Forschungsaktivitäten

Im F3 verfolgen Wissenschaftler der Universität Ulm die Vision zukünftiger automatisierter Fahrzeuge, die sich kooperativ mit anderen, auch manuell von Menschen gelenkten Fahrzeugen in einer intelligenten Verkehrsinfrastruktur bewegen, dabei höchste Sicherheit sowohl für die eigenen Insassen als auch alle anderen Verkehrsteilnehmer bieten und zur lokalen sowie globalen Verkehrseffizienz beitragen.

Das F3 bündelt die Kompetenzen der beteiligten Forscher rund um die Themen Fahrerassistenz, automatisiertes Fahren und kooperative Fahrfunktionen. Durch Anklicken erfahren Sie mehr über die einzelnen Forschungsaktivitäten.

Forschungsaktivitäten

Im Rahmen von F3 werden unterschiedliche Sensortypen und Sensoren betrachtet. Schwerpunkt liegt dabei auf der Radarsensorik. Hier werden, unter Leitung des Instituts für Mikrowellentechnik, eigene Sensoren aufgebaut, die in ihrer Leistungsfähigkeit wesentlich über den heute typisch verwendeten Sensoren liegen. Damit ist es möglich, Ausblicke auf zukünftige Sensorgenerationen zu geben. Der Fokus der Arbeiten liegt auf der Sensor-Systemebene, d.h. vollständige Hardware-Systeme mit der dazugehörigen Signalverarbeitung werden entwickelt. In aktuellen Projekten werden neue Modulationsverfahren, neue Antennenkonzepte, SAR-Verfahren und MIMO-Architekturen betrachtet. Die Versuchsträger, die in F3 genutzt werden, sind mit allen wesentlichen Sensortypen wie Stereovideo, Monovideo, Laserscanner und Radar (front/rear) ausgestattet.

Die maschinelle Wahrnehmung der Fahrumgebung ist ein Querschnittsthema der ingenieurwissenschaftlichen Institute Mikrowellentechnik und Mess-, Regel- und Mikrotechnik. Sie erfolgt durch verschiedene am Fahrzeug verbaute Sensoren wie Kameras (Stereo- oder Mono-Kameras), Radarsensoren, Ultraschallsensoren oder auch Lidarsensoren. Alle diese Sensoren besitzen spezifische Vor- und Nachteile hinsichtlich ihrer Messeigenschaften und werden daher kombiniert. Man spricht von einer Informationsfusion. Ziel der Umgebungserfassung ist ein  dynamisches Fahrzeug-Umfeld-Modell, welches andere Verkehrsteilnehmer und deren Zustand repräsentiert und zur weiteren Verarbeitung zur Verfügung gestellt wird. Ferner sollten relevante Infrastruktureinrichtungen wie Verkehrsschilder und Lichtsignalanlagen, aber auch strukturierende Elemente wie Verkehrsinseln, Bordsteine sowie Fahrbahnmarkierungen oder Fußgängerüberwege enthalten sein. Die sich daraus ergebenden Forschungsthemen umfassen unter anderem die Sensordatenverarbeitung zur Detektion und Klassifikation von Objekten sowie neuartige Tracking- und Fusionsverfahren für eine genauere Erfassung der Umgebung in komplexen städtischen Szenarien.

Aufbauend auf dem Fahrzeug-Umfeld-Modell aus der Umgebungserfassung werden am Institut für Mess-, Regel- und Mikrotechnik neue Algorithmen zur Realisierung von automatischen Fahrfunktionen entwickelt. Diese beinhalten Methoden für die Situationserkennung aus den Beziehungen aller Einzelkomponenten des Fahrzeug-Umfeld-Modells, für die Berechnung eines maschinellen Szenenverständnisses aus deren Abhängigkeiten sowie für die Situationsprädiktion. Darauf aufbauend werden Algorithmen für eine übergeordnete Handlungsplanung zur Vorgabe des Fahrzeugverhaltens und Strategien für die Trajektorienplanung unter Berücksichtigung von Komfort und Sicherheit untersucht. Durch das Zusammenwirken dieser Module wird die Fähigkeit erreicht, auf Aktionen und Reaktionen anderer Verkehrsteilnehmer zu reagieren. Im Rahmen des F3 steht ein automatisiertes Demonstrator-Fahrzeug mit Zulassung für den öffentlichen Verkehr zur Verfügung, das autonom eine Referenzstrecke absolvieren kann.

Der Forschungsbereich der Fahrzeug-Fahrzeug-Kommunikation beschäftigt sich unter anderem mit der Frage, wie sich durch die Vernetzung von Fahrzeugen untereinander und mit der Verkehrsinfrastruktur Anwendungen entwickeln lassen, welche das Fahren sicherer, den Verkehr effizienter und unsere Mobilität umweltfreundlicher machen. Ein Beispiel ist die Erfassung und Verteilung von Informationen über einen Stau auf den angrenzenden Straßen. Dabei ergeben sich eine Vielzahl von Fragestellungen zu Skalierbarkeit, Zuverlässigkeit, und Servicequalität der Kommunikationsprotokolle die schwerpunktlich am Institut für Verteilte Systeme bearbeitet werden. Darüber hinaus stellt die Fahrzeug-Fahrzeug-Kommunikation einerseits neuartige Anforderungen an die Benutzerintegration, stellt aber anderseits auch neue Möglichkeiten und Informationen zur Verfügung, welche am Institut für Medieninformatik erforscht werden.

Das intelligente Fahrzeug erfasst und verarbeitet zunehmend mehr Daten, immer mehr Fahrfunktionen hängen vom korrekten Funktionieren der Fahrzeugelektronik und -software ab. Gleichzeitig gibt es Befürchtungen, die Datensammlung könnte am Ende zum gläsernen Autofahrer führen. Immer mehr Kommunikationsschnittstellen können gegebenenfalls auch als Einfallstor für böswillige Hacker dienen. Forschungen an den Instituten für Verteilte Systeme und Medieninformatik verfolgen daher das Ziel, die Sicherheit und den Datenschutz im und rund um das Automobil zu erhöhen. So haben wir beispielsweise gezeigt, wie sich personalisierte Telematikdienste mit Hilfe sogenannter Privacy-Enhancing-Technologies (PETs) in privacy-freundlicher Weise erbringen lassen.

Die zunehmende Automatisierung von Fahrfunktionen erfordert innovative Konzepte der Interaktion zwischen Fahrer und Fahrzeug. Die Zusammenarbeit zwischen Ingenieurwissenschaften, Informatik und Psychologie in F3 ermöglicht die entsprechende Entwicklung und Erprobung solcher Konzepte. Das Institut für Medieninformatik und die Abteilungen für Allgemeine Psychologie und Human Factors entwickeln zusammen sowohl psychologisch fundierte als auch innovative Bedienkonzepte, die die Interaktion zwischen Fahrer und Fahrzeug als Kooperation intelligenter Agenten realisieren und dadurch Sicherheit, Effizienz und Komfort optimieren. Auf der Grundlage von Forschung zu Fragen der Angewandten Wahrnehmungspsychologie und Human Factors im Bereich der Mensch-Technik Interaktion (z.B. zur Wahrnehmung und Objekterkennung außerhalb des Fokus, zum Verstehen dynamischer Situationen), werden menschenzentrierte kooperative Fahrer-Fahrzeug-Interaktionsstrategien und konkrete modellbasierte Visualisierungs- und Bedienkonzepte entwickelt. Durch diese fruchtbare interdisziplinäre Zusammenarbeit entstehen innovative Konzepte hochautonomer Fahrassistenz mit zugehörigen multimodalen und flexiblen Bedienschnittstellen, die das Verhalten des Fahrzeugs verstehbar und vorhersehbar machen.

Die Untersuchung der kognitionspsychologischen Grundlagen des Fahrerverhaltens steht im F3-Themenbereich Verkehrspsychologie im Mittelpunkt der Arbeiten der psychologischen Projektpartner. In der Abteilung Human Factors werden insbesondere die Prozesse, die am Aufbau und der Aufrechterhaltung einer kohärenten und konsistenten mentalen Repräsentation der Verkehrssituation beteiligt sind, betrachtet. Dies umfasst zum Beispiel Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Entscheidungsverhalten, Multi-Tasking oder Handlungsauswahl und deren Störungen z.B., durch Ablenkung oder Unterbrechung. In der Abteilung Allgemeine Psychologie werden Wirkungen von Ablenkungen unterschiedlichster Art untersucht; beispielsweise mit Hilfe psychophysischer Experimente zu räumlichen und zeitlichen Interaktionen bei der Wahrnehmung. Zudem werden mittels Blickbewegungsregistrierungen Veränderungen des visuellen Apparates (der Adjustierung des Fokus wie auch der Anpassung der Pupillengröße) und deren Rückwirkungen auf perzeptive Prozesse beim Fahren erforscht.

Das Ziel ist einerseits zur Theoriebildung im Bereich der Verkehrspsychologie beizutragen. Andererseits fließen diese Erkenntnisse in einer den menschlichen Fähigkeiten und Begrenzungen angemessenen Gestaltung der Interaktion zwischen Fahrer und Fahrzeug ein.