Die Humboldt-Professur

Die Humboldt-Professur, die zunächst mit einer großzügigen finanziellen Zuwendung von Unternehmern der Stadt und der Region eingerichtet werden konnte, wird an prominente Wissenschaftler und Gelehrte vergeben. Sie wurde 1997 in den Landeshaushalt übernommen. Neben den Ulmer Denkanstößen bildet die Humboldt-Professur die Brücke zwischen Universität und Stadt. Ihre Inhaber behandeln jeweils an zwei Tagen aktuelle Themen zur geistigen Situation unserer Zeit in den ”Stadthaus-Vorträgen” vor städtischem Publikum und vor geladenen Gästen im ”Philosophischen Salon”.

Hier sind die ehemaligen Humboldt-Professuren aufgelistet.

Wintersemester 2021/22: Heinrich Detering

Humboldt-Professor Heinrich Detering: Dichter und Denker, Poet und Wissenschaftler Heinrich Detering gilt als einer der einflussreichsten deutschen Literaturwissenschaftler, er ist aber auch namhafter Übersetzer, renommierter Literaturkritiker und Lyriker, also: Dichter und Denker, Poet und Wissenschaftler gleichermaßen.

Seit 2005 ist er Ordinarius für Neuere Deutsche und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Göttingen. Seine Arbeitsschwerpunkte umfassen Bücher über Goethe, Nietzsche, Storm, Thomas Mann und Bertold Brecht. Er beschäftigt sich aber auch mit Hans Christian Andersen, dem dänischen Dichter und Märchenerzähler und dem Songpoeten und Nobelpreisträger Bob Dylan, dessen Werk er in mehreren Büchern kenntnisreich gewürdigt und übersetzt hat. Sein besonderes Interesse gilt den Beziehungen zwischen Literatur und Ökologie, „Der Entdeckung der Ökologie in der Literatur von Haller bis Humboldt“ widmet sich sein Buch „Menschen im Weltgarten“ (2020), für das er soeben den Gleim-Literaturpreis erhalten hat. Die große Spannweite seiner Werke wird ergänzt durch Grenzgänge zur Theologie und Religionsgeschichte.

Detering leitet die Arbeitsstellen zu Thomas Mann, Siegfried Lenz und Günter Grass in Göttingen und ist Mitherausgeber der großen kommentierten Frankfurter Ausgabe der Werke, Briefe und Tagebücher von Thomas Mann. 2011-17 war er Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Er ist Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften, der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz und der Dänischen Akademie der Wissenschaften.

Er hat zahlreichen internationale Gastprofessuren und Poetikdozenturen inne und wurde mit wissenschaftlichen und literarischen Preisen ausgezeichnet. Genannt sei hier der mit 2.5 Millionen dotierte höchste und angesehenste Preis der Wissenschaften, der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Detering im Jahr 2009 in Berlin verliehen wurde.

Für seine Gedichte, Essays und Übersetzungen wurde er 2003 mit dem Julius-Campe-Preis und 2012 mit dem Hans-Christian Andersen-Preis ausgezeichnet. 2008 war er Ehrengast der Villa Massimo (Rom), 2018 Fellow im Thomas Mann Haus in Pacific Palisades. 2013 wurde er von der dänischen Königin Margarete II. zum Ritter des Dannebrog-Ordens ernannt.

Faust und das Meer: Eine ökologische Lektüre von Goethes Drama

Der makabre Tod ereilt Goethes Faust bekanntlich bei seinem großangelegten Versuch einer Landgewinnung aus dem Meer. Erstaunlicherweise scheint es in der Faust-Forschung bislang keine Rolle gespielt zu haben, dass dieses Meer ja bereits in der Klassischen Walpurgisnacht als Schauplatz eines wilden, produktiven Lebensursprungs gezeigt worden ist. Fausts Landnahme- ist also zuerst ein (überdies vergebliches) Meeresverdrängungsprojekt. Gelesen im Kontext von Goethes späten Texten zur heraufziehenden Industriellen Revolution, erscheint der Faust-Schluss als scharfblickende Kritik einer gewaltsamen anthropogenen Zerstörung der Lebensgrundlagen.

[zum Vortrag - 04.11.2021]

 

Der Soundtrack der Wildnis: Alexander von Humboldts Nacht im Urwald

Als wohl eindrucksvollster Text in Alexander von Humboldts Ansichten der Natur entwirft der Bericht Das nächtliche Thierleben im Urwalde das akustische Panorama einer komplexen ökologischen Lebensgemeinschaft, zu der auch der Berichtende selbst gehört. Ökologisches Wissen und Empathie, ästhetisches Entzücken und kritische Reflexion verbinden sich zum exemplarischen Text eines Nature Writing, das noch immer neue Wahrnehmungsmöglichkeiten eröffnet – und Wege in eine sensiblere Form des Lebens in und mit der Natur

Die Laudatio hält der Sprecher des HSZ, Prof. Dr. Joachim Ankerhold.

Ein Interview mit Heinrich Detering in der Südwest Presse vom 03. November 2021 ist hier zu finden.