (AMS) übertragen wird. mehr lesen

Das gemeinsame Projekt “BNTextillabor“ der Universität Ulm und der Technische Universität Berlin hat sich die Forschung zu einem nachhaltigeren Modekonsum bei Jugendlichen zum Ziel gesetzt. Im Projektzeitraumsoll das Konsumverhalten von Jugendlichen untersucht werden und mit Hilfe von verschiedenen Interventionen ein stärkeres Bewusstsein geschaffen und Konzepte für einen nachhaltigeren Textilkonsum entwickelt werden. mehr lesen

Die Erwartungen der Bürger an den im Alter realisierbaren Lebensstandard weichen erfahrungsgemäß häufig von der Realität ab. Es gibt daher viele Argumente für eine frühzeitige, verständliche und realistische Darstellung des zu erwartenden Ruhestandseinkommens. Hierzu bedarf es einer einfach zugänglichen Quelle für die relevanten Informationen zum Stand der eigenen individuellen Vorsorge – mehr lesen

In Ulm wird derzeit der Nahverkehr an Samstagen kostenlos angeboten. Die Einführung der Maßnahme hatte zwei zentrale Motive. Die Promotion des Nahverkehrsangebotes und die Belebung der Innenstadt. Ziel der wissenschaftlichen Begleitforschung ist es, die Eignung des kostenlos angebotenen Nahverkehrs zur Erreichung dieser Ziele zu untersuchen. Es wird untersucht, ob ein temporär kostenlos angebotener ÖPNV ein wirksames Instrument zur Förderung des Nahverkehrs ist und damit einen Beitrag zu nachhaltiger Mobilität darstellen kann. mehr lesen