IN MEMORIAM
Unsere Doktor-Mutter Prof. Dr. Dr. h.c. Ina Roesing ist verstorben.

Mit grosser Trauer für mich, meine Frau Esther Balboa Bustamante und meine Kindern, haben wir die Nachricht erhalten, dass Prof. Dr. Dr.h.c. Ina Roesing, wie sie sagen würde, das Treffen mit ihren Apus erreichen hat.

Mit Ina, wie wir sie mit grossem Vertrauen nannten, begaben wir uns in den 80er Jahren auf den Weg des Wissens zu den Kallawayas und trafen uns in Deutschland, als sie sich bereits seit mehreren Jahren intensiv mit den Kallawaya-Ärzten in verschiedenen Gemeinden der Prov. Bautista Saavedra (Bolivien) beschäfigt hatte. Von dort stammen ihre ersten Publikationen über die Kallawaya-Ärzte, die in den kommenden Jahren zu Dutzenden wurden.

Sie lernte Quechua so fließend, dass unser Gespräch oft in dieser Sprache stattfand. Genau aus diesem Grund hat sie mich Ende 1988 gebeten, bei der Transkription von Gebeten in der Quechua-Sprache mitzuwirken, die sie in den vielen Ritualkuren der Kallawayas eingefangen hatte.

Danach, in den 90er Jahren nahm sie Esther und mich als Doktoranden am Institut für Kulturanthropologie der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm an, in dem sie Direktorin war. So wurde sie unsere Doktor-Mutter (ein deutscher Ausdruck, der so bedeutungsvoll ist). Esther, die anderen Doktoranden und ich wissen, wie unsere Doktor-Mutter war. Aus dieser Zeit stammt die Doktorarbeit von Esther "Sequentielle Bedeutungsstrukturen der verbalen Suffixe, die die Bedeutung in der aktuellen Quechua von Cusco verändern. Ein Beitrag zur Kultur der Andensprache" (1999)  und meine These "Mit dem Auge nach vorne und hinter: Ethnische Ideologie und Politik unter den Quechua von Cochabamba, 1935-1952 " (1997).

Im Laufe der Jahre hatten wir immer Kontakt mit ihr, besonders  Esther. Ina war sich immer ihrer Brüder Kallawaya, ihrer Familie, bewusst, wie sie in ihren Büchern erwähnt hat. Ihr Glück war groß, als die Kultur- und Weltsicht der Kallawaya im Jahr 2003 von der UNESCO zum "immateriellen Kulturerbe der Menschheit" erklärt wurde, da sie, wie viele anderen Forscher, zur Verbreitung der Weisheit der Kallawaya-Ärzte beitrug.

Nach ihrem Ausscheiden aus der Direktion des Instituts für Kulturanthropologie hat sie sich in den letzten Jahren verstärkt mit transkultureller Forschung beschäftigt, wobei sie sich diesmal Tibet und seiner Kultur widmete, von denen es auch mehrere Publikationen gibt.

In den letzten Jahren, besonders in den letzten  Monaten, war ihr Gesundheitszustand gebrochen, und ihre  letzte Reise  fand in der ersten Dezemberwoche statt. Freunde aus Ulm erzählen uns, dass zur Zeit ihrer Bestattung in ihrem geliebten Ulmer Stadtteil Grimmelfingen, bevor ihre sterblichen Überreste neben ihrer geliebten Mutter, auch eine Universitätsprofessorin, einer unserer Freunden, Erhard Schoch, der ebenfalls in Bolivien und Cochabamba war,  als Abschiedslied SUMAQ ... SUMAQ (Sanctus auf Quechua) sang 

Meine Familie möchte es aus tiefstem Herzen zum Ausdruck bringen (SONQO UKHUMANTA PACHA, Konzept, dass sie uns immer als tiefgreifend eingestuft hat, und sie hat uns ein Buch mit Hunderten von Ausdrücken gespendet, die unsere Quechua-Leute von SONQO ausführen): YUPAYCHASQA KAY, INA ...TINKUNARIKUNA KAMA KACHUN: WIR HABEN DICH  IN SEHR HOHEM UND TIEFEN SCHÄTZEN, INA ... BIS ZU UNSERER NÄCHSTEN BEGEGNUNG !!!

Aus Cochabamba - Bolivien
José Antonio Rocha Torrico, Dr. Biol. Hum.
Esther Balboa Bustamante, Dr. Biol. Hum.