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Berliner Gesundheitspreis für Ulmer Adherence-Projekt
Arzt-Patient-Beziehung wichtig für erfolgreiche Behandlung

Universität Ulm

Eine Arbeitsgruppe der Ulmer Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie ist am Montag beim „Berliner Gesundheitspreis 2008“ mit einem Anerkennungspreis ausgezeichnet worden. Die Ulmer Wissenschaftler erhielten die seit 1995 im zweijährigen Turnus verliehene  Auszeichnung für ihr Konzept zur Verbesserung der Adherence bei Patienten, diesmal das zentrale Thema des bundesweiten Wettbewerbs. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt übergab den unter anderem vom AOK-Bundesverband verliehenen Preis an Professor Harald Traue.

Einhalten vereinbarter Therapieziele
„Eine gute Kommunikation zwischen Arzt und Patient ist Voraussetzung für gute Adherence“, sagt Dr. Lucia Jerg-Bretzke, die das Curriculum zusammen mit Privatdozent Dr. Vladimir Hrabal, Professor Jörn von Wietersheim und Traue entwickelt hat. Deshalb sei es richtig, dass der bislang vielfach unbekannte Begriff Adherence zunehmend in den Blickpunkt des Gesundheitssystems rücke. Das Einhalten der gemeinsam von Arzt und Patient vereinbarten Therapieziele beispielsweise im Zusammenhang mit der vorgegebenen Medikamenteneinnahme. Und wichtig für eine gute und professionell gestaltete Kommunikation als Basis einer qualifizierten ärztlichen Versorgung sei die richtige Einschätzung und Kenntnis des Patienten durch den Arzt, betont die Wissenschaftlerin.

„Jeder Arzt weiß, dass es ganz unterschiedliche Patienten gibt“, so Jerg-Bretzke, „aber das allein reicht nicht“. Vielmehr sei die Patiententypologie ein wichtiger Faktor für den optimalen Umgang mit den Kranken. Ihre Einstellung zum Medizinsystem und den Ärzten vor allem. Ist sie positiv oder negativ? Wie hoch sind die Erwartungen? Haben sie Angst vor der medizinischen Behandlung? „Wir haben dazu einen Leitfaden entwickelt, außerdem einen Patientenfragebogen für die klinische Praxis, um die Interaktion mit unterschiedlichen Patiententypen  zu optimieren“, berichtet Dr. Lucia Jerg-Bretzke, gestützt übrigens auf langjährige Forschungsergebnisse der Ulmer Medizinpsychologen auf diesem Gebiet.

Weiterentwicklung der Medizinerausbildung
Ebenso wie das Curriculum Ärztliche Gesprächsführung und Sozialkompetenz, ein ganz wichtiges Element des integrierten Gesamtkonzepts zur Verbesserung der Arzt-Patient-Beziehung. „Wir haben schon früh verstärkt festgestellt, dass hier große Defizite in der Medizinerausbildung bestehen“, erklärt die Wissenschaftlerin. Für sie allerdings keine Überraschung. Schließlich sei das Studium naturwissenschaftlich orientiert, mit wenig Raum für sozialwissenschaftliche Ansätze. Dabei sei für die Patientenkommunikation neben der Patiententypologie auch die Selbstanalyse des Arztes wichtig und wertvoll.

„Um diese Kenntnisse zu vermitteln und ihre Anwendung einzuüben, haben wir für das Medizinstudium einen neuen, inhaltlich wie didaktisch innovativen Kurs entwickelt“, berichtet Jerg-Bretzke. Mit interaktiven Tests zur Emotionserkennung, Video-Analysen, Rollenspielen, Simulationspatienten und sogar einer realitätsnah eingerichteten „Hausarztpraxis“, Wartezimmer inklusive und acht Minuten Zeit für das Gespräch, eine Diagnose und den Behandlungsplan. Nicht zu vergessen das anschließende Feedback durch die vorab geschulten „Patienten“. Bemerkenswert ferner: „Wir setzen im gesamten Curriculum auf frühzeitiges Lernen, abgestimmt auf aufeinander aufbauende Lernziele und zwar vom ersten Semester bis zum Ende des Studiums.“ Es gebe bisher nur wenige Universitäten, die das mit ihren Studenten so intensiv trainieren, wundert sich Dr. Lucia Jerg-Bretzke. Sie und ihre Kollegen wollen dagegen auf diesem Gebiet weiter forschen, längerfristig auch zu Facharztpraxen,  und überdies ein multimediales Lehrbuch mit interaktiven Filmen entwickeln. „Im Moment fehlen uns dazu noch die Mittel“, bedauert die Ulmer Wissenschaftlerin, „aber mit unserem Erfolg bei diesem Wettbewerb hoffen wir natürlich auf Unterstützung“.

Weitere Informationen: Frau Dr. Lucia Jerg-Bretzke, Tel. 0731/500-61911