Forschung

Interozeption
Hauptforschungsschwerpunkt der Abteilung Klinische & Gesundheitspsychologie bildet das Konstrukt der Interozeption. Diese beschreibt die Wahrnehmung und Verarbeitung körperinterner Signale wie beispielsweise des Herzschlags, der Atmung und der Perzeption von Hunger, Sättigung und Durst. Bisherige Forschungsarbeiten belegen, dass Interozeption eine Schlüsselinformation darstellt und im Zusammenhang mit Emotionen, Kognitionen sowie selbstregulativen Prozessen steht. Im Rahmen dessen beschäftigt sich die Abteilung mit verschiedenen Schwerpunkten, die nachfolgend anhand der Vorstellung verschiedener Projekte kurz dargestellt werden sollen.

Erfassung von Interozeption
Ein wichtiges Forschungsziel ist die Beleuchtung verschiedener methodischer Vorgehen zur Erfassung von Interozeption. Hierzu zählen unter anderem objektive Parameter (z. B. Herzwahrnehmung, Water Load Test, gastrische Perzeption mittels Essenstisch, Atemwiderstandstests u.v.m) und subjektive Parameter. Darüber hinaus werden neuronale Grundlagen von Interozeption und deren Interaktion zu kognitiven und emotionalen Prozessen mittels Elektroenzephalographie (EEG) oder funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) erhoben.

Interozeption, klinische Störungen und Gesundheitsförderung
Interozeption und emotionale Parameter werden bei verschiedenen klinischen Populationen (u. a. Patienten mit Essstörungen wie Anorexia nervosa oder Bulimia nervosa, Angstpatienten, depressiven Patienten) grundlagenortientiert oder auch im Verlauf einer Intervention untersucht. Ein weiterer spannender Forschungsschwerpunkt ist die Veränderung von Interozeption durch stimulierende Verfahren wie Neurostimulation (TMS/tDCS) oder trankutane Vagusnervstimulation. Generelle Einflussfaktoren auf Gesundheit wie Ernährung, körperliche Aktivität und Stresserleben werden ebenfalls genauer untersucht und in Studien einbezogen.

Depression, Essstörungen, Angststörungen, chronischer Schmerz
Unsere Abteilung befasst sich auch mit potenziellen interozeptiven Mechanismen, die an der Entstehung und Aufrechterhaltung einer Vielzahl von Symptomen und klinischen Störungen beteiligt sind, darunter Depressionen, Angststörungen, Essstörungen und chronische Schmerzen, um nur einige zu nennen. Die Entschlüsselung dieser Mechanismen kann Aufschluss über neue potenzielle therapeutische Ziele für diese Störungen geben.
Im Bereich der Essensforschung untersuchen wir zum Beispiel Veränderungen in der Sättigungswahrnehmung als mögliche Grundlage für Veränderungen im Essverhalten unter Berücksichtigung psychologischer und physiologischer Parameter.

Emotionen und Emotionsregulation
Eines der Forschungsinteressen unserer Abteilung ist die Untersuchung der Verbindung zwischen Interozeption und der Verarbeitung emotionaler Reize sowohl auf der Selbstberichtsebene als auch auf physiologischer und neurokognitiver Ebene. Darüber hinaus interessiert sich unsere Abteilung auch für die Beziehung zwischen interozeptiven Prozessen und Emotionsregulation (d.h. die Fähigkeit von Individuen, eine Emotion durch Verwendung einer Strategie zu modulieren).
Methoden der Neurostimulation oder Vagusnervstimulation werden eingesetzt, um Emotionsverarbeitung und deren Regulation in Interaktion zu körperlichen Prozessen zu untersuchen, dies beinhaltet auch den Einfluss interozeptiver Prozesse auf die sich entwickelnde Emotionsregulation von Jugendlichen.

Stress und Prävention von Stresserleben
In einem aktuellen Forschungsprojekt untersuchen wir, inwieweit sich durch eine Chatbot-basierte Intervention das Stresserleben durch tägliche Psychoedukation und Übungen (bspw. Atemübungen) vermindern kann. Weiterhin steht die mögliche Veränderung von Sättigung und deren Wahrnehmung nach Stressinduktion in einem aktuellen Projekt ebenfalls im Fokus.

Kooperationspartner und Labore
Kooperationen bestehen aktuell mit der Sektion Neurostimulation der Psychiatrie des Universitätsklinikums Ulm in der Leitung von Prof. Dr. Thomas Kammer, mit der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III (Abteilung Bildgebung, Prof. Dr. Grön), mit der Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm (Prof. Dr. med. Harald Gündel, Dr. Marc N. Jarczok, Dr. Katja Weimer), mit dem Institut für Verteilte Systeme, der Universität Ulm (Echo Meißner, M. Sc. & Dr. Benjamin Erb), Labsitec der Universität Valencia, mit Prof. Dr. Micah Allen der Universität Aarhus in Dänemark, mit Prof. Andreas Schwerdtfeger und Dr. Christian Rominger der Universität Graz und Prof. Richard Lane der Universität Arizona.
Unsere Labore befinden sich in den Räumlichkeiten 47.1.227 und 47.0.235. Diese verfügen über verschiedene portable physiologische Messinstrumente sowie stationäre Gerätschaften wie beispielsweise hochauflösendes EEG, Möglichkeiten zur Neurostimulation (TMS und tDCS), Möglichkeiten zur trankutanen Vagusnervstimulation oder zur Schmerzstimulation.