Von der Internationalisierung zur Globalisierung des Unternehmens

Unternehmerisches Globalisierungspotenzial nutzen

Ein Großteil der deutschen bzw. europäischen KMU sind in der einen oder anderen Form (Export/Import, Tochterunternehmen etc.) bereits international tätig. Nicht nur in den klassischen unternehmerischen Funktionsbereichen, sondern auch in den Bereichen Forschung und Entwicklung (F&E) sowie Personal sind bei KMU vertiefte Internationalisierungstendenzen erkennbar.

KMU werden weiter den neuen Wettbewerbern auf angestammten Märkten Paroli bieten müssen. Gleichzeitig sind Globalisierungsstrategien erforderlich, die dann über den klassischen Export (bisherige Internationalisierung) hinausgehen. Die Intensität dieser Aktivitäten wird und muss weiter qualitativ und quantitativ anwachsen, so die These der aktuellen Forschungsarbeiten am Institut für Unternehmensplanung: Die Auslandsaktivitäten von KMU können dabei in betrieblichen Funktionen und Bereichen eine globale Dimension annehmen.

Globalisierungsstrategie auf Basis der vorhandenen Internationalisierung

Um erfolgreich zu globalisieren, bedarf es einer an das jeweilige Unternehmen optimal angepassten Globalisierungsstrategie (Adaption). Darauf aufbauend sollte im Rahmen der Operationalisierung dieser Globalisierungsstrategie eine kontinuierliche Überprüfung mit latenten Vor- und Rückkopplungsprozessen stattfinden (Gegenstromverfahren, Abb. 1).

Es empfiehlt sich als Unternehmer vor dem "Going Global" aufbauend auf der bisherigen Unternehmensentwicklung (vgl. Abb. 1, Phase eins bis vier ), die aktuellen Internationalisierungsaktivitäten des eigenen Unternehmens kritisch zu überprüfen, um mögliche Stärken zu analysieren und Schwächen zu eliminieren (Phase fünf bis neun) und um sich dann für eine Globalisierung zu entscheiden (Phase neun und zehn).

Entscheidungsrelevante Faktoren für ein "Going Global"

Das Globalisierungspotenzial erschließt sich aus der weiteren Bereitschaft des KMU, sich als Ganzes weiter und noch intensiver als bisher im Rahmen der Internationalisierung den globalen Bedingungen und Gegebenheiten anzupassen. Zentrales Moment ist dabei die Motivation und Unterstützung der Mitarbeiter beim "Going Global".

Globalisierungsbereitschaft des Managements

Die Globalisierungsfähigkeit steht in direkter Relation zur Organisationsstruktur des KMU. Dazu gehören die strukturellen Kapazitäten des KMU und besonders die Bereitschaft der Geschäftsführung, wieder zusätzliche interne und externe "Global-Aufgaben" zu übernehmen. Die Frage nach der weiteren Finanzierung der zu tätigenden globalen Auslandsinvestitionen ist ebenfalls ein zentrales Entscheidungskriterium über das Globalisierungspotenzial. Zusätzliche Kreditauflagen im Rahmen des geänderten Ratings für KMU (Basel II) erschweren die Finanzierung einer unternehmerischen Globalisierung. Gleichzeitig kommen veränderte internationale Rechnungslegungsvorschriften, je nach Unternehmensform im Rahmen der International Financial Reporting Standards (IFRS) hinzu.

Zusammenfassend haben sich in der Praxis vier wesentliche interne Bereiche herauskristallisiert, in denen sich der Unternehmer im Rahmen der angestrebten Globalisierung detailliert Klarheit verschaffen muss: 1) generelle Managementkapazitäten, 2) Anzahl und Qualifikation der Mitarbeiter, 3) Organisationsstruktur und 4) Finanzierung bzw. Kapitalbasis (siehe Abb. 2).

Instrumente zur unternehmerischen Globalisierung

Der internationale Markteintritt und die anschließende Globalisierung können nach zunehmendem Grad des Auslandsgeschäfts systematisiert werden, z.B. nach den verschiedenen Ebenen wie Export, Lizenzvergabe, Franchising und Direktinvestition (siehe Abb. 3). Die verschiedenen dargestellten Instrumente können auch wechselseitig für die unternehmerische Globalisierung verwendet werden.

Positive Aspekte nach Logik des Realgüterprozesses

Für die weitere Globalisierung des Unternehmens lassen sich zusätzlich positive Aspekte heranziehen, die sich an der Logik des Realgüterprozesses und den lokalen Rahmenbedingungen für die Leistungserstellung orientieren:

  • Beschaffungsorientierte Gründe: Erschließung/Sicherung von weltweiten Ressourcen
  • Produktionsorientierte Gründe: Rationalisierungs- und Kostenvorteile
  • Absatzorientierte Gründe: Erschließung/Sicherung von Auslandsmärkten durch situationsspezifische, lokal angepasste Wettbewerbsstrategien und Produkte
  • Umweltorientierte Gründe: Nutzung länder- bzw. standortspezifischer Rahmenbedingungen kultureller, technologischer, rechtlicher oder wirtschaftlicher Art.
  • Faktorbezogene Gründe: Erschließung neuer Ressourcen im Bereich F&E, Personal

Global Branding und Glokalisierung

Ein möglicher Ansatz, um in globalen Märkten eine Führungsposition einzunehmen, ist z.B. eine geschickte Marken- bzw. Produktpolitik. Der so genannte Global-Branding-Ansatz beinhaltet eine Produktentwicklung auf dem Grad zwischen lokaler Differenzierung und globaler Standardisierung. D.h. das KMU verfügt dann über ein "globales" Produkt, das den jeweiligen lokalen Bedürfnissen der Kunden vor Ort angepasst ist (so genannte Glokalisierung). Eine Strategie, die sich aus der Kombination dieser theoretischen Gedanken und in der Praxis erfolgreich umgesetzter Anwendung ergibt, ist die Ausrichtung an folgenden drei Erfolgsfaktoren:

  1. regelmäßige Zusammenarbeit mit den weltweit bedienten Kunden an der Weiterentwicklung der eigenen Produkte,
  2. gleichzeitig global und lokal organisierte Kundenbetreuung mit klarer Kompetenzvorgabe an die Landesgesellschaften,
  3. Aufbau der eigenen Unternehmung durch organisches Wachstum und der Neuausrichtung des Unternehmens mit jeder neuen Schlüsselinnovation.

In der Praxis hat ein deutsches Softwarehaus diese Faktoren erfolgreich umgesetzt und nennt sie 1. Trusted Innovator, 2. Globalization und 3. Best-run-Organization.

Globalisierung - unternehmerspezifische Anpassung notwendig

Generell bleibt festzustellen, die hier genannten Beispiele und Instrumente als Grundlage für die Globalisierung müssen unternehmensspezifisch sorgfältig angepasst werden. Ziel muss es sein, die Globalisierung als Chance zu begreifen und sich als KMU geschickt im Weltmarkt zu positionieren.

Eine Kombination der verschiedenen hier aufgeführten Möglichkeiten erhöht die Erfolgsaussichten beim "Going Global", wobei der Beginn bzw. die Auswahl des Startpunktes (siehe Abb. 4) und der dynamische Prozess je nach KMU festzulegen sind.

In diesem Fall sind hier aufgezeigten Analyseinstrumente in die folgende Abbildung (Abb. 4) integriert.

Die Globalisierungsbereiche: Phase (Abb. 1), Potenzial (Abb. 2), Portfolio (vgl. Abschnitt Global Branding und Glokalisierung) und Form (Abb. 3) sollten vor der unternehmerischen Globalisierung bearbeitet sein und sind für den unten grafisch dargestellten Ablaufprozess notwendige Voraussetzungen.

Klärung zentraler Fragen vor der unternehmerischen Globalisierung

Zu allen vier Bereichen müssen die wesentlichen Fragen in Bezug auf die zukünftige Globalisierungsstrategie und die darauf folgende Globalisierung des Unternehmens geklärt sein:

  • In welcher Phase der bisherigen Internationalisierung auf dem Weg zur Globalisierung befindet sich das Unternehmen?
  • Welches Globalisierungspotenzial besteht in Bezug auf Management, Organisation, Mitarbeiter und Finanzierung tatsächlich?
  • Welche Globalisierungsstrategie bzw. Geschäftsfeldstrategie (Stichwort Glokalisierung) soll gewählt werden?
  • Mittels welcher Globalisierungsform bzw. welchem Globalisierungsinstrument soll die Globalisierungsstrategie umgesetzt werden?

Qualitätsstandards: Vorteil auf dem Weg zum globalen KMU

Wichtig ist, die bereits im Heimatland erreichten Standards in den Bereichen Qualität, Produktion, Personal und Umwelt auch als Vorteile auf dem Weg zu einem globalen KMU anzusehen. Diese Mindeststandards sind jeweils vor Ort herzustellen. Sie dienen einem geregelten Wettbewerb sowie dem Schutz von Konsumenten und Produzenten.

Diese "Spielregeln" sollten im Interesse der arbeitenden und konsumierenden Menschen weltweit vereinheitlicht werden. Vorteile aus Zeit, Technik und Produktqualität in Kombination mit Umweltschutz und fairen Arbeitsbedingungen fördern den Absatz und erhöhen gleichzeitig das Ansehen des dann wirklich globalisierten KMU.

Bereits zum Thema veröffentlichte Literatur:

  • Beschorner, D./Stehr, C.: Internationalisierungsstrategien für kleine und mittlere Unternehmen in: BetriebsBerater, Zeitschrift für Recht und Wirtschaft, 62. Jg., Heft 6, 5. Februar 2007, Frankfurt a. M., S.315-321
  • Beschorner, D./Stehr, C.: Corporate culture and sustainabilty in a globalizing world, in: Electronic Journal of Intercultural Research, Vol.1/2004, ejir.intercultural-competence.org/down.html
  • http://ejir.intercultural-competence.org/down.htmlBeschorner, D./Stehr, C., (Hrsg.): Umweltschutz und Krisenmanagement, Globalisierung - Chancen und Risiken, Publikation anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Deutsch-Japanischen Akademischen Burse (DJAB), Ulm 2003
  • Stehr, C., (Hrsg.): Brasilien und Globalisierung - Handlungsspielräume aktueller brasilianischer Wirtschaftspolitik, Ulm 2005
  • Stehr, C.: Was ist Globalisierung, Annäherung an ein Phänomen und der Versuch einer Begriffsbestimmung, in: Detting, Daniel; u.a. (Hrsg.), Lust auf Zukunft, Kommunikation für nachhaltige Globalisierung, Hamburg 2004, S.23-31
  • Stehr, C., (Hrsg.): Globalisierung und Nachhaltigkeit - Mittelständische Unternehmen und das Kyoto-Protokoll, Ulm 2004

Aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen zum Thema:

  • Haasis, S.:
    Auswirkungen der Internationalisierung auf die Branche der Wirtschaftsprüfer in Deutschland, Ulm 2006
  • Schick, S.:
    Auswirkungen der Globalisierung auf den deutschen Mittelstand am Beispiel der Automobilzulieferbranche, Ulm 2006
  • Weiterführende Informationen:
    http://www.mathematik.uni-ulm.de/uplan/
    http://www.polymundo.de

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