315. MONTAGSGESPRÄCH
Fünftes Montagsgespräch im Rahmen des Projektes Zeit hören in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik und Theater München, dem Bezirk Oberbayern, dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München, der Universität Ulm – und dem Musiklabor / Echtzeithalle e.V.
Musiklabor München/ Echtzeithalle e.V. & Hochschule für Musik und Theater München
 Carl Orff-Auditorium München, Luisenstraße 37a
   Montag 7. April 18 (!) – 22 Uhr
 
 Kolloquium
   Impulsvorträge /Statements
 Ligeti-Maschine, pd-patch, Jörg Schäffer, 2014
the user literally starts with a blank page … space is not only the container, but actually the result of the organization
 … and the interrelationships between its dimensions, are the composition. Miller Puckette, San Diego 2011
PureData/Max im Kontext
Die Ligeti-Maschine - Supercollider im Vergleich.
 Dr. Jörg Schäffer
Phasenverschiebungen der Planeten 
   im Sonnensystem -    oder wie klingt heute.   
 Dr. Jutta Köhler und Dr. Wolf-Dieter Trüstedt
Xenakis - Musik und Mathematik.
 Hans Rudolf Zeller und Dr. Wolf-Dieter Trüstedt - im Dialog
Fourieranalyse & -synthese eines Impulses     in PureData.
 Dr. Andreas Grünvogel-Hurst
Raum und Zeit / PureData und Mikromodular.
 Volkmar Müller (Architekt) 
Klang-Installation. Arduino. PureData.
   Heike Siegert
PureData  & Ableton-Live.
 Klaus Schmidtke 
Max for Live oder
   PureData innerhalb Ableton-Live am Beispiel der Phasenmodulation.
   Dr. Axel Baune
Farben und Formen von Klängen.
 Christine Söffing, Dr. Axel Baune, Klaus Schmidtke
Integration von PureData mit Technologien zur komfortableren 
   Visualisierung und Interaktion (VVVV, Processing, Java ...)
 Andhi Pabst
PureData "Blank Pages" - das leere Blatt.
 Nicht-lineare Selbstorganisation in der digitalen Klangsynthese
 Dominik Tresowski
Experimente mit PureData und Gestensteuerung.
 Sebstian Loh
Computermusik als Kunstform (Beispiele).
   Peter Dietz, Dr. Wolf-Dieter Trüstedt, Dr. Jörg Schäffer, Volkmar Müller, 
   Randolf Pirkmayer, Dominik Tresowski und Martin Siegler - im Gespräch 
Experimentelles Musik-Video.
 Diether Sommer 
Samstag 5. April 16 –19 Uhr
   Einführung für Studierende aller Fakultäten
   Leitung: Dieter Trüstedt, Jörg Schäffer, Volkmar Müller, Ort: Carl Orff Auditorium 
1. Einführung in PureData ca. 60 min
   2. Projektarbeiten mit PD ca. 60 min
   3.  Musikarbeit 4x2-Audio-Kanäle ca. 30 min   
   4. Nachgespräche  
Abstracts
Die Ligeti-Maschine 
   geht zurück auf   das "Poéme Symphonique" für 100 Metronome von Györgi Ligeti (1962). 
 Die   im Original verwendeten realen Metronome werden in der Ligeti-Maschne in   zwei Varianten auf dem Computer simuliert: 
 1. durch ein 96-stimmiges   pd-Patch (oktophon ausgelegt), und 
 2. durch ein Supercollider-Programm.   Beide Ansätze werden verglichen und diskutiert. Der Parameterraum 
 der   Klangereignisse (Tonhöhe, Lautstärke, Tempo) ist durchgehend   logarithmisch erschlossen: ein Verweis auf 
 das unseren   Sinneswahrnehmungen zugrunde liegende Weber-Fechnersche Gesetz.
Experimente mit PureData und Gestensteuerung
   Vorgeführt werden ein oder zwei Beispiele, die zeigen in wie weit sich  LeapMotion Gestensteuerung mit PureData in der Klangkunst einsetzen  lässt.
   Schwierigkeiten hierbei sind die Trägheit der Erkennung der Gesten,  die Störbehaftung der Daten und das finden eines Intuitiven Bedienens.
 Auf der anderen Seite bietet die Gestensteuerung insbesondere in  Verbindung mit Achtkanaligkeit eine gute Schnittstelle den Raum zu  bespielen.
Phasenverschiebungen der Planeten  im Sonnensystem -   oder wie klingt heute. 
 Die Idee der zeitlich eindimensionalen und mehrdimensionalen Musik am Beispiel unseres Sonnensystems:
 Die Erde im statischen Mittelpunkt = zeitlich eindimensionale Musik / die Phasen der Planeten bestimmen eine sich wiederholende Melodie des Tages,
 hier der 7. April 2014. Das Jetzt dieses Tages. Das Jetzt, das sich nie  wiederholt. Es ist nur heute, nur Jetzt. Jeder Tag zählt, auch heute. 
 Der nächste Tag hat eine andere Melodie.
 Die Sonne im statischen Mittelpunkt = mehrdimensionale Musik der 9 Planeten (einschließlich der Erde). Die Musik ist unendlich variabel - 
 sie wiederholt sich nie. Sie ist ewig. Geichzeitig eine bleibende  Gültigkeit, solange sich die Planeten, so auch die Erde, um die Sonne  bewegen.
 Vorführung mit PureDate, oktophon. 
Computermusik als Kunstform. Der Computer als neues, eigenständiges Musikinstrument.
   Computermusik ist mehr und auch ganz anders als die Simulatuion  klassischer Kompositions- und Interpretationskunst. Der Computer kann 
   Handlungsanweisungen ausführen als auch intelligent weiterführen. Er  kann zeitlich mehrdimensional berechnen und realisieren. Er kann  mikrotonal 
   und vielstimmig operieren, in Bereichen,  die dem menschlichen Interpreten nicht    zugänglich sind.
   Der Computer als Musikinstrument auf der Bühne ist der (zeitlichen)  Latenz eines Geigenspielers ebenbürtig. Der Spielzugriff ist sowohl als  Tasten-
   als auch  als Gesteninstrument möglich. Er kann akustische (und optische) Signale in musikalische Aktionen umsetzen.    
   Der Computer ist für Performance-Installationen (multimedial und vielkanalig)  ohne zeitliche Begrenzungen prädestiniert.   
 Die Hard- und Softwäre der Computerkunst ist heute sehr preiswert,  verlangt aber - wie jede Kunst - Arbeitszeit und künstlerische  Kreativität.
Xenakis - Musik und Mathematik.
   In MusikTexte Nr. 13, der Zeitschrift für Neue Mussik Seite  48, stellt Iannis Xenakis eine Korrespondenz zwischen gewissen  Entwicklungen in der 
   Musik und in der Mathematik vor. Die Korrespondenz reicht von 500  v.Chr. (Relation zwischen Saitenlänge und Tonhöhe und die Entwicklung
   rationaler Zahlen und Brüche) über die Erfindung der temperierten  Tonskale bzw. der komplexen Zahlen bis hin zur Einführung  kontinuierlicher
 Ton- und Zeitskalen bzw. kontienuierlicher Diskontinuitäten.
 Musikbeispiel:
 Herma - Iannis Xenakis - auch ein Stück Mengenlehre. Hans Rudolf Zeller
 Siehe Literaturverzeichnis. 
Fourieranalyse & -synthese eines Impulses    in PureData.
 Demonstration mit PureData: 
 „Sarsteiner Frage“: Warum verschwindet der Impuls, wenn man ihn        filtert? 
 Der Impuls und sein Spektrum.  Ein Werkzeug zur Klanggestaltung.
 (Ein Impuls ist ein Millisekunden-Zacken auf der Ereignis-Zeitachse. Er  ist in der optischen Darstellung kaum sichtbar und dennoch voll von 
 Tonhöhen,  die über die Fourieranalyse aufgeschlüsselt werden können.  Dieses Frequenzband wird über die Fouriersynthese zurückverwandelt. 
 Es entsteht ein neuer Klang, abhängig vom verwendeten Ausschnitt aus dem  Frequenzband. Diese Klänge und die Arbeitsweise in PureData
 werden vor Ort dargestellt - und dem Katalog des Klangmaterials der Computermusik zugefügt.)
 
Klang-Installation. Arduino. PureData. 
   Der Arduino ist ein preiswerter Mini-Computer (siehe Bildmitte), der  autark steuert und gleichzeitig mit PureData kommuniziert. 
   Die mindestens 8 Player-Dosen  werdem 8-kanalig akustisch an die Decke  des Auditoriums "projiziert". Diese Installation ist ein gutes Beispiel  
   möglicher "Körperlichkeit" in der  Computerkunst - der sichtbare Klangerzeuger (Interpret).
Raum und Zeit / PureData und Mikromodular. 
   Der Mikromodular ist ein Prozessor gesteuerter Synthesizer, der vom  Computer aus programmiert wird. Auf der Bühne ist das Gerät 
   selbständig.   Volkmar Müller setzt den Mikromodular in Aufführungen parallel zu PureData ein.    Mikrofonie und Scratch-Programme
   in PureData ergänzen sein Equipment. Seine Performances sind Computermusik-Installationen die live gespielt werden.
PureData & Ableton-Live. 
   Beide Programme arbeiten in Echtzeit - doch ist das Konzept vollkommen       unterschiedlich. Für welchen Einsatz nehme ich 
   also welches und welches würde ich auf 'die einsame    Insel' mitnehmen?  Klaus Schmidtke 
Ableton-Live  bietet die Integration von Max for Live. 
 Max for Live ist   identisch zum Programmpaket Max, welches die Erstellung von Patches   genau so wie unter PureData erlaubt. 
 Am Beispiel der Phasenmodulation soll   ausgehend von einem leeren Blatt der Aufbau eines solchen Patches   aufgezeigt werden. 
Farben und Formen von Klängen.
   Synästhetisch betrachtet hat ein Klang eine Farbe, eine Form und       eine Materialbeschaffenheit. Dass die Farbe des Klanges nicht mit       seiner Form korreliert, hatten wir schon 2008 herausgefunden. Was       also bedeutet die wahrgenommene Form eines Klanges? 
   Warum sind      manche Klänge tropfenförmig und andere kammartig?
 Schaffen wir es, die Parameter einer Klangform zu identifizieren und       dann in pd ein Programm zu erstellen, mit dem wir einen Klang      
 "verbiegen" können? Christine Söffing, Dr. Axel Baune, Klaus Schmidtke
Literatur
PureData -Programm und Schaltungsbeispiele (kostenfrei & open-source)  pd-extended -  http://puredata.info/downloads 
 Department of Music University of California San Diego. La Jolla, CA 92093-0099. Tel 1 858 534 4823.
 msp@ucsd.edu
 
The Theory and Technique of Electronic Music, Miller Puckette / kostenfreie  pdf-Ausgabe in 
 http://crca.ucsd.edu/~msp/techniques.htm
Herma- Iannis Xenakis - Musique Symbolique
   Siehe auch Formalized Music, Thout and Mathematics in Music, Iannis Xennakis, Pendragon revised edition. 
   1962 / 1970 / 1992 ....    Seiten 175-177.   
   Einspielungen im Internet / YouTube:   
   http://www.youtube.com/watch?v=_Xp_vOlRPM8
   Xenakis: Herma - performed by Martin von der Heydt 
 http://www.youtube.com/watch?v=GXzRcsfDzBQ
TONEMPFINDUNGEN, Hermann von Helmholtz, 1862 /1913, 668 Seiten -siehe dort:: Die Tonalität der homophonen Musik.
 bzw. http://www.uni-leipzig.de/~psycho/wundt/opera/helmhltz/toene/TonEmpIn.htm vollständige OCR Übertragung mit allen Bildern,
 Tabellen und Grafiken.
Adressen
Dr. Wolf-Dieter Trüstedt /  Agnesstr. 39  / 8798 München / Tel 0049-(0)89 . 272 1856
   wolf-dieter.truestedt[at]uni-ulm.de und http://www.luise37.de/
  Dr. Jörg Schäffer /    Preziosastr. 25 / 81927 München
   joerg-schaeffer[at]gmx.de 
Echtzeithalle e.V. München, Luisenstr. 37a, 80333 München
 http://www.echtzeithalle.de/
EMU Experimentelle Musik Universität Ulm:
 http://www.uni-ulm.de/en/einrichtungen/emu.html
Dokumentation 
   Fotos: Dieter Trüstedt / Dominik Tresowski 
   Dieter Trüstedt, Audio-8-Kanal-Demo 
   Publikum, PD-Kolloquium, 7. April 2014, Carl Orff Auditorium, München 
   Hans Rudolf Zeller, Musik und Mathematik 
 Impuls-Fourier-Transformation und -Synthese, Phasen-Variationen, Klang
   Volkmar Müller, Live-Spiel mit Loops und Nahfeld-Mikrofon, Stimme
   Volkmar Müller, Stimme, Mundharmonium-Element 
   Axel Baune, Max For Live, Demo, Phasenmodulation 
   Klaus Schmidtke, Ableton-Live, Demo 
   Heike Siegert, Arduino, Schnittstellen 
   Heike Siegert, Arduino fürs Dosenspiel 
   Christine Söffing, Synästhesie, Klang, Form, Farbe 
   Andhi Pabst, Schnittstellen, Vernetzungen 
   Dominik Tresowski, Blank Page Demo 
   Sebastian Loh spielt Leap Motion 
   Sebastian Loh und Dominik Tresowski 
 Video & PureDataMusik, Diether Sommer
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ZUSAMMENFASSUNG
Das Kolloquium sollte eher schlaglichtartig die aktuelle Computermusikszene beleuchten - und das wurde an
   diesem Abend gut erreicht.
   Offen geblieben ist das "Gespräch", weil die Zeit nicht gereicht hat und weil das Thema: "Computermusik als   
   als Kunstform" zu groß, zu umfassend ist. Wir werden dieses Thema vielleicht beim "Sonderkonzert 2014" am
   23.Juni 2014 nachholen. Gespräche fanden im Foyer bei Brot und Tee ausreichend statt.
   Gut war, das alle Referenten den Kunst-Appeal weggelassen haben, d.h. sie haben sich auf die Sache, auf das
 Technische, auf die Anwendungsmöglichkeiten beschränkt.
 Der Abend verlief sehr flüssig, vielgestaltig - war angenehm lehrreich.
 Das Thema "Computermusik als Kunstform" sollte nochmal die Frage "Körperlichkeit in der Computer-
 Musik" aufgreifen. Ansätz dazu gaben die Vorträge zu LeapMotion von Sebastian Loh und "Arduino" von 
 Heike Siegert  - die Musik-Installation.
 Offen ist auch der Diskurs über die Musik von Iannis Xenakis - die Themen "Formalisierte Musik" etc.
 Und weiterverfolgt werden sollte das Thema Computermusik im Kontext "Kunst und Wissenschaft" - vielleicht
 auch unter dem Label "Modernes Quadrivium", d.h. unter dem klassischen Themenfeld: 
 Musik, Mathematik und Kosmologie bzw. Naturwissenschaft.
 Auch das Thema "Der Laptop als Musikintrument"  kann weitergetrieben werden. 
 Offen ist auch das Thema "Computermusik und Publikum", Öffentlichkeit, die Medien (Radio, CDs etc.).
 Wie wichtig ist die Interpretation - und die Interpretation von was ? 
 Computerkomposition und -installation.
 Und der Ort ? Die Galerie ? Die Bühne - zu was ? Braucht die Computerkunst die Bühne ?
Vielen Dank an  Klaus Schmidtke, Sebastian Loh und Jutta Rapp für die Mithilfe - Technik,
   Aufräumen und Service.
Dieter Trüstedt