Nutzpflanzen-Abteilung
Viele Menschen haben heute nur noch eine geringe Kenntnis von der Vielfalt unserer Kultur- und Nahrungspflanzen. Die Pflanzen, deren Teile uns heute als Grundnahrungsmittel (Getreide, Gemüse, Obst) dienen, gingen aus Wildformen hervor und sind häufig das Ergebnis jahrhundertelanger Auslese und Züchtung.
Weltweit werden ca. 5.000 verschiedene Pflanzenarten für die menschliche Ernährung angebaut, davon jedoch nur ca. 660 Arten in großem Maßstab. Davon wiederum sind nur 6 Arten (Weizen, Reis, Mais, Kartoffel, Süßkartoffel, Maniok) für über 60 % der globalen Kalorienversorgung verantwortlich.
Die Nutzpflanzen-Abteilung im Botanischen Garten besteht aus 10 Beeten, die nach unterschiedlichen Themenbereichen eingeteilt sind. Es werden 110 Nutzpflanzen vorgestellt, davon 28 verschiedene Getreidearten. Auf speziellen Textetiketten kann man zu jeder Pflanze Wissenswertes über Herkunft, Kultivierung und Verwendung erfahren.
Dieser Bereich ist vor allem für Unterrichtszwecke (Studierende und Schüler) besonders interessant.
1. Kohlenhydratliefernde Pflanzen
Viele der stärkehaltigen Pflanzen gehören zu den Weltwirtschaftspflanzen wie z. B. die zu den Süßgräsern (Poaceae) gehörenden Getreidearten. Sie bilden die Grundlage unserer täglichen Ernährung. In den Pflanzenzellen wird durch Photosynthese zunächst Glucose gebildet, diese in Stärke umgewandelt und in den Samen gespeichert. Die Spitzenstellung unter den Getreidearten hat der Weizen. Er wird fast weltweit angebaut und liegt in der Weltproduktion direkt hinter Mais und Reis.
Neben der Familie der Süßgräser gibt es weitere Pflanzenfamilien und -arten, bei denen Kohlenhydrate in Samen, Knollen (Kartoffel) oder Rüben (Zichorie) gespeichert werden. Diese werden auf einem gesonderten Beet vorgestellt.
Auf einem weiteren Beet werden die Saccharoseliefernden Pflanzen vorgestellt. Saccharose (Zucker) ist ein Disaccharid und gehört ebenfalls zu den Kohlenhydraten. Zucker ist heute als Süßstoff und Nahrungsmittel nicht mehr wegzudenken. In zahlreichen Pflanzen wird Zucker als Reservekohlenhydrat gespeichert. Weltwirtschaftlich von Bedeutung für die Zuckergewinnung sind nur das Zuckerrohr und die Zuckerrübe. Im Gegensatz zu dem bereits sehr früh genutzten Zuckerrohr wurde die Zuckerrübe erst Anfang des 19. Jh. aus der Runkelrübe gezüchtet. Heute werden ca. 80 % der Weltzuckerproduktion aus Rohrzucker hergestellt und nur noch ca. 20 % werden aus der Zuckkerrübe gewonnen.
Die Zuckerhirse ist für die Zuckerproduktion unrentabel, sie dient der Sirupgewinnung.
2. Eiweißliefernde Pflanzen
Eiweiß stellt ein Grundnahrungsmittel dar, das der Organismus ständig neu aufbaut. Die dafür benötigten Aminosäuren müssen mit der Nahrung als tierisches oder pflanzliches Eiweiß aufgenommen werden. Einen besonders hohen Eiweißgehalt unter den Pflanzen haben die Samen der Hülsenfrüchtler (Leguminosen), da sie zusätzliche Aminosäuren von in ihren Wurzeln lebenden Knöllchenbakterien erhalten. Es werden häufig kultivierte Arten bzw. Sorten von Bohnen und Erbsen, aber auch Puffbohne, Saubohne, Augenbohne, Kichererbse und Linse gezeigt.
3. Fett- und ölliefernde Pflanzen
Pflanzliche Fette und Öle haben als Nahrungsmittel einen besonders hohen Kaloriengehalt und enthalten lebenswichtige ungesättigte Fettsäuren. Außerdem haben sie große Bedeutung als industrielle Brenn- und Schmieröle. Meist werden die Fette bzw. Öle in den Samen als Nährstoffreserve für den Keimling gespeichert. Bei den Kreuzblütlern gibt es viele ölliefernde Kulturpflanzen, wie z.B. Rübsen und Raps. Bekannte Öle liefern auch Sonnenblumen, Lein, Öldistel und Rizinus.
4. Gemüse- und salatliefernde Pflanzen
Kohlgemüse
Kohl hat unter den Gemüsepflanzen die höchste weltwirtschaftliche Bedeutung. Alle Kohlsorten stammen von einer einzigen Art, dem Wildkohl (Brassica oleracea), ab. Durch Mutationen, Kreuzungen und Auslese entstanden die bekannten Kultursorten wie z. B. Grünkohl, Weißkohl, Blumenkohl, Kohlrabi, Rosenkohl und Brokkoli.
Frucht- und Blattgemüse
Frucht- und Blattgemüse liefern für die menschliche Ernährung wichtige Vitamine und Mineralstoffe. Beim Fruchtgemüse handelt es sich im Gegensatz zu Obst meist um einjährige Pflanzen, deren Früchte kaum süß schmecken. Bekannte Fruchtgemüse sind Tomate, Gurke, Kürbis und Paprika. Zu Blattgemüse zählen Salatpflanzen, einige Kohlsorten und Spinat.
Salatpflanzen
Salatpflanzen gehören zu den Korbblütlern, nur der Feldsalat ist ein Vertreter der Baldriangewächse. Vom Gartensalat gibt es sehr viele Kulturformen wie z.B. Kopfsalat, Pflücksalat, Schnittsalat, Spargelsalat und den bereits im frühgeschichtlichen Ägypten angebauten Römischen Salat. Sie sind alle gelbblütig und stammen vermutlich vom Wilden Lattich ab, einer ursprünglich südeuropäisch-westasiatischen Steppenpflanze. Dagegen ist die blau blühende Wegwarte die Stammpflanze der Salatzichorie, die man als Chicorée, Radicchio oder Zuckerhut kultiviert.
Zwiebel-, Stängel- und Blattstielgemüse
Zwiebeln entstehen aus fleischig verdickten Blättern und einer extrem gestauchten Sproßachse. Sie speichern Reservestoffe und dienen der Überdauerung im Boden. Beim Stängelgemüse wird die unverholzte und nicht knollig verdickte Sproßachse gegessen, wie z. B. beim Spargel oder bei Bambussprossen. Zu Blattstielgemüse gehören Bleichsellerie und Rhabarber.
Knollen- und Wurzelgemüse
Dieses Gemüse bezieht sich auf Pflanzen, bei denen Wurzel, Hypokotyl (=Sproßachse unterhalb der Keimblätter) bzw. Sproßachse zu einem Speicherorgan verdickt sind. Wenn nur ein Organ verdickt ist, handelt es sich botanisch um eine Knolle, z. B. Hypokotylknolle bei Radieschen und Kohlrübe. Ist hauptsächlich die Wurzel und das angrenzende Hypokotyl verdickt, so spricht man von Rüben. Rüben entwickeln sich bei Rettich, Möhre, Pastinak, Schwarzwurzel und Wurzelpetersilie.