Zu einem „kaiserlichen Ereignis“ begrüßte Universitätspräsident Professor Karl Joachim Ebeling das hochkarätige Publikum, das sich Anfang Februar beim SALVE- Festkolloquium an der Uni Ulm eingefunden hatte. Anlass war die Bewilligung der zweiten Förderphase des SALVE-Projekts (Sub-Angstrom Low Voltage Electron Microscopy) von Professorin Ute Kaiser durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK). Ziel des Kooperationsprojekts, in dem die Universität Ulm mit der Carl Zeiss NTS und der CEOS GmbH sowie mit Wissenschaftlern verschiedener Forschungseinrichtungen zusammenarbeitet, ist die Entwicklung eines hochauflösenden Niederspannungs-Transmissionselektronenmikroskops. Dieses Mikroskop soll bei einer Spannung von unter 80 und bestenfalls 20 Kilovolt Atome in strahlenempfindlichen Materialien abbilden, die von bisher gängigen Geräten (ca. 80-300 kV) beschädigt werden. „Das Festkolloquium markiert das Ende der zweijährigen Machbarkeitsstudie. In SALVE II verfolgen wir konsequent das Ziel, Komponenten für unser Niedrigspannungsmikroskop fertig zu stellen und Farb- sowie Öffnungsfehler zu beheben. Aufgabe der Universität Ulm wird vor allem die Entwicklung eines optimalen Mikroskopraums sein, selbstverständlich neben der weiteren Erforschung der Anwendungen und des theoretischen Verständnisses der Niederspannungsmikroskopie“, erklärte die Gastgeberin, Ute Kaiser. Den Fortschritt des Projekts verdeutlichte eine an die Wand projizierte Zimmerflucht aus Goethes Wohnhaus mit der berühmten SALVE-Fußmatte: „Der erste Raum ist durchschritten“, freute sich die Physikerin und zählte Publikationen in renommierten Fachzeitschriften auf, die im Rahmen des Projekts erschienen sind, darunter in Nature Materials und Nature Chemistry. Über die Abbildung der kristallographischen Struktur von strahlempfindlichen Objekten hinaus habe SALVE bereits jetzt zur Aufklärung ihrer elektronischen Struktur neue Erkenntnisse gebracht.
Zuvor hatte Universitätspräsident Ebeling die hervorragende Entwicklung des Projekts nachgezeichnet: „Anfangs waren einige Physiker skeptisch, ob SALVE nicht eher ein Projekt für Ingenieure ist. Diese kritischen Stimmen sind jedoch schnell verstummt und heute ist das Projekt Keimzelle des Exzellenzantrags Integrierte Quantenwissenschaft und –technologie.“ Auch Dr. Peter Fruhstorfer von der Carl Zeiss AG lobte die exzellente Arbeit der Ulmer Wissenschaftler und unterstrich die Wichtigkeit von Kooperationen zwischen Universitäten und Industrie. Weiterhin bezeichnete Professor Josef Zweck, Stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Elektronenmikroskopie (DGE), SALVE als „Türöffner für eine Schiene der Elektronenmikroskopie, die bereits als verloren galt und zwar die Transmissionselektronenmikroskopie in der Biologie.“ Grüße des Heidelberger Rektorats überbrachte zudem Professor Rasmus R. Schröder vom dortigen Exzellenzcluster CellNetworks.
Im Rahmen des Festkolloquiums ehrten die Forscher einen Wissenschaftler, der elementare Beiträge zur Transmissionselektronenmikroskopie geleistet hat, kürzlich mit dem renommierten WOlf-Preis ausgezeichnet wurde, als Senior-Gastprofessor an der Universität Ulm im Rahmen des SALVE Projektes tätig ist und Ute Kaiser bis heute beratend zur Seite steht: Professor Harald Rose konnte in den 1990er-Jahren die bis dato herrschende Meinung widerlegen, dass die für niedrige Spannungen wichtigen Bildkorrektoren technisch nicht realisierbar seien.
Der inzwischen längst etablierten „Aberrationskorrektur“ widmete sich Professor Maximilian Haider (CEOS GmbH), ein ehemaliger Doktorand Roses, in seinem Festvortrag. Die Aberrationskorrektur versetzt Forscher in die Lage, mit Transmissionselektronenmikroskopie Atompositionen im Pikometerbereich zu bestimmen.
Für die interdisziplinäre Ausrichtung des SALVE-Projekts standen die Ausblicke von Professorin Tanja Weil vom Ulmer Institut für Organische Chemie III und Professor Werner Tillmetz, Vorstand am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) sowie des Leibniz-Preisträger Professor Bernhard Keimer vom Stuttgarter Max-Planck-Institut für Festkörperforschung. Herr Prof. Klaus von Klitzing, Nobelpreisträger des Jahres 1985 beschloss die prominent besetzte Veranstaltung. SALVE ist insgesamt auf fünf Jahre angelegt. In der ersten Phase wurde das Projekt mit 11,3 Millionen Euro gefördert, in der zweiten Phase mit 6, 2 Millionen Euro.