Strahlung des schwarzen Körpers


Jeder Körper emittiert und absorbiert elektromagnetische Strahlung. Aus der Thermodynamik ist es uns bekannt: Befindet sich der Körper im thermischen Gleichgewicht mit seiner Umgebung, so vollziehen sich Emission und Absorption mit gleicher Geschwindigkeit. Hat er eine höhere Temperatur als seine Umgebung, so emittiert er mehr, als er absorbiert. Dadurch kühlt er sich ab und erwärmt die Umgebung.

Warum können alle Körper bei jeder Temperatur elektromagnetische Strahlung aussenden?

Ein Festkörper besitzt sogar beim absoluten Nullpunkt eine gewisse Innere Energie: die Schwingungsenergie seiner Atome, Moleküle oder Ionen bei 0 Kelvin. Die Elektronen, die in diesen Teilchen enthalten sind, schwingen also auch mit, d. h., sie erfahren eine sich periodisch ändernde Beschleunigung. Diese Schwingungen sind die Quelle für ein elektromagnetisches Feld, denn elektromagnetische Wellen entstehen immer dann, wenn Ladungen beschleunigt werden.

Bei steigenden Temperaturen wächst auch die Energie der Strahlung. Bei hohen Temperaturen liegt ein Teil der emittierten Strahlung im sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums: Je höher die Temperatur, desto größer der Anteil des energiereicheren, kurzwelligen blauen Lichts. Diesen Effekt können wir beobachten, wenn wir einen Eisenstab erhitzen: Er glüht von dunkel- über hellrot und gelb zu weiß, wenn wir mit der Temperatur immer höher gehen.
Die Gesetze für die spektrale Intensitätsverteilung der Strahlung in Abhängigkeit von der Temperatur erhalten wir durch die Analyse des schwarzen Körpers (auch unter dem Namen schwarzer Strahler bekannt).

Ein schwarzer Körper ist ein System, das die gesamte einfallende Strahlung absorbiert.

Eine gute experimentelle Näherung eines schwarzen Körpers ist ein Hohlraum mit einer sehr kleinen Öffnung für die Messung. Daher wird die Strahlung eines schwarzen Körpers häufig Hohlraumstrahlung genannt. Die durch die Öffnung eintretende Strahlung wird an den Wänden reflektiert und beinahe vollständig absorbiert. Wenn so ein Körper erhitzt wird, befindet sich die Strahlung im Hohlraum im thermischen Gleichgewicht mit den Wänden, was bedeutet: Die Strahlung wird im gleichen Ausmaße emittiert und absorbiert. Die Strahlungsenergie hängt nicht von der chemischen Natur des schwarzen Körpers ab und ist lediglich eine Funktion der Temperatur.


Das Schaubild rechts zeigt uns die Energiedichte u() eines schwarzen Strahlers bei verschiedenen Temperaturen in Abhängigkeit von der Wellenlänge .
Die spektrale Energiedichte gibt an, welchen Beitrag ein kleiner Wellenlängenbereich zur abgestrahlten Energie bei einer bestimmten Temperatur T liefert.
Wir nennen diese Kurven Spektralverteilungen. Die rote Kurve in der Abbildung ist die Kurve der Maxima aller Spektralverteilungen. Das Maximum jeder Spektralverteilung gehört zur Wellenlänge der am meisten abgegebenen Strahlung bei dieser Temperatur. Mit steigenden Temperaturen verschiebt sich das Maximum zu kürzeren Wellenlängen. Deshalb scheint der schwarze Körper sich mit zunehmender Temperatur vom Roten ins Blaue zu verfärben. Dabei nimmt die Gesamtenergiedichte der Strahlung zu.


Das Produkt aus der absoluten Temperatur eines schwarzen Körpers T und der Wellenlänge maximaler Strahlung max ist konstant und zwar gilt hier:


Wiensches Verschiebungsgesetz

(1.1)

Diesen experimentellen Befund können wir erst später durch einen Vergleich mit der kinetischen Gastheorie erklären.

Unser erstes Ziel ist, die experimentell aufgenommenen Spektralverteilungen durch eine Gleichung zu erfassen. Dafür werden wir uns mit Schwingungen von Elektronen an der Oberfläche des Hohlraumes beschäftigen. Nach Rayleigh und Jeans (1900) lassen sich diese Elektronen nach ihren Schwingungen in Gruppen unterschiedlicher Frequenzen unterteilen. Bestimmte Anteile von Elektronen schwingen also mit einer bestimmten Frequenz . Diese Schwingungen erzeugen elektromagnetische Wellen gleicher Frequenz.

Wir nehmen an: Jedes Elektron schwingt jeweils nur in einer Richtung, also linear, ist somit ein linearer Oszillator. Nach dem Gleichverteilungssatz der kinetischen Gastheorie ist die innere Energie eines linearen Oszillators seine Schwingungsenergie Uvib. Sie setzt sich aus seiner kinetischen und potentiellen Schwingungsenergie zusammen und hat den Wert kT, wobei k = 1,38  10-23 J/K die Boltzmann-Konstante ist.

(1.2)

Nach der Elektrodynamik von Maxwell besteht ein Zusammenhang zwischen der Energie Uvib eines linearen Oszillators, der elektromagnetische Wellen der Frequenz bis +d erzeugt, und der Energiedichte dieser Strahlung u():

(1.3)

c ist hier wie im Folgenden die Lichtgeschwindigkeit.

So ergibt sich für die Spektralverteilung eines schwarzen Körpers bei einer festen Temperatur T:

Rayleigh-Jeans-Gesetz

(1.4)

 

In der Abbildung rechts sehen wir die berechneten (nach der Umformung dieser Formel auf die Wellenlänge) und die tatsächlich gemessenen Spektralverteilungen bei T=300 K und T=500 K.
Im Bereich kleiner Frequenzen (großer Wellenlängen) stimmt dieses Gesetz mit den experimentellen Daten überein. Bei großen Frequenzen (kleinen Wellenlängen) sehen wir eine sehr deutliche Abweichung zum Experiment. Für den Grenzfall /   geht die Energiedichte nach dem Rayleigh-Jeans-Gesetz gegen unendlich im Widerspruch zur experimentell bestimmten Energiedichte, die dabei gegen Null geht.

Das Rayleigh-Jeans-Gesetz besagt also, dass sehr viele Elektronen schon bei Zimmertemperatur zu hohen Frequenzen (sehr kleinen Wellenlängen) angeregt sein müssen, dass enorm viel Energie im hochfrequenten Bereich des Spektrums emittiert wird. Dieses Resultat wird als Ultraviolett-Katastrophe bezeichnet. Nach der klassischen Elektrodynamik müssten sogar kalte Gegenstände im sichtbaren, ultravioletten und sogar Röntgen- und Gamma-Bereich strahlen, sie würden also im Dunkeln glühen. Würde dieses absurde Ergebnis gelten, gäbe es überhaupt keine Dunkelheit. Die Pflanzen- und Tierwelt der Erde hätte sich unter der dauernden Einwirkung der UV- und Gamma-Strahlung gar nicht entwickeln können.

Wie finden wir dann eine Strahlungsformel, die für alle Frequenzen gilt?

Dafür müssen wir Annahmen machen, die auf den ersten Blick mit der klassischen Physik nicht vereinbar sind:

Die Energie eines elektromagnetischen Oszillators mit einer bestimmten Frequenz ist keine kontinuierliche Größe! Sie ist auf diskrete (= durch endliche Intervalle voneinander getrennte) Werte beschränkt. Nach Max Planck kann ein Oszillator die Energie nur in diskreten Paketen aufnehmen oder abgeben, und zwar als ganzzahlige Vielfache von :

(1.5)

mit der ganzen Zahl n = 0, 1, 2, 3, ... und der Proportionalitätskonstanten h, die heute als

Plancksches Wirkungsquantum

bezeichnet wird.

Das kleinste Energie-Intervall zwischen zwei Oszillatoren derselben Frequenz beträgt also exakt . Dies ist auch die kleinste Energie-Menge, sog. Quantum/Quant, die ein Oszillator absorbieren oder emittieren kann.

Wir werden später verstehen, warum die Formel    die "Grundgleichung der Quantentheorie" genannt wird.

Die Quantelung oder Quantisierung der Energie ermöglichte Max Planck die Anpassung der Spektralverteilungsfunktion an die experimentellen Daten. Der Wert der Proportionalitätskonstante h musste dabei so gewählt werden, dass die angepasste Funktion alle realen Spektralverteilungen wiedergibt.
Die aus dem klassischen Blickwinkel einwandfreie Formel Uvib= kT wurde von Planck korrigiert. Er setzte für die mittlere Schwingungsenergie eines Oszillators des schwarzen Körpers folgenden Ausdruck:

(1.6)

Wie bei vielen Naturgesetzen taucht auch hier eine Exponentialfunktion auf. Nach Einsetzen dieses neuen Ausdrucks für die Schwingungsenergie in die Gleichung (1.3) erhalten wir

Plancksche Strahlungformel

(1.7)

Diese Formel gibt die experimentell ermittelte Spektralverteilung eines schwarzen Körpers richtig wieder. Bei kleinen Frequenzen (großen Wellenlängen) geht die Plancksche Funktion in die Rayleigh-Jeans-Funktion über. Denn mit der Reihenentwicklung der Exponentialfunktion:

können wir für sehr kleine Frequenzen alle Summanden nach /kT vernachlässigen, so dass:

Wir setzen dieses Ergebnis in die Formel der mittleren Energie Uvib nach Planck (1.6) und erhalten unsere frühere Formel aus der klassischen Thermodynamik (1.3):


und damit auch das Rayleigh-Jeans-Gesetz.

Wie können wir den Misserfolg der klassischen Denkweise und den Erfolg der Planckschen Hypothese erklären ?

Nach der klassischen Physik wird die Energie in gleichen Portionen auf Oszillatoren aller Frequenzen verteilt, d. h., die Elektronen eines schwarzen Körpers sind zu Schwingungen aller Frequenzen angeregt, auch zu den höchsten Frequenzen. Die Strahlung dieser hochfrequenten Oszillatoren führt zur Ultraviolett-Katastrophe.
Nach Planck können die Oszillatoren allerdings nur dann angeregt werden, wenn sie einen Energiebetrag von erhalten. Je mehr Energie zugeführt wird, desto mehr Elektronen können zu hohen Frequenzen angeregt werden. Das bedeutet, dass die hochfrequenten Oszillatoren nicht angeregt werden, weil die Wände für sie nicht genügend Wärmeenergie liefern können. Um ein Elektron z. B. zum Abstrahlen von UV-Licht anzuregen, was entspricht, ist nach Planck eine Energie von    nötig. Damit wir die zugehörige Temperatur des schwarzen Körpers ermitteln können, müssen wir die Gleichung (1.6) (die Schwingungsenergie nach Planck) nach T auflösen. Wir setzen Uvib mit der notwendigen Energie gleich und erhalten:

Erst ab T=159500 K wird also ein schwarzer Körper UV-Licht abstrahlen, falls bei so einer hohen Temperatur noch vom ursprünglichen (nicht geschmolzenen oder chemisch umgewandelten) schwarzen Körper gesprochen werden kann!

Planck hat im Jahre 1900 seine Strahlungsformel mit Mitteln der statistischer Thermodynamik hergeleitet. Eine einfachere Ableitung der Planckschen Formel wurde 1917 von Einstein vorgeschlagen. Einsteins benutzte dabei die 1905 von ihm aufgestellte Photonenhypothese. Seine Herleitung stellt ein interessantes Beispiel für die Verbindung von Optik, Thermodynamik und Statistik dar.