U-Boot beim Fakultätsjubiläum

Universität Ulm

Mit dem Tauch-Roboter Gewässern auf den Grund gehen
Selbststeuerndes U-Boot von der höchstgelegenen Uni Deutschlands

So sieht das U-Boot aktuell aus... (hier mit den Konstrukturen Prof. Frank Slomka, Heiko Ehret, Patrick Weggler und Tobias Bund/v.r.)

und ungefähr so wird es in Zukunft in See stechen

Zwei Drittel der Erde ist mit Wasser bedeckt, doch der Grund vieler Seen und Meere ist für Menschen nur schwer oder überhaupt nicht zu erreichen. Wertvolle Daten, Bilder oder Proben liefert in Zukunft womöglich auch ein selbststeuerndes, unbemanntes U-Boot, das an der Uni Ulm entwickelt wird. Mit einem solchen Tauch-Roboter könnten unwegsame Karstquellen wie der Blautopf nahe Ulm erkundet werden, Schiffe oder etwa Unterwasserkabel auf Schäden untersucht oder der Meeresboden mittels Sonar kartographiert werden.

Aktuell ist das U-Boot aber noch ein „Gerüst“ am Opens external link in new windowInstitut für Eingebettete Systeme/Echtzeitsysteme. Angehende Informatiker und Ingenieure der Projektgruppe UWAVE (Underwater Autonomous Vehicle Engineers) erarbeiten die nötige Hard- und Software. Beim Tag der offenen Tür zum Fakultätsjubiläum der Ingenieurwissenschaften, Informatik und Psychologie (Freitag, 12. Juni ab 14:00 Uhr) präsentieren die Konstrukteure das aktuelle Unterwasser-Gefährt und blicken dank Modellzeichnungen in seine Zukunft.

Wenn das 80 Kilogramm schwere und 1,40 Meter lange U-Boot fertig ist, wird es zunächst rund 100 Meter tief tauchen können. Aufgrund der Dämpfung elektromagnetischer Wellen und der geringen Bandbreite akustischer Wellen im Wasser kann das Boot nicht ferngesteuert werden, sondern muss sich autonom fortbewegen. Bevor das Gefährt in See stechen kann, wird also eine „Wegbeschreibung“ in seinem Speicher hinterlegt. Bei der Fahrt kommen dann Regelstrategien zum Einsatz, die in ähnlicher Form bei autonomen Autos oder in Flugzeugen eingesetzt werden.

Herzstück des Tauchboots ist eine Rechenplattform in Verbindung mit Sensoren und Aktoren, die durch Kommunikationsnetze angebunden sind: „Dieses eingebettete System setzt sich aus mehreren frei programmierbaren Logikeinheiten, genannt FPGAs, mit integrierten ARM-Prozessoren zusammen. Die studentischen Konstrukteure haben freie Wahl, welche Funktionalitäten in die Hardware implementiert oder als Softwareaufgaben realisiert werden“, erklärt Tobias Bund, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Eingebettete Systeme/Echtzeitsysteme. Die Rechenplattform des Boots kann durch Steckkarten, die beispielsweise Regelung, Energie- oder Datenmanagement übernehmen, modular erweitert werden.

Als nächster Schritt muss das Ulmer Boot mit einer „Hülle“ versehen werden. Es gilt, das Antriebssystem und die Elektronik fertigzustellen. Außerdem planen die Konstrukteure, Kameras anzubringen, mit denen nicht nur Fischschwärme beobachtet werden können. „Theoretisch könnte man einen Tauch-Roboter auch in ein Hafenbecken werfen, damit er Schiffe nach Drogen absucht. Schmuggler verstecken ihre Ware nämlich gerne an Ansaugstutzen für Kühlwasser der großen Schiffe“, spekuliert Professor Frank Slomka, Leiter des Instituts für Eingebettete Systeme/Echtzeitsysteme.

Das ist aber noch Zukunftsmusik: In einigen Monaten soll das Boot erst einmal in einem Ulmer Schwimmbad getestet werden. Bei Erfolg würden die Technikfreunde um Heiko Ehret, Projektgruppenleiter UWAVE und Masterstudent der Informationssystemtechnik, gerne an Konstruktionswettbewerben für autonome U-Boote teilnehmen. Ein mögliches Vorbild zu Land ist das Ulmer Team Spatzenhirn, das mit seinem selbststeuernden Modellauto zwei Mal in Folge den Sieg beim „Carolo-Cup“ einfahren konnte. Tatsächlich haben die „Bootsbauer“ und die „Automechaniker“ der Universität Ulm bereits Technik ausgetauscht.

Vom Jugendtraum zum Uni-Projekt

Das Projekt „U-Boot“ hat seinen Ursprung übrigens in der Jugend von Professor Slomka. „Als Teenager habe ich ein Modell-Unterseeboot gebaut und davon geträumt, es mit dem Rechner steuern zu können. Ich war absolut fasziniert von der Entdeckung der Titanic durch den Ozeanographen und Unterwasserarchäologen Dr. Robert Ballard, der Tauch-Roboter nicht nur eingesetzt, sondern auch selbst gebaut hat“, erinnert sich der Forscher.

An der Uni Ulm sollen nun angehende Ingenieure und Informatiker eingebettete Systeme am Beispiel U-Boot verstehen. Denn das verwendete Hardware/Software-Codesign gehört zu den Lehr- und Forschungsthemen des Instituts für Eingebettete Systeme/Echtzeitsysteme. 28 Studierende haben bereits Projekt- und Abschlussarbeiten rund um das Boot geschrieben.

Inzwischen hat Slomka über den ehemaligen Ballard-Mitarbeiter und Experten für Tauch-Roboter, Professor David Mindell (MIT, 2013: Gastreferent an der Uni Ulm), sogar Kontakt zum „Aurora Flight Sciences Engineering Research Center“ in Massachusetts (USA), wo autonome U-Boote unter anderem als Sonarplattformen eingesetzt werden. Und so könnte Wissen von der mit 620 Metern höchstgelegenen Universität Deutschlands früher als gedacht weit unter dem Meeresspiegel eingesetzt werden.

Opens internal link in current windowProgramm „Tag der offenen Tür“