Maligne Hyperthermie (MH)

Für die Anästhesie stellt die Maligne Hyperthermie (MH) auch heute noch, knapp
50 Jahre nach Erstbeschreibung, ein bedrohliches Krankheitsbild dar. Die Gefährlichkeit zeigt sich an der Tatsache, dass in sämtlichen anästhesiologischen Einrichtungen das Antidot Dantrolen vorgehalten wird. Durch Prävention, Identifikation der Anlageträger, Aufklärung der Betroffenen und Schulung von Fachpersonal konnte die Häufigkeit klinischer Krisen sowie die Letalität in den letzten Jahren deutlich gesenkt werden. Diese Massnahmen liefern damit einen wesentlichen Beitrag für die Patientensicherheit im Bereich der Anästhesiologie.

Die Tatsache, dass jemand mehrere Allgemeinanästhesien ohne Probleme überstanden hat, schließt die MH-Anlage nicht aus, da es durchschnittlich nur in einer von fünf Allgemeinanästhesien zu einem MH-Zwischenfall kommt.

Die klinischen Symptome einer Malignen Hyperthermie Krise (Hypermetabolismus, Tachykardie, Muskelspasmen, CO2-Anstieg, im Verlauf Temperaturerhöhung) beruhen auf einer exzessiv gesteigerten Ca2+ Freisetzung aus dem sarkoplasmatischen Retikulum. Ursächlich findet man in bis zu 75% der Familien eine Mutation im Gen für den muskulären Ca2+-Freisetzungskanal, den Ryanodin-Rezeptor. Bei einigen Familien besteht eine Mutation im Gen für den muskulären L-Typ Kalziumkanal.

Die Diagnose der MH-Anlage wird nach wie vor mittels des invasiven in vitro-Kontrakturtest (IVKT) gestellt. Es handelt sich um ein funktionelles, standardisiertes Testverfahren, welches das Ausmaß einer Muskelkontraktur als indirekten Marker für die myoplasmatische Ca2+-Konzentration verwendet. Die bei dem Test seit über 30 Jahren verwendeten Triggersubstanzen sind Koffein und Halothan. Es werden zusätzlich feingewebliche Untersuchungen durchgeführt und neuromuskuläre Krankheiten (z. B. Central-Core und Multi-Minicore Myopathie) untersucht, bei welchen die Anlage zur Malignen Hyperthermie häufig einen Nebenbefund darstellt.

Abbildung aus: Deutsche MH-Broschüre. Näheres dort.
Abbildung aus: Deutsche MH-Broschüre. Näheres dort.


Die genetische Untersuchung eines Individuums mit einem fraglich erhöhten MH-Risiko ist wegen des aus 106 Exonen bestehenden Gens RYR1 zu aufwändig. Wurde aber bei diesem Individuum die MH-Anlage durch den IVKT bestätigt, kann nachfolgend die Mutationssuche beginnen. Die Anzahl der bekannten RyR1-Mutationen, die mit der Anlage zur MH in Verbindung gebracht werden, hat in den letzten Jahren auf mehr als 100 zugenommen. Bisher konnte allerdings nur für 30 Mutationen ein kausaler Zusammenhang belegt werden. Bei den Blutsverwandten eines Anlageträgers mit kausaler Mutation ist dann eine alleinige genetische Untersuchung ausreichend.

MH-Krise, in der Fernsehserie 'In aller Freundschaft' gespielte Szene
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