Kritiken zum Konzert am 08.07.2012

Südwestpresse online vom 10.07.2012:

"Ich will euch trösten"

Universitätschor im Haus der Begegnung

Ein Semesterabschluss mit einer "Sehnsucht nach Frieden und Geborgenheit": Der Ulmer Universitätschor konzertierte im Haus der Begegnung.

"Unser täglich Brot gib uns heute. Brot, gib uns Brot!" Kraftvoll, dynamisch, ja beschwörend brachte der Ulmer Universitätschor diesen christlich-sozialen "Schrei nach Brot" zum Ausdruck. Das geistliche Werk "Vater unser" des tschechischen Komponisten Leos Janacek eröffnete eindringlich das Semesterkonzert "Sehnsucht nach Frieden und Geborgenheit". Unter dem Dirigat von Universitätsmusikdirektor Albrecht Haupt erwachten Janaceks kleine musikalische Motivzellen im Wechsel von rhythmischen Mustern und melodischen Facetten zum Leben. Unterstützt wurde der Chor dabei von dem ausdrucksstarken Tenor Burkhard Solle und den lyrischen Passagen mit Harfe und Klavier, einfühlsam umgesetzt von Evamaria Bredl und Conrad Schütze.

Nach dieser besonderen Mischung aus Archaik und intensiv leuchtender Melodik zog ein Ausdruck von Innigkeit und Trost ins Haus der Begegnung ein. "Wie lieblich sind Deine Wohnungen, Herr Zebaoth" und die zusammengefügten Bibelstellen "Ihr habt nun Traurigkeit", "Ich will euch trösten" und "Sehet mich an" aus Johannes Brahms Totenmusik "Ein deutsches Requiem" (in der Klavierfassung) schlossen sich an, dirigiert von Haupt-Sohn Manuel Sebastian. Katarzyna Jagiello zog die Zuschauer mit ihrer reinen, warmen Sopranstimme in den Bann. Die Sänger vermittelten die Sehnsucht nach Geborgenheit auf berührende Weise, in der das allumfassende Grundthema des Brahms"schen Requiems "Erlösung den Toten, Trost den Trauernden" eine würdige Umsetzung fand.

Der letzte große Part unter den drei für diesen Konzertabend ausgewählten Komponisten des 19. Jahrhunderts stand Beethoven zu. Verschiedentlich sind Beethovens Kompositionen mit politischen Ereignissen verknüpft, und so ist sein Auftragswerk "Der glorreiche Augenblick" anlässlich des Wiener Kongresses 1814 entstanden. Neben Katarzyna Jagiello und Burkhard Solle überzeugten Bass Yeun-Ku Chu und Mezzosopranistin Kinga Dobay in ihren Solo-Partien sowie Hannes Kalbrecht am Klavier. Ergänzt wurde der Universitätschor bei diesem Programmteil zusätzlich von den St.-Georgs-Chorknaben: "Es treten hervor die Kinder, die frommen, Herz, Himmel und Freiheit mit Blumengewinden zusammen zu binden." Mit den abschließenden Chorzeilen "Fried" und Freiheit dir und Glück, Welt aus diesem höchsten Augenblick" und langanhaltendem Applaus endete ein sehnsuchtsvoll-nachdenklicher Konzertabend.

 


 

Neu-Ulmer Zeitung vom 10.07.2012

Ein Geiger als Tenor

Ulmer Universitätschor überzeugt im Haus der Begegnung Von Dagmar Hub

Eindrucksvolle Klangbilder gelangen dem Unichor unter der Leitung von Vater und Sohn Haupt im Haus der Begegnung.
Dagmar Hub

Ulm Seiner Leidenschaft, selten Gehörtes aufzuführen, ging UMD Albrecht Haupt beim Semesterkonzert des Universitätschors im Haus der Begegnung nach: Er hatte mit dem 130-köpfigen Chor, den er seit dessen Gründung vor 35 Jahren leitet, das „Vater unser“ seines Lieblingskomponisten Leos Janácek und Ludwig van Beethovens zum Wiener Kongress 1814 entstandenes „Der glorreiche Augenblick“ – mit dem Nachkriegstext des Berliner Komponisten Hermann Scherchen – einstudiert. Dazu leitete sein Sohn Manuel Haupt den Uni-Chor in der Aufführung von zwei Sätzen aus Johannes Brahms’ Deutschem Requiem.

Große Überraschung des Abends: Als Tenor-Solist hatte Albrecht Haupt den stellvertretenden Konzertmeister des Theaters Ulm, Burkhard Solle, engagiert. Der Geiger war zwar zuvor auch in Theaterproduktionen schon als Sänger zu hören; als Janacek-Solist und als „Genius“ in Beethovens Wiener Kongress-Auftragswerk brillierte Solle aber neben den Musiktheater-Solistinnen Katarzyna Jagiello und Kinga Dobay.

Im Wechsel mit dem Uni-Chor gelang Solle ein indrucksvoll-anrührendes Klangbild von Janaceks „Vater unser“-Interpretation aus dem Jahr 1901, in der vor allem der Schrei nach Brot vordringlich ist.

Frauenstimmen haben die Oberhand

Dem Chor selbst wäre es zu wünschen, dass er neben den vielen sehr guten Frauenstimmen mehr stimmkräftige Tenöre hätte. Eine großartige Aufführung gelang auch in Beethovens „Der glorreiche Augenblick“, komponiert zum und uraufgeführt beim Wiener Kongress 1814 mit dem friedens- und freiheitssehnsüchtigen Text von Hermann Scherchen.

Als allegorische Figuren Friede, Prophetin und Genius waren hier Katarzyna Jagiello, Kinga Dobay und Burkhard Solle zu hören, Bass Yeun-Ku Chu sang die Partie des Herolds. Eine reizvolle Idee zum Ende war der Einsatz der St.-Georgs-Chorknaben als Chor der unschuldigen Kinder. Unter Manuel Haupts Dirigat sang sich Jagiello in Teilen des Deutschen Requiems zusammen mit dem Unichor in die Herzen des Publikums, das am Ende alle Akteure begeistert feierte.

Semesterkonzert

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