MUSIK UND MATERIE
im Kontext Kunst und Wissenschaft
   
   Stadthaus Ulm Freitag 3. Juli 2009, 15-22 Uhr
 
							
					
			
	
						
					
							Die Möglichkeiten und Dimensionen der Musik werden in den Zusammenhang der Natur- und Geisteswissenschaften gestellt, aber auch der anderen Kunstdisziplinen wie Bildende Kunst, Medienkunst und Tanzperformance. Die Konzerte sind Arbeiten, Werke, Kompositionen, die eine Antwort auf die gestellte Frage versuchen. Die Referate werden von Künstlern und Wissenschaftlern gehalten, die unmittelbar an dem Thema arbeiten. Die Definition von Musik wird hier als "la corporification de l’intelligence qui es dans les sons" verstanden, eine Formulierung des Physikers, Mathematikers und Philosophen Hoené-Wronski (siehe: Wronski-Determinante), die den Komponisten Edgar Varèse (siehe: Poème électronique, Weltausstellung Brüssel) stark beeinflusst hat, als dritte Dimension – die Körperlichkeit und die Räumlichkeit.
Referate 15 Uhr
- Eröffnung / Prof. Dr. Michael Weber, Universität Ulm
   - Musik aus dem Niemandsland / Dr. Jörg Schäffer, Echtzeithalle    München
   - Musik und Materie - Edgar Varese / Dr. Wolf-Dieter    Trüstedt, Universität Ulm
   - Niemandsland des Wassers / Prof. Dr. Thomas Koop, Universität    Bielefeld
   - Wrap (Diskusssion mit Musik / Dr. Axel Baune und Dr. Wolf-Dieter    Trüstedt, Ulm/München
   - Aesthetic Computing - zur Ausstellung / Thorsten Mahler, Universität    Ulm
   - Turbulenzen / Prof. Dr. Markus Quante, Universität Lüneburg
   
   Präsentation 18 Uhr
Aesthetic Computing 
   AG Thorsten Mahler / Michael Weber, Medieninformatik Universität Ulm
   - typotisch / Nora von Egloffstein, David Langer
   - infinite acid noise projection / Hendrik Burmann, Jennifer Jühnemann
   - soundscape / Katerina Tzikas
   - grid / Tobias Hornberger
   - sehen und gesehen werden / Philipp Güttler
Performances 20 Uhr
Experimentelle Musik und Kunst, Musisches Zentrum, 
   mit Medieninformatik der Universität Ulm und Autorenensemble München
   - Turbulenzen / Axel Baune, Klaus Schmidtke, Christine Söffing,    Dieter Trüstedt
   - Fraktal Flames / Gregor Quade, Andreas Usenbenz, Mathias Göppel,    Michael Kuhnt
   - Chaosklavier / Hans Wolf, Dieter Trüstedt
   - Ulmer Windharfe. Livestream-Einspielung / Klaus Schmidtke, Tobias    Hornberger
   - Opal / Sonja Hafenmayer, Dieter Trüstedt, Hans Wolf
   - Sinsonanten / Andhi Pabst, Isolde Werner, Angelika Meyer
   - Sea of Oblivion / Tobias Hornberger, Ursula Ritter
   Dauer der Stücke - jeweils ca. 12 Minuten
   
   Moderation: 
   Dr. Jörg Schäffer, München
   Technik:
   Klaus Schmidtke, Neu-Ulm
   Leitung:
   Dr. Wolf-Dieter Trüstedt,
 
Material:
   MUZ Musisches Zentrum Universität Ulm: http://www.uni-ulm.de/einrichtungen/muz/
   EMU Experimentelle Musik und Kunst Universität Ulm:    http://www.uni-ulm.de/einrichtungen/muz/emu.html
   Musik und Materie: http://www.luise37.de/2009/montagsgespraeche/montagsgespraeche2009.htm
   Aethetic Computing: http://medien.informatik.uni-ulm.de/aec/    
   Markus Quante: http://coast.gkss.de/staff/quante/
   Thomas Koop: http://www.uni-bielefeld.de/chemie/arbeitsbereiche/pc2/koop.html
   Echtzeithalle München: http://www.echtzeithalle.de/    
   Turbulenzen, 263. Montagsgespräch: http://www.luise37.de/2009/turbulenzen/turbulenzen26mai09.htm
   Zirrus-Audifikation: http://www.uni-ulm.de/emu/projekte/wasserprojekt/ausstellung.htm
   Junge Akademie - Zirrus-Projekt: http://www.diejungeakademie.de/arbeitsgruppen/frameset_02.php?id_agtitel=22
   Deutscher Musikrat - Konzert: http://www.musikrat.de/index.php?id=984
Abstracts und Dokumentation
MUSIK UND MATERIE
3. Juli 2009 Stadthaus Ulm
   Veranstalter: Experimentelle Musik und Kunst 
   und Medieninformatik Universität Ulm
 
							
					
			
	
						
					
							 
							
					
			
	
						
					
							Referate
 
							
					
			
	
						
					
							 
							
					
			
	
						
					
							Musik aus dem Niemandsland zwischen Wissenschaft und Kunst
Dr. Jörg Schäffer, Echtzeithalle München
Der Vortrag geht der Frage nach, ob und wann bei Grenzüberschreitungen    zwischen Wissenschaft und Kunst tatsächlich Neuland oder Niemandsland im    Sinne einer echten Interdisziplinarität beschritten wird, oder ob lediglich    Inhalte bzw. Artikulationsformen der jeweils anderen Disziplin übernommen    werden und mit den sanktionierten Methoden und Maßnahmen der eigenen Disziplin    (Kunst oder Wissenschaft) „umgedeutet“ werden. Dieses Phänomen    nenne ich „Transdisziplinarität“. Gibt es Übergänge    oder Mischformen beider Disziplinaritätsphänomene? Welche Denkhaltungen    werden benötigt, welche Rückwirkungen kann interdisziplinäres    Arbeiten auslösen und welche Bedeutung haben die vorliegenden Fragen für    den derzeitigen kulturellen Diskurs? Mein Vortrag versucht anhand von aktuellen    akustischen Beispielen und Beispielen aus der Musik eine vorsichtige Kartographie    des Niemandslandes zwischen Wissenschaft und Kunst.
 
							
					
			
	
						
					
							 
							
					
			
	
						
					
							Musik und Materie- Edgar Varese
Dr. Wolf-Dieter Trüstedt, Universität Ulm
   Die Vorstellung einer „dritten Dimension“ der Musik als Signum    von Körperlichkeit und Räumlichkeit ist eines der Fundamente für    Varèses Musikauffassung. Anscheinend wurde ihm dieser Gedanke durch Zufall    ins Bewußsein gehoben. Er erzählt: "Als ich 20 Jahre alt war,    stieß ich auf eine Definition der Musik, die plötzlich Licht zu werfen    schien auf meine tastenden Wege zu einer Musik, die, wie ich fühlte, existieren    könnte. Der Physiker, Musikologe und Philosoph der ersten Hälfte des    19. Jahrhunderts Hoëné Wronski definierte die Musik als „la    corporification de l’intelligence qui est dans le sons“. Es war für    mich eine neue, aufregende und die erste völlig einleuchtende Konzeption    von Musik. Hier lag für mich wahrscheinlich der erste Ansatzpunkt, mir    Musik räumlich vorzustellen, mir die Klänge als bewegliche Tonkörper    im Raum zu denken, eine Konzeption, die ich stufenweise weiterentwickelte und    realisierte. Die Definition Wronskis brachte mich auch dazu, die Klänge    als lebende Materie aufzufassen, die dazu geschaffen ist, frei mit ihr zu schalten,    uneingeschränkt von scholastischen Fesseln und akademischen Intervallvorstellungen.    (Varèse, Erinnerung und Gedanken). EDGAR VARÈSE, Grete Wehmeyer,    Gustav Bosse Verlag, Regensburg, 1977
 
							
					
			
	
						
					
							Das Niemandsland des Wassers
Prof. Dr. Thomas Koop, Fakultät für Chemie, Universität Bielefeld    
Wasser ist in unserem Alltag praktisch allgegenwärtig und wird    deshalb oft auch als das Paradebeispiel einer Flüssigkeit angesehen. Allerdings    sind die physikalisch-chemischen Eigenschaften des Wassers außergewöhnlich    und im Vergleich zu anderen Flüssigkeiten in vieler Hinsicht anomal. Viele    dieser Eigenschaften sind nach wie vor unverstanden, insbesondere bei tiefen    Temperaturen: so etwa die Umwandlung von flüssigem Wasser zu Eis, welche    Wissenschaftler seit Jahrhunderten fasziniert. Heute weiß man, dass Wasser    nicht notwendigerweise bei 0°C gefrieren muss, sondern deutlich unter diese    Temperatur abgekühlt werden kann ohne zu gefrieren, nämlich bis etwa    -40°C. Unsere heutige physikalisch-chemische Sicht ist, dass die anomalen    Eigenschaften von flüssigem Wasser möglicherweise durch eine physikalische    Besonderheit ausgelöst werden, nämlich einen so genannten kritischen    Punkt. Dieser kann im Labor aber nicht genau untersucht werden, da er wahrscheinlich    unterhalb der experimentell zugänglichen Temperatur von -40°C liegt:    im Niemandsland des Wassers. In dem Vortrag soll nun gezeigt werden, wie man    Aussagen über die Existenz und Lage des kritischen Punkts machen kann,    auch ohne das Niemandsland experimentell zu betreten. In diesem Sinne soll beispielhaft    aufgezeigt werden, wie Naturwissenschaftler/innen mit dem Problem des Unerreichbaren    ganz allgemein umgehen.
 
							
					
			
	
						
					
							 
							
					
			
	
						
					
							Wrap (Diskussion mit Musik)
Dr. Axel Baune und Dr. Wolf-Dieter Trüstedt
   Das Wrap ist ein wunderschönes mathematisches Verfahren zum    Verformen von Kurven - nicht nur optisch ästhetisch schön, sondern    auch für die Klanggestaltung bzw. zur Klangsteuerung. Zwischen den beiden    Mitgliedern (Baune-Trüstedt) der Gruppe EMU - Experimentelle Musik und    Kunst an der Universität Ulm - gab es immerwieder heftige Diskussionen    über Funktion und Einsatz dieses reizvollen "Phänomens"    aus der elementaren Mathematik. Nach Jörg Schäffer: das Verfahren    ist so einfach, dass man es fast nicht verstehen kann. Dem gleichen Prinzip    folgt auch das Modulo, das unsere abendländische Musik in sich-wiederholende    gleiche Tonhöhenmuster einteilt - siehe die weiss-schwarze Tastenfolge    des Klavieres.
 
							
					
			
	
						
					
							Aesthetic Computing
Thorsten Mahler, Medieninformatik Universität Ulm
   Die im Praktikum aesthetic computing der Medieninformatik der Universität    Ulm entstandenen Arbeiten befassen sich mit der Verbindung der sich rasant entwickelnden    Computertechnik mit künstlerischen Fragestellungen. Die umgesetzten interaktiven    Objekte und Installationen werden nun präsentiert.
Turbulenzen
Prof. Dr. Markus Quante, Environmental Chemistry / Atmospheric Physics / Institute    for Coastal Research / System Analysis and Modelling, GKSS Research Center /    Helmholtz Association
   Turbulenz gilt als das ungelöste Problem der klassischen    Mechanik, an ihm haben sich schon einige der großen wissenschaftlichen    Köpfe versucht. 
   Mit Turbulenz werden Begriffe wie irregulär, erratisch, ungeordnet, verwirbelt,    chaotisch oder intermittent verbunden. Daher verwundert es nicht, wenn auch    außerhalb der Naturwissenschaften immer häufiger der Turbulenzbegriff    zur Benennung unübersichtlicher soziologischer oder auch 
   wirtschaftlicher Situationen respektive Zustände herangezogen wird. Wir    alle haben Turbulenzen in beiden Begriffswelten kennengelernt, in der Tat sind    die meisten uns betreffenden Strömungen turbulent. 
   Bei vielen technischen Anwendungen in der modernen Gesellschaft spielt die Kontrolle    der Turbulenz eine bedeutende Rolle, und trotzdem ist eine zuverlässige    Vorhersage der Entstehung und des Details von Turbulenz bis heute nicht möglich.    Die weitere Erforschung der Turbulenz wird von dem praktischen Nutzen aber auch    von der inhärenten intellektuellen Herausforderung angetrieben. 
   Der Vortrag wird das komplexe Problem Turbulenz beschreibend umreißen    und anhand von Beispielen aus den technischen und geophysikalischen Strömungen    vor dem Hintergrund der forschungsgeschichtlichen Annäherung illustrieren.    Aus dem Bereich der 
   Atmosphärenwissenschaften werden Messungen turbulenter Fluktuationen in    der freien Troposphäre und in Wolken vorgestellt. 
   Eine Volksweisheit trifft es gut: "Turbulenz ist leicht zu sehen aber schwer    zu verstehen". 
 
							
					
			
	
						
					
							Konzerte und Performances:
 
							
					
			
	
						
					
							Turbulenzen
Axel Baune, Klaus Schmidtke, Christine Söffing, Dieter Trüstedt
   Eine Live-Turbulenz wird in Klangbilder umgesetzt. Vier Laptop-Spieler    orientieren sich in dieser Musik gleichzeitig an den Messdaten einer Windturbulenz    in 10 km Höhe - Messdaten aus der Wetterforschung des Research Centers    Geesthacht, Armospheric Physics. Als Klangmaterial selbst dienen Aufnahmen von    Vogelstimmen (Lerchen, Mauersegler, Krähen, Nachtigallen). Die vier Sätze    lauten: Ruhe - Echo aus der Zukunft - Katastrophe - Chaos. 
Opal
Sonja Hafenmayer, München, Dieter Trüstedt, München / Ulm, Gabriele    Herrmann (Kostüm), München
   Musik und Materie / Musik und Körper sind zentrale Begriffe    in diesem Projekt. 
   Körperformen und Klangformungen in elementaren Prozessen sind das künstlerische    Material. Die Musik verwendet ein einfaches mathematisches Verfahren - das Modulo    und stellt diesen Computerklängen den Klang einer empfindlich verstärkten    Stahlsaite gegenüber. Die Wechselwirkungen zwischen den Formen und Formungen    der Handlung und dem zeitlichen Verlauf der Musik sind direkt und unmittelbar.  
Chaosklavier
Dieter Trüstedt (Computer), Hans Wolf (Klavier), München
   Die bekannte "Apfelmännchen-Formel" x>k*x*(1-x)    liefert Werte für Tonhöhen, die die a-Töne eines Flügels    umkreisen. Hans Wolf, München, spielt den Flügel des Stadthauses Ulm    mit seinen wohltemperierten Tonhöhen und Dieter Trüstedt, München    / Ulm, spielt die 8 a-Töne des Flügels neu berechnet mit chaotischen    aber definierten Werten. 
Fractal Flames / „free-quenz“
Gregor Quade, Andreas Usenbenz, Mathias Göppel, Michael Kuhnt
   Andreas Usenbenz (live elektronik) und Gregor Quade (Piano) arbeiteten    schon in diversen Projekten zusammen. Bei ihrem aktuellen Duo „free_quenz“    jedoch geht es vielmehr um die Improvisation mit Klang. Quade entzaubert seinem    Flügel bezaubernde Harmonien aber auch einzelne, kaum wahrnehmbare Schwingungen,    die gleichwohl von Usenbenz aufgefangen, behutsam transformiert und auch (neu)    - interpretiert werden. Der Zuhörer wird eingeladen, sich auf eine Reise    zu begeben, die auf Wegen jenseits heutiger „Teerstraßen“ stattfindet.    Nicht roh und holprig, sondern weich und voller neuer Eindrücke. Klanglandschaften    bewegen sich minimalistisch durch den Raum und geben Zeit zum horchen.
 
							
					
			
	
						
					
							Sinsonanten
Andhi Pabst, Isolde Werner, Angelika Meyer
   Zwei Stimmen begegnen sich. Konsonanten wirbeln umher. Könnte sich um einen    Wettkampf handeln. Oder ist es doch ein Tanz? Und überhaupt, wer kämpftanzt    da mit wem? Die beiden Artisten miteinander, oder ihre Stimmen mit dem Bild    oder die Elemente des Bildes unter sich? Und wer hat eigentlich angefangen?  
 
							
					
			
	
						
					
							 
							
					
			
	
						
					
							Sea of Oblivion
Tobias Hornberger, Ursula Ritter
   The Sea Of Oblivion ist das geistige Niemandsland, ein Meer des Vergessens,    in das sich der Strudel der Zeit ergiesst. The Sea Of Oblivion ist eine interdisziplinäre    Performance von Ursula Ritter (Tanz) und Tobias Hornberger (alias False Mirror)    (Musik). Grundlage des Stückes ist der gleichnamige Track auf dem kommenden    Album 'Derelict World' von False Mirror. Ursula Ritter: Langsame Metamorphosen    organischer Formen, ein Empfinden auf der Zellebene. Die Zelle hat bei allen    Lebewesen dieselbe Struktur und Funktion.
 
							
					
			
	
						
					
							Ulmer Windharfe
Dieter Trüstedt, Klaus Schmidtke, Tobias Hornberger, Andhi Pabst
   Die Gruppe Experimentelle Musik und Kunst Universität Ulm ist    gerade dabei die Ulmer Windharfe (Kunstpfad Nr. 40) als Live-Stream ins Internet    zu setzen, damit sie weltweit und in real time hörbar ist. Wenn wir mit    dem Projekt noch nicht fertig sind, präsentieren wir eine Windharfen-Aufnahme    akustisch und optisch - als Wellenspiel auf einer Wasseroberfläche (Kymatik).    Wenn dagegen die Einspielung klappt, werden die Windharfenklänge von Andhi    Pabst mit einem Kreis multipliziert und projiziert.
Aesthetic Computing
AG Thorsten Mahler, Holger Dammertz, Johannes Hanika
   Prof. Dr. Michael Weber, Medieninformatik Universität Ulm
   - typotisch / Nora von Egloffstein, David Langer
   - infinite acid noise projection / Hendrik Burmann, Jennifer Jühnemann
   - soundscape / Katerina Tzikas
   - grid / Tobias Hornberger
   - sehen und gesehen werden / Philipp Güttler
 
							
					
			
	
						
					
							 
							
					
			
	
						
					
							 
						 
						 
						 
						 
						 
						 
						 
						 
						 
						 
						 
						 
						 
						 
						