Ab durch den Wald! Eine tierische Schnitzeljagd in Ulm, um Ulm und um Ulm herum.

Mit Actionbound spielerisch die Natur und Ulm entdecken....

Was passiert mit den Tieren, wenn ihr Wald immer kleiner wird? Sie ziehen um, das ist doch klar! Aber, ist das wirklich so einfach? Die Antwort ist nein. Denn andere Wälder sind ja schon von anderen Tieren bewohnt. In unserer Geschichte, die auf dem Eselsberg beginnt, wollen die Tiere jedoch nicht so schnell aufgeben. Und so beginnt ein spannende Erkundungsreise durch Wälder, Parkanlagen und die Stadt.

 

Zum Einstimmen auf die Schnitzeljagd gibt eine Vorlesegeschichte:

 

Die meisten Städte sind ganz gewöhnliche Städte. Irgendwo steht ein Rathaus, es gibt einen Marktplatz, eine Hand voll Kirchen, Schulen, Läden und wenn Du Glück hast, ein Schwimmbad. Und wenn Du noch mehr Glück hast, ganz viel Natur drum herum. Das sind die einen Städte. Daneben gibt es aber noch eine zweite, weitaus seltenere Sorte: Jene, die eine Seele haben. Jene, denen noch immer die Magie längst vergessener Zeiten innewohnt. Jene, die Heimat phantastischer Wesen sind. Rom gehört freilich dazu, mit seinen sieben Hügeln. Venedig auch, so viel steht fest. Aber soll ich Dir ein Geheimnis verraten? Man muss gar nicht bis nach Italien fahren, um Teil einer phantastischen Welt zu werden. Auch in Ulm gibt es Magie. Wie? Das glaubst Du nicht? Dann nimm schnell eine Landkarte zu Hand und zähle die zu Ulm gehörigen Hügel nach: Galgenberg, Kuhberg, Roter Berg, Eselsberg, Kienlesberg, Michelsberg und Safranberg. Sieben! Und wo es sieben Hügel gibt, wie in Rom, oder sieben Berge, hinter denen bekanntlich Zwerge wohnen, dort muss es einfach übernatürlich zugehen! Eine ganz simple Rechnung.
Viel schwieriger ist es da schon, die Wesen zu sehen, die hier in Ulm zu Hause sind. Man braucht dafür nicht nur ein in der Naturbeobachtung geübtes Auge, man braucht obendrein noch etwas viel wichtigeres und nobleres: Mitgefühl für die Natur. Daher haben Kinder auch eine größere Chance, über die eher ungewöhnlichen Bewohner zu stolpern.
Unsere Geschichte beginnt auf dem höchsten der Ulmer Berge: dem Eselsberg. Dort gibt es einen Wald mit alten Eichen und mit seltenem Moos, mit Schwarzspechten und allerlei anderem Getier und Geblümel. Sie alle bilden zusammen eine eingeschworene Gemeinschaft (Gelehrte sagen dazu auch Ökosystem). Manche sind zugleich Bewohner und Wohnhaus, wie etwa die Bäume, andere passen auf, ob etwas Verdächtiges geschieht, und warnen die Kameradinnen und Kameraden bei drohender Gefahr, wie der Eichelhäher. So hat hier jeder seine Aufgabe und irgendwie sind alle auf einander angewiesen. Zusammengehalten wird die Rasselbande von der Waldnymphe Ulma Flora.
Waldnymphen sind überaus reizende Wesen in der Gestalt junger, hübscher Damen, und gescheit sind sie obendrein. Eng mit dem Wald verbunden, in dem sie leben, geben sie Acht, dass das Gleichgewicht des Waldes nicht durcheinandergerät. Ist der Schaden für einen Wald zu groß, um ihn zu beheben (das ist am sogenannten Kipppunkt der Fall), vergeht er. Und mit ihm stirbt auch die Nymphe, ganz gleich einem Kapitän, der sein untergehendes Schiff nicht verlässt. Nur junge Nymphen haben Glück im Unglück. Sie sind noch nicht zu stark mit ihrem Lebensraum verwurzelt, und können notfalls auch umziehen.
In den letzten Jahren macht Ulma einen sehr bedrückten Eindruck. Früher hatte sie gerne ihre Harfe herausgeholt und mit wehenden, blondem Haar für die Tiere und Pflanzen gesungen. Durch ihren lieblichen Gesang erblühten Scharen von Veilchen, Waldmeister und Sanikel, die Wolken weinten vor Rührung und die Tiere standen mit schief geneigten Kopf da und lauschten ergriffen den zarten Klängen. War Ulma richtig in Fahrt gekommen, komponierte sie richtige Farbkunstwerke, die weit über den Wald hinausgingen. Bunte Wiesen mit Salbei, Margerite und Karthäusernelken gelangen ihr ebenso vollkommen, wie Waldsäume mit Zaunrübe, Kreuzblümelein und Vergissmeinnicht.
Doch mittlerweile kennt man Ulma nur noch mit tiefen Sorgenfalten auf der Stirn. Kein Wunder. Der Wald hat sich in den letzten Jahren durch die Menschen immer weiter verkleinert. Dadurch wurde der Wald trockener und es gab immer weniger Platz für alle. Aus Furcht, nicht mehr genügend Nahrung zu finden, verzichten manche Tiere sogar auf Nachwuchs. Keiner weiß, wie lange das so weiter gehen kann.
Oft trifft sich Ulma am Nachmittag mit dem Zwerg Knuschper. Knuschper lebt im Botanischen Garten und ist der einzig leibhaftige Botanische-Garten-Zwerg auf der Welt. Er hilft der Natur ein bissl hier, und ein bissl dort, ganz abhängig davon, was gerade ansteht. Im Frühling kitzelt er die Blumenzwiebeln wach, und bläst Haselnusspollen durch die Luft.  Im Sommer regelt er den Insektenverkehr, damit jedes Insekt zu einer geeigneten Blüte findet. Im Herbst schüttelt er Obst und Blätter von den Bäumen und im Winter ruht er sich von all der Arbeit aus.  Wegen seiner gemütlich-lustigen Art und seinem Sinn für Handwerkliches wird er von allen Tieren, Pflanzen und Pilzen sehr geschätzt.
„Knuschper, wir haben ein Problem.“ sagt Ulma am selben Tag, als ein Tümpel auf dem Eselsberg zugeschüttet wurde. „Wenn die Grünflächen weiterhin so rasant verschwinden, dann ist es in zwei, drei Jahren aus mit uns. Ich glaube, es hilft alles nichts mehr. Wir müssen umziehen.“
„Hmmm“, sagte der Zwerg. Und dann noch einmal „Hmmmmmm. Das könnte schwierig werden. Zwar sind und werden für die Waldflächen, die die Menschen abgeholzt haben, woanders Bäume angepflanzt, aber die stehen sonst wo auf der Welt. Da kommt ihr niemals hin. Abgesehen davon  brauchen  diese sogenannten Ausgleichsflächen noch mindestens hundert Jahre, bis daraus ein vernünftiger Lebensraum wird. Das ist mehr als ein Menschenleben.  Und die anderen Gebiete hier im Umland sind von anderen Tieren und Pflanzen besetzt, oder für euch zum Leben ungeeignet.“
„In der Nähe etwas anderes zu finden, wäre unsere einzige Chance. Und es eilt.“, seufzt Ulma. „Jeden Tag, an dem hier etwas abgeholzt, oder verschmutzt oder zugeschüttet wird, habe ich solche Schmerzen, dass ich zu nichts mehr Lust habe, nicht einmal mehr zum Singen. Ich denke, ich  werde für morgen früh eine außerordentliche Versammlung einberufen. Per Twitter.“
Ja, da staunt ihr, nicht wahr? Auch auf dem Eselsberg wird getwittert. Mit richtigen Ulmer Spatzen. Diese plappern für ihr Leben gerne, und waren findig genug, aus ihrer Leidenschaft ein Nachrichtenüberbringungsgeschäftsmodell gemacht zu haben: Den Spatzenexpress. Seit dem überbringen die Spatzen tagsüber zwitschernd Nachrichten aller Art: Erfreuliche, unerfreuliche, vertrauliche und furchtbar ungemein wichtige!  Als die ersten Auswanderer aus Amerika, die Waschbären,  hier eintrafen, wurde der Spatzenexpress in das Englische Wort für Zwitschern -  Twitter  - umbenannt. Den Dienst lassen sich die Spatzen seit je her in schwäbischen Wibele bezahlen. Die Dienstleistung ist nicht besonders teuer, allerdings muss man damit rechnen, dass Nachrichten die längste Zeit vertraulich gewesen sind  - Nicht um sonst gibt es das Sprichwort „Das pfeifen die Spatzen von den Dächern.“ - und phantasievoller wiedergegeben werden.   
„Per Twitter?“, wiederholte der Zwerg mit großen Augen.  „Wollen wir nicht lieber den Fledermausexpress nehmen? Der ist viel seriöser.“  „Nein. Ich will mit dem Versenden der Einladung nicht bis zur Dunkelheit warten. Es eilt!“
„Na, das kann ja etwas werden!“ murmelt Knuschper.

Am Ende klappt doch alles und im Morgenrauen kommen nach und nach alle Bewohnerinnen und Bewohner des Waldes, die sich fortbewegen können, am traditionellen Treffpunkt für Versammlungen zusammen: Bei Berti, der Rotbuche. Berti steht etwas abseits der anderen Bäume, sodass viele Gäste in ihrem Schatten Platz finden können und an heißen Sommertagen mit kühler Luft verwöhnt werden.

„Liebe Freundinnen und Freunde des Waldes“, eröffnet Ulma die Ansprache. „Ich danke euch, dass ihr alle gekommen seid. Ich weiß, für einige von euch ist die Tageszeit eher ungeeignet.“ Damit blickt sie entschuldigend die Reptilien und die tagaktiven Insekten an, denen es noch viel zu kalt ist, um sich geschmeidig bewegen zu können, und eine kleine Ewigkeit für den Weg gebraucht hatten. Auch die müden Eulen bekommen einen mitleidigen Blick.
Ulma spricht weiter „Wir haben uns heute hier versammelt, da ich euch die traurige Mitteilung machen muss, dass wir uns ein neues Zuhause suchen müssen.“ Sofort erschallt ein wildes Stimmmengewirr. Alle reden aufgeregt durcheinander. Ulma lässt sie zunächst einmal gewähren. Als der erste Schrecken verdaut ist, spricht sie weiter. „Ich werde eine kleine Gruppe von euch entsenden. Diese soll die Gegend um Ulm auskundschaften und wird hoffentlich ein Fleckchen Erde finden, wo wir alle zusammen in Frieden leben und alt werden können."

„Wer soll auf die Reise gehen?“ fragt das Eichhörnchen aufgeregt. „Dazu habe ich mir schon Gedanken gemacht“, antwortet der praktische Zwerg. „Da ihr unterwegs viele Aufgaben zu lösen haben werdet, sollte das Team von Tieren mit möglichst unterschiedlichen Fähigkeiten gebildet werden. Wir brauchen zum Beispiel jemanden, der gut fliegen kann, jemanden, der gut klettern kann, jemanden, der gut die Menschen, die euch begegnen werden ablenken kann und jemanden, der eine gute Heimat auch erkennt.
 Zunächst fällt die Wahl auf den Eichelhäher, auf den Schwarzspecht, das Eichhörnchen, den Igel und die Zaunrübensandbiene.

Plötzlich sagt eine Stimme mit amerikanischem Akzent „Ick wollen auch mit“.  Sie gehört dem Waschbären Gringo. „Prima“, sagte der Zwerg. „Jemand mit krimineller Energie ist nicht verkehrt. Eine Banditenmaske hast Du ja schon um.“ Was er lieber nicht anspricht, ist die Tatsache, dass der Waschbär sich leider manchmal wie ein typischer Tourist verhält und alles „Voll cool“ findet und gerne „chillt“.
„Das Grüne Gabelzahnmoos muss auch unbedingt mit!“ entscheidet Ulma. „ Das Moos ist eine besonders seltene Art und in manchen Teilen Deutschlands unter Schutzstatus. Zudem ist es ein wichtiger Zeiger. Gefällt ihm ein Standort nicht, wisst ihr, dass es dort zu trockenen Luft hat und zu heiß ist“.


„Aber Pflanzen können doch nicht laufen. Wie soll das gehen?“ ertönt es aus der Menge.
„Der Kleiber wird dem Moos schon etwas zu recht basteln.“ Schließlich kommt das Wort „Kleiber“ von Kleben. Gewiss kann er eine Schale zurecht kleben. In die hinein legen wir es hinein, mitsamt ein bisschen Rinde und der Waschbär trägt sie.", schlägt Knuschper vor.
„Sieben ist eine gute Gruppengröße“ befindet Ulma. „Es tut mir leid, dass ich euch nicht begleiten kann. Wie ihr wisst, bin ich an diesen Wald gebunden. Zum Glück bin ich noch so jung, dass ich mit euch umziehen kann, aber ein neues Zuhause zu finden, gehört nicht zu meinen Fähigkeiten. Einen letzten Dienst kann ich euch jedoch erweisen. Eine Prophezeiung!“
Bei diesem Wort wird es sofort mucksmäuschenstill. Viele Tiere kennen Prophezeiungen nur aus Schilderungen ihrer Großeltern. Zu Prophezeiungen sind neben Buchenbäumen auch äußerst mächtige Zauber nötig. Prophezeiungen funktionieren nur im Morgengrauen, denn was dabei passiert ist, dass Buchen durch Magie zur Wasserdampfabgabe an den Blättern angeregt werden.  Ist die Luft am morgen noch kühl, verflüssigt sich der Dampf und bildet Nebelschwaden in Form von Buchstaben und ganzen Sätzen.

„Na, meine Liebe“, fragt Ulma, an Berti gewandt. „Seit ihr so weit?“. Berti neigt ihre Krone bedächtig gen Boden. Über Duftstoffe und Wurzeln steht sie mit ihren Schwestern in Verbindung und kann sich mit ihnen synchronisieren. Daraufhin umschlingt Ulma Bertis Rinde und ruft: „Bei Mutter Erde, sag mir: Wen oder was muss unsere Gruppe aufsuchen, um eine neue Heimat zu finden?“ Und dann murmelt sie in rhytmischer Sprache: „Walle, Xylem, walle Xylem. Transpiri, transpira. Walle, Xylem, walle Xylem. Transpiri, transpira. Walle, Xylem, walle Xylem. Transpiri, transpira.“ Die Tiere warten gebannt. Endlich sind erste Nebelschwaden zu sehen, die sich, wie von Geisterhand bewegt, zu Buchstaben formen. Schließlich steh in der Luft der Satz:

 „Ein Ulmental nicht einen Ulment“

Alle Tiere warten gespannt darauf, dass sich noch mehr Buchstaben und bilden. Vergeblich. „Was ist los?“ fragen sie ungeduldig. „Tut mir leid, das Wasser ist aus. Der Boden ist einfach zu trocken.“ sagt Berti entschuldigend. „Mehr Wasser können wir nicht hergeben“. „Und wie interpretieren wir den Satz? Ein Ulmental, nicht einen Ulment? Ein Ulmental nicht, einen Ulment? Und was ist überhaupt mit Ulment gemeint? Ulmentümpel? Ulmentobel? Ulmentrockenrasen? Klingt alles seltsam.“ „Manchmal ist auch der Weg das Ziel“, sagt Ulma. „Vielleicht werdet ihr unterwegs schlauer.“ Und damit ist die Versammlung aufgehoben. Hoffnungsvoll blicken alle der kleinen Truppe nach, die Reisevorbereitungen trifft. Am nächsten Tag soll es schon losgehen. Am Morgen treffen sich alle  an der Haltestelle Universität Süd.