Vorurteile zum E-Learning (Teil 6): Statt in eine Lernplattform lieber in zusätzliche Lehrkräfte investieren?

Ulm University

Und weiter geht die Gastbeitragsreihe zu E-Learning Vorurteilen unserer Kollegen aus Hall mit einem weiteren spannenden Thema: Wäre es der Lehre nicht wesentlich zuträglicher, wenn statt in eine Lernplattform - bei uns in Ulm also Moodle - in zusätzliche Lehrkräfte investiert würde? Warum das keine Lösung und weshalb die Arbeit der Rechenzentren so wertvoll ist - ein Dank ans kiz! -, argumentiert Michael Gerth in diesem Beitrag überzeugend.

Was aus Sicht eines einzelnen Studiengang oder eines kleineren Instituts durchaus nachvollziehbar ist, verliert im Maßstab einer Universität mit mehr als 1000 Lehrenden seine Schlagkraft. Im Gegenteil: Wenn die potentielle, zentrale Unterstützung aller Lehrenden wegfällt, wären deutlich mehr Lehrende und Studierende betroffen, als im umgekehrten Fall profitieren könnten.
Man muss sich nur einmal vorstellen, was es für die Arbeit einer Universität bedeutet, wenn z.B. plötzlich das Internet nicht mehr „aus der Wand“ kommt. Was heute oft als selbstverständlich vorausgesetzt wird, erfordert in Wirklichkeit jede Menge Aufwand, der aber kaum sichtbar ist. Dies geht im Grunde allen Dienstleistungen so, deren Inanspruchnahme nicht mit einer direkten Rechnung verbunden ist. Es gilt für Softwaredienste, Beratungs- und Unterstützungsleistungen oder eben auch für eine Supportstruktur, die man gegenwärtig vielleicht nur selten in Anspruch nimmt und daher grundsätzlich für verzichtbar hält. Vieles ist aber heute (allein technisch) nicht mehr aus eigener Kraft zu leisten, was gerade zu Semesterstart regelmäßig überraschend festgestellt wird. Selbst eine Lernplattform funktioniert nicht von alleine, zumindest nicht lange.
Ohne leistungsfähige Infrastruktur für Technik, Support und Beratung sind heute Lehre, Studium und Forschung kaum möglich, auch wenn diese Bedeutung im Alltag oft aus dem Blick gerät. Im Kern sind es Basisleistungen einer Universität mit Einfluss auf sämtliche Outputs. Nicht von ungefähr heißt es z.B. im kürzlich vom Senat der Universität [Halle, Anm. des ZEL] verabschiedeten „Opens external link in new windowMultimedia-Leitbild“: „Dem multimedialen Lehren und Lernen wird (..) eine strategische Bedeutung zugestanden, als Voraussetzung für nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit gesehen und von der Universität aktiv gefördert. Die dafür notwendigen Medienkompetenzen bei Lehrenden und Studierenden, kooperative und fächerübergreifende Forschungsvorhaben sowie angemessene zentrale Services werden in einem Gesamtprozess kontinuierlich entwickelt. Die Bereitstellung der entsprechenden technischen Infrastruktur ermöglicht eine nachhaltige Umsetzung dieser Strategie.“

Zusammengefasst: Die Abschaffung zentraler Dienste für die Lehrunterstützung führt insgesamt nur zu einem geringen Spareffekt. Was dem Einzelnen verzichtbar erscheint, hätte negative Auswirkungen für alle. Basisdienste wie der Einsatz einer Lernplattform, von Vorlesungsaufzeichnungen und Online-Prüfungen sowie die Information und Beratung der Lehrenden sind heute selbstverständlicher Service einer Hochschule. Und ja, das ist nicht kostenlos zu haben.


Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Opens external link in new windowBlog des LLZ Halle. Wir danken den Kollegen aus Halle für die freundliche Genehmigung, die spannenden Beiträge der Vorurteile-Reihe auch bei uns veröffentlichen zu dürfen!