Lichtquanten im Alltag


Die Sonne ist die größte natürliche Lichtquelle für die Erde. Darum wollen wir zunächst die Auswirkungen des Sonnenlichts auf die Erde untersuchen. Die Intensität des Sonnenlichts an der Erdoberfläche beträgt etwa 1400 W/m 2. Mit der Annahme der Energiequantisierung ist interessant zu erfahren:

Wieviele Lichtquanten treffen in einer Sekunde auf eine Fläche von einem Quadratmeter?

Damit wir die Anzahl der Lichtquanten berechnen können, müssen wir erst ihre mittlere Energie ermitteln. Der Wellenlängenbereich des sichtbaren Lichts liegt zwischen ca. 400 nm (violett) und 700 nm (rot). Die Energie der violetten Grenze ist:

(6.1)

Entsprechend ergibt sich für die Energie der roten Grenze 1,77 eV. Das arithmetische Mittel dieser beiden Werte ist 2,5 eV. Diesen Wert nehmen wir als die mittlere Energie eines Photons des Sonnenlichts. Der Photonenstrom beträgt dann

(6.2)

Pro Quadratmeter und Sekunde treffen also 3,6 10 21 Photonen auf die Erde. Die Größenordnung dieser Zahl ist mit der Avogadro-Zahl N= 6  10 23 mol -1 vergleichbar. Wie das Prasseln der Gasmoleküle gegen die Behälterwände als kontinuierlicher Druck wirkt, so erscheint uns das Sonnenlicht als kontinuierliche Strahlung.

Die pro Quadratmeter und Sekunde auf die Erde eingestrahlten Photonen des Sonnenlichts haben die Größenordnung der Avogadro-Zahl.

Diese Überlegung lässt uns eine Parallele ziehen zwischen der Energie der Photonenstrahlung und der kinetischen Energie der Gasmoleküle. Ein Vergleich mit der kinetischen Gastheorie wird uns das Wiensche Verschiebungsgesetz erklären. Laut diesem Gesetz gilt: Das Maximum der Strahlung eines schwarzen Körpers verschiebt sich mit steigender Temperatur zu kürzeren Wellen. Wir vergleichen den Hohlraum, aus dem Energiequanten ausgesendet werden, mit einem Hohlraum, aus dem Gasmoleküle austreten. Die mittlere kinetische Energie eines Gasmoleküls beträgt bei der Temperatur T:

(6.3)

wobei = 1,38  10 -23 J/K die Boltzmann-Konstante ist. Wegen des thermischen Gleichgewichts der Gasmoleküle mit den Wänden des Hohlraumes weisen auch die Moleküle in den Wänden diese Energie auf. Wir können demnach vermuten: Die von den Wänden eines schwarzen Körpers abgestrahlten Photonen erhalten etwa die gleiche Energie wie die Gasmoleküle. Darum nehmen wir an:

(6.4)

Den noch unbekannten Koeffizienten a bestimmen wir, in dem wir max= c/max in (6.4) einsetzen und nach max  T umformen:

(6.5)

Links steht die Gleichung (6.5) mit eingesetzten Größenwerten und rechts das Wiensche Verschiebungsgesetz:

(6.6)

Die beiden Gleichungen stimmen für a = 5 überein!

Die Annahme in (6.4) und das Wiensche Verschiebungsgesetz zeigen uns:

Die Energie der von einem Schwarzen Körper emittierten Photonen hat die Größenordnung von  T, und zwar: Bei der Temperatur T enthält seine Strahlung vor allem Photonen mit der Energie:

(6.7)

Das Diagramm rechts zeigt uns die Ähnlichkeit der Strahlung eines Schwarzen Körpers mit der Geschwindigkeitsverteilung der Gasmoleküle. Diese Analogiebetrachtung spricht für die Photonenhypothese.

Wie oben berechnet, treffen auf die Erde Photonen mit einer durchschnittlichen Energie von 2,5 eV. Die Erde emittiert diese Energie in Form von Wärmestrahlung. Die emittierten Photonen haben aber nur eine Energie von 0,15 eV. Die eingestrahlte Sonnenenergie wird also nicht vollständig zur Erwärmung der Erde verbraucht.

Was passiert mit der Sonnenenergie, die nicht in Wärme umgewandelt wird?

Die Energie des sichtbaren und ultravioletten Lichts reicht zum Spalten vieler Moleküle aus. Darin zeigt sich die chemische Wirkung des Lichts! Jede Molekülumwandlung ist ein chemischer Vorgang. Nach der Molekülspaltung durch Licht fängt häufig eine Kette chemischer Reaktionen an. Das Ausbleichen der Stoffe in der Sonne und die Bildung des Sonnenbrandes sind Beispiele der chemischen Wirkung des Lichts. Dabei ist nicht nur Energie an sich wichtig, sondern die Form, in der sie auftritt. Ein Photon des roten Lichts hat etwa halb so viel Energie wie eines des ultravioletten. Damit könnten wir erwarten, dass rotes Licht halb so schnell Sonnenbrand hervorruft wie UV-Licht. Tatsache ist aber: Nur UV-Licht kann Sonnenbrand erzeugen. Denn nach der Quantentheorie wird jede Energie in Portionen, Energiequanten, transportiert und absorbiert. Bereits ein einziges Lichtquant muss also die nötige Energie zum Spalten eines Moleküls liefern. Alleine die Photonen des UV-Lichts haben genug Energie, um die Eiweißmoleküle der Haut zu zerstören.

Bedeutende chemische Reaktionen verlaufen unter Einwirkung des Lichts in grünen Blättern und Nadeln der Bäume, im Gras und vielen Mikroorganismen. Wichtige Ausgangsstoffe wie Wasser und Kohlendioxid werden aus dem Boden und aus der Luft aufgenommen. Die Moleküle des grünen Blattfarbstoffs (Chlorophyll) absorbieren Lichtquanten und spalten damit Wassermoleküle in Protonen, Elektronen und Sauerstoff. Die Elektronen und Protonen lösen eine Reihe biochemischer Reaktionen aus. Dadurch wird das Kohlendioxid an Zuckermoleküle gebunden, so dass Glucose entsteht. Diese grundlegende Stoffwechselreaktion chlorophyllhaltiger Organismen heißt Photosynthese. Ihre Bruttogleichung lautet:

H = +2825kJ (675 kcal)     

Ohne den freigesetzten Sauerstoff und die aufgebaute Glucose wäre ein Leben für Tiere und Menschen auf der Erde unmöglich. Durch Anfügen von Atomen anderer Elemente bilden Organismen weitere energiereiche organische Verbindungen wie Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette.
Es wurde nachgewiesen, dass Photosynthese nur mit dem Sonnenlicht bestimmter Spektralbereiche ablaufen kann, und zwar der Wellenlängen 430 nm bis 470 nm (blaues, blaugrünes Licht) sowie 640 nm bis 660 nm (orangerotes Licht). Auch diesen Befund kann uns die elektromagnetische Lichttheorie nicht erklären.

Wenden wir uns einer bekannten Anwendung der chemischen Wirkung des Lichts zu: Fotografie. Die lichtempfindliche Schicht eines Fotofilms besteht aus kleinen Silberbromid-Kristallen (AgBr) in Gelatine. Fällt Licht darauf, so werden Elektronen von Bromid-Ionen abgespalten ( Photoeffekt) und zu Silber-Ionen angezogen:

Das Silberbromid wird zu schwarzem Silber reduziert. Das Brom bindet sich irreversibel an Gelatine. Rotes Licht erzeugt keine Schwärzung auf dem Fotopapier. Dies lässt sich mit dem Photonenmodell verstehen: Die Quanten des roten Lichts sind zu klein, um das Silberbromid zu reduzieren. Um auch mit rotem Licht belichten zu können, werden Sensibilisierungsfarbstoffe an die Kristalloberfläche angelagert. Sie werden bereits durch rotes oder grünes Licht angeregt, Elektronen in den Silberbromid-Kristall abzugeben.

Im Bild links betrachten wir einen belichteten Schwarzweißfilm in 600facher Vergrößerung. Wir erkennen einzelne, unregelmäßig verteilte, schwarze und graue Punkte: Silberkristalle. Wäre die Lichtenergie gleichmäßig in den elektromagnetischen Wellen verteilt, dann könnten wir nicht verstehen, weshalb Licht gleicher Intensität manche Silberbromid-Kristalle reduziert, andere aber nicht. Mit dem Quantenmodell lässt sich dieses Phänomen plausibel begründen: Licht als Teilchenstrom kann nicht alle Silberbromid-Kristalle erfassen. Nur an den Stellen, die wir jetzt dunkel sehen, sind Lichtquanten auf die Kristalle von Silberbromid gestoßen und haben sie zu Silber reduziert.

Wenn Licht auf einen bestimmten Bereich des Fotofilms fällt, wird es also nicht alle Silberbromid-Kristalle in diesem Bereich erreichen.

Wie können wir dann z.B. sehr lichtschwache Sterne sichtbar machen?

Nur sehr wenige Photonen eines Sternes erreichen die Erde. Deswegen ist hier die Wahrscheinlichkeit, dass einige davon auf die Silberbromid-Kristalle treffen und sie reduzieren, noch geringer. Verlängern wir aber die Belichtungszeit unseres Films, so wird die Wahrscheinlichkeit dafür größer. Das Bild rechts zeigt uns vier Aufnahmen des Andromedanebels, die von links oben bis nach rechts unten immer länger belichtet wurden. Obwohl die äußeren Spiralarme der Galaxie für das menschliche Auge unsichtbar sind, kommen sie in der Langzeitbelichtung deutlich zum Vorschein. Diese Fotos demonstrieren uns den statistischen Charakter der Quantenprozesse. Mit Fotografie "sammeln" wir die auftreffenden Lichtquanten auf der Photoschicht. Die "Belichtungszeit" des Auges ist oft zu kurz, weil die vom Licht angeregten Sehzellen nach ca. 1/10 Sekunde wieder in ihren Normalzustand zurückkehren, sprich: das Bild verlieren.

Die Aufnahmen eines Frauengesichts links zeigen uns, wie ein gewöhnliches Foto entsteht. Auch hier haben wir die Belichtungszeit der Reihe nach vergrößert. Etwa 3000 Photonen haben nicht ausgereicht, um das Motiv am Bild oben links erkennbar zu machen. Wir sehen nur eine mehr oder weniger zufällige Verteilung heller Punkte. Bei höherer Belichtungszeit mit über 10000 Photonen, beginnt sich im Bild Mitte links ein verschwommenes Gesicht abzuzeichnen. An der längsten Aufnahme (Bild unten rechts) waren mehr als 30 Millionen Photonen beteiligt. Die Helligkeit scheint sich hier kontinuierlich von einem Bereich zum anderen zu ändern. Die Bildfolge hat uns aber deutlich gezeigt, dass jedes Bild aus vielen einzelnen reduzierten Kristallen entstanden ist. Außerdem sehen wir jetzt: Die hellen Punkte der kürzesten Aufnahme sind nicht wahllos verteilt. Die Orte der hellen Bereiche auf dem letztem Bild sind auch die Orte mit größerer Zahl der hellen Punkte auf dem ersten Bild. An solchen Stellen war die Wahrscheinlichkeit für das Auftreffen der Photonen in jedem Fall größer. Jedoch können wir nicht genau voraussagen, auf welches Kristall ein bestimmtes Photon auftreffen wird, sondern lediglich die Wahrscheinlichkeit dafür in einem bestimmten Flächenbereich angeben.