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Mikroschalter und Sensoren auf Diamantbasis:
Ulmer Winzlinge sollen Weltmarkt erobern – Erneute Ausgründung geplant

Universität Ulm

Die Promotion so gut wie abgeschlossen, die Doktorhüte hängen schon bereit. Reif für eine erfolgreiche Vermarktung sind indes auch die Produkte, die Joachim Kusterer und Michele Dipalo im Rahmen ihrer Dissertation entwickelt haben: Mikromechanische Schalter und Sensoren, für die sie weltweit keine vergleichbaren Alternativen kennen. „Derzeit bemühen wir uns um eine Förderung durch ein Existenzgründungsprogramm“, berichten die Nachwuchswissenschaftler im Institut für elektronische Bauelemente und Schaltungen der Universität Ulm. Ihr Plan für die Ausgründung sei schlüssig, sind Kusterer und Dipalo überzeugt, die bei Messen und internationalen Konferenzen bereits für ihre Neuentwicklungen werben. So in etwa müssen sich seinerzeit die Initiatoren der Wissenschaftsstadt die Verwertung von Forschungsergebnissen vorgestellt haben.

Nicht mehr in Fernost oder sonst wo auf der Welt sollten demnach die hier kreierten Erfindungen produziert und vermarktet werden, sondern vor Ort, in Sichtweite der akademischen Nachwuchsschmiede. Einige Ulmer Wissenschaftler haben dies schon vor dem jüngsten Gründer-Duo mit Erfolg realisiert. Allein für ihr Institut ist ihr Start-up-Unternehmen das dritte, das aus ihm hervorgeht. Kein Zufall. Gemeinsam ist ihnen nämlich synthetischer Diamant als Basistechnologie. „Bei Bauelementen auf Diamantbasis zählt unser Institut zu den weltweit führenden Einrichtungen“, betont Joachim Kusterer, 35, der an der Uni Ulm Elektrotechnik studiert und vor zweieinhalb Jahren auf der europäischen Diamant-Konferenz im portugiesischen Estoril einen Nachwuchspreis erhalten hat. Und nicht zuletzt deswegen kam im Oktober 2005 sein italienischer Kollege Michele Dipalo, 28, nach Ulm, unmittelbar nach seinem Masterabschluss in Turin übrigens. Er war im Vorjahr bei der europäischen Diamant-Konferenz für den besten Vortrag ausgezeichnet worden.

Für Professor Erhard Kohn, den Direktor des Instituts, verbindet sich mit der geplanten Ausgründung („eine wirklich außergewöhnliche“) noch ein weiterer Aspekt: „Hier haben sich zwei Doktoranden aus unterschiedlichen Ländern zusammengefunden, um gemeinsam ein nicht unbeträchtliches Wagnis einzugehen. Das zeigt deutlich, dass Technologie keine Grenzen kennt und ist ein hervorragendes Beispiel für ein zusammenwachsendes Europa.“

Seine beiden Doktoranden versprechen sich, auch gestützt auf fundierte Marktanalysen, beste Absatzchancen für die Produkte, auf die sie sich mit ihrer Ausgründung in der ersten Phase konzentrieren wollen: Einen mechanischen Mikroschalter für Hochfrequenzanwendungen und einen chemischen Mikrosensor, der sich für Analysen in aggressiven Umgebungen eignet. „In beiden Fällen sind die Einsatzmöglichkeiten vielfältig“, sagt Dipalo, Experte für den Mikrosensor. „Überall dort, wo herkömmliche Bauelemente durch chemische Prozesse zerstört werden, eröffnen sich damit völlig neue Anwendungen“, erklärt der junge Physiker. Für die chemische Prozessüberwachung in der Halbleiterindustrie zum Beispiel, in der Lebensmittelchemie oder in der Pharmazie. Überdies biete der Mikrosensor erhebliche Vorteile in der Abwasserreinigung. „Mit ihm können organische Giftstoffe entdeckt werden“, betont Michele Dipalo, dies sei bisher mit keinem anderen Mikrosensor möglich gewesen. Einen weiteren hoch interessanten Markt sieht er für die Brauchwassergewinnung in Gebieten mit hohen Salzwasservorräten.

„Ebenfalls für den Einsatz unter Extrembedingungen konzipiert ist der Mikroschalter“, weiß Joachim Kusterer, der den mit bloßem Auge gerade noch erkennbaren Winzling entwickelt hat. „Er arbeitet absolut zuverlässig selbst bei hohen elektrischen Leistungen, in chemisch aggressiven Umgebungen oder bei mechanischem Schock.“ Bedingungen jedenfalls, unter denen Bauelemente auf Basis anderer Materialien versagten. Weit sei denn auch das Feld der potenziellen Einsatzmöglichkeiten: Satelliten- und Weltraumtechnik, Mobilfunk, Radartechnik, Ölbohrtechnik, Fahrzeug-, Schiffs- und Energietechnik zum Beispiel. Zusätzliche Vorteile des Schalters, neben der Übertragung der zehnfachen Leistung herkömmlicher Mikroschalter auf Siliziumbasis: Geringe elektrische Verluste, die minimale Größe, konstante elektrische Eigenschaften auch bei hohen Leistungen und die Langzeitstabilität.

„Natürlich haben wir bereits zahlreiche Industriekontakte“, lässt Kusterer durchblicken, nennt als potenzielle Kunden namhafte Konzerne wie EADS, Alcatel-Lucent und Bosch. Und schon bald dürfte sich die Interessentenliste verlängern. Vom 20. bis 24. April nämlich präsentieren die beiden angehenden Unternehmer ihre Entwicklungen auf der Hannover Messe.

Weitere Informationen: Dipl.-Ing. Joachim Kusterer und Michele Dipalo MSc, Tel. 0731/50-26187

Joachim Kusterer (links) und Michele Dipalo sind stolz auf die von ihnen entwickelten Mikroschalter und Sensoren: "Kennen dazu weltweit keine vergleichbaren Alternativen"
Die Demo-Version des mikromechanischen Hochleistungsschalters auf Diamantbasis: Kon
Joachim Kusterer (links) und Michele Dipalo sind stolz auf die von ihnen entwickelten Mikroschalter und Sensoren: "Kennen dazu weltweit keine vergleichbaren Alternativen"
Die Demo-Version des mikromechanischen Hochleistungsschalters auf Diamantbasis: Kon