Turbulenzen

Computermusik im Kontext von Kunst und Wissenschaft

Autor: Dieter Trüstedt

Die Gruppe EMU - Experimentelle Musik und Kunst arbeitet seit 2005 an der Vertonung von Messdaten - den sogenannten Audifikationen oder Sonifikationen.

Seit 2005 veranstalten wir zum Thema "Computermusik in Theorie und Praxis" regelmäßig Seminare für Studierende der Universität Ulm bzw. der Hochschule für Musik München. In diesen Seminare verwenden wir das gleiche Computerprogramm wie in den Audifikationen - Pure Data von Miller Puckette, CRCA an der Universität UCSD San Diego 1).

Das Seminar beginnt zweimal jährlich mit einem Tutorial der Grundlagen von Pure Data und der allgemeinen elektronischen Musik und verfolgt dann neue Wege in der Computermusik. Im Wintersemester 2007/08 war das Thema: Phonem-Musik, das ist das Arbeiten mit kleinsten Klangpartikeln, die beliebigen Soundtracks entnommen werden und dann einer Tonhöhenvariation und einer meist Percussion ähnlichen Hüllkurve unterworfen werden. Ein ausführlicher Artikel zu diesem Thema erscheint Anfang Febr. 08 in der Montagszeitung ZIRRUS 2).

Momentaufnahme im Musikhaus des Musischen Zentrums am 6. Juli 2007.
Näheres zum Seminar siehe Fußnote 3).

Die oben wiedergegebene bunte Grafik zeigt quadrierte Wavelet-Koeffizienten zu Turbulenzen in Cirren berechnet von Markus Quante vom GKSS Forschungszentrum / Helmholtz Gemeinschaft.
Markus Quante hat uns Messdaten zu Turbulenzen für Audifikationsarbeiten zur Verfügung gestellt. Die ersten Ergebnisse haben wir 2007 im Stadthaus Ulm uraufgeführt:

Turbulenzen-Audifikation im Stadthaus Ulm am 3. Juli 07 im Rahmen der 40-Jahr-Feier der Universität Ulm. Im Bild: Axel Baune bei seiner Präsentation der Zirrus-Messreihe: Cirrus-R2.

Turbulenzen-Audifikation - hier das Arbeitsblatt auf dem Laptop. Die Daten werden automatisch eingelesen und z.B. als Tonhöhenvariationen ausgewählter Klänge hörbar gemacht. Die künstlerische Aufgabe besteht im Entwickeln von ästhetisch interessanten Musiken, die gleichzeitig den physikalischen Vorgängen gerecht werden. 4), 5) und 6).
Axel Baune, Tobias Hornberger und Dieter Trüstedt haben jeweils eine eigene Version im Rahmen des Konzertes als Solo präsentiert. 7)

Ausführlich geschrieben wird über die Projekte der EMU im Kontext Kunst - Wissenschaft - Experiment in "Neue Zeitschrift für Musik - Das Magazin für neue Töne", Schott-Verlag, Hannover. 8)
"Recherchen im Feinbereich / Experimentelle Musik an Main und Donau" von Michael Rebhahn, Januar 2008, Seite 30 bis 34, mit Fotos aus der Zusammenarbeit mit der Echtzeithalle München 9).

".... Studenten und Dozenten der Universität Ulm sowie Künstler verschiedener Genres arbeiten hier an einer Zusammenführung von wissenschaftlicher und künstlerischer Praxis; kreative Prozesse beider Disziplinen sollen erkannt und wechselseitig nutzbar gemacht werden. In dieserAbsicht finden sich Konzepte umgesetzt, die "Kunst-Wissenschaft" in ganz handfestem Sinne betreiben: Nicht die künstlerische Reaktion auf Erfahrungswerte der Wissenschaft oder die losgelöste Nutzung ihrer Forschungsresultate steht hier im Vordergrund, das Ziel ist vielmehr die Erarbeitung von Ansätzen, die eine gleichberechtigte Verbindung der Darstellungsformen beider Sparten in Angriff nehmen....." (Michael Rebhahn).

 

Fußnoten

1)
Das kostenfreie Programm Pure Data steht auf der Internetseite:
http://crca.ucsd.edu/~msp/software.html
und das erweiterte Programm, an dem Wissenschaftler, Künstler und Programmierer weltweit arbeiten steht im Internet des Grazer Instituts für Elektronische Musik IEM
http://puredata.info/downloads
und das CRCA:
" The Center for Research in Computing and the Arts (CRCA) is an Organized Research Unit of the University of California, San Diego whose mission is to facilitate the invention of new art forms that arise out of the developments of digital technologies. Current areas of interest include interactive networked multimedia, virtual reality, computer-spatialized audio, and live performance techniques for computer music and graphics."
http://crca.ucsd.edu/
und das IEM in Graz - Institut für Elektronische Musik und Akustik:
Forschung und Entwicklung - Das Institut befasst sich mit der Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Erzeugung, Verarbeitung und Wiedergabe von Klängen in der Akustik und in der Musik.
Lehre - Grundsätzliches Ziel der Lehre ist es, den StudentInnen die Möglichkeiten und Verfahrensweisen der Computermusik nahezubringen und ihnen die Fähigkeiten zur Verwendung eines Computermusik-Systems zu vermitteln. Siehe:
http://iem.at/

2)
Die Internet-Zeitung ZIRRUS der Echtzeithalle München befaßt sich mit Themen aus Kunst und Wissenschaft. Siehe:
http://zirrus.echtzeithalle.de/

3)
Seminar "Computermusik in Theorie und Praxis" Universität Ulm, siehe:
http://medien.informatik.uni-ulm.de/lehre/current/elektronischeMusik/
Beginn im Sommersemester 2008 am 24. April um 14 Uhr im Musikhaus des Musischen Zentrums der Universität Ulm. Alle Studierende können daran teilnehmen. Es ist ein Hauptseminar mit 4 Leistungspunkten. Jedes Seminar beginnt mit einer Einführung zum Arbeiten mit Pure Data.

4)
Sonifikation („Verklanglichung“) ist die Umsetzung von Daten jeder Art in nichtsprachliche Klangereignisse.
Sie leistet auf akustischem Wege das, was graphische Darstellung von Daten im visuellen Bereich macht. Die Ziele der Sonifikation liegen auf wissenschaftlichem, didaktischem und ästhetisch/künstlerischem Gebiet. In der Wissenschaft dient die Methode dazu, über das Hören mögliche Gesetzmäßigkeiten und Strukturen zu erfassen. Der didaktische Aspekt ist, dass der menschliche Hörsinn mit seiner enormen Genauigkeit und Dynamik durch diese Art Datenaufbereitung angesprochen und so das Verständnis bestimmter Phänomene verbessert wird. Die Vertonungen haben zudem eine eigene Ästhetik, können auch Ausgangsmaterial für kompositorische Bearbeitung sein. Siehe:
http://de.wikipedia.org/wiki/Sonifikation

5)
Beispiele von Sonifikationen in wissenschaftlichen Forschung Siehe:
http://physik.uni-graz.at/~kvo/sonifikation.html und
http://www.sonenvir.at/ (Forschungsprojekt im Verbund der Universitäten in Graz)
Weiteres wichtiges Beispiel: Die Sonifikation von Messdaten des menschlichen Körpers während einer Operation im OP oder ganz allgemein in einer Intensivstation.

6)
Die erste öffentliche Aufführung einer Audifikation der EMU am 21. Juli 2005 im Stadthaus Ulm - das Projekt "Wasser - Kann man Wolken hören""
http://www.uni-ulm.de/uni/intgruppen/muwe/emu/protokoll2005/wasserprojekt/21jul05-zirrus-urauffuehrung.htm
Und die Ausstellung zu dem Projekt im selben Jahr am 3. Nov. 08 in der Galerie des Musischen Zentrums der Universität Ulm, siehe
http://www.uni-ulm.de/uni/intgruppen/muwe/emu/wasserprojekt/ausstellung.htm
und später die Aufführung in der Jungen Akademie - der Auftragsgeberin des gesamten Projektes - in Berlin am 23. Juni 07 in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Siehe:
http://www.uni-ulm.de/emu/projekte/zirrus-berlin/zirrus-berlin.htm

7)
Konzert im Stadthaus Ulm am 3. Juli 07 - im Rahmen der 40-Jahr-Feier der Universität Ulm, siehe:
http://www.luise37.de/2007/40jahre-uni-ulm/konzert

8)
Neue Zeitschrift für Musik, Schott Music, 01/2008, Seite 30, siehe:
http://www.musikderzeit.de/de_DE/journal/issues/content,1036.html

9)
Echtzeithalle München. Die EMU arbeitet und arbeitete in mehreren Projekten mit der Echtzeithalle zusammen, u.a. Zirrus, 5 Geometrien, Elementarzeichnungen, Die Kleine Schachtel, Eight Patterns. Siehe:
http://www.echtzeithalle.de/

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