Die Universität Ulm hat eine einjährige Gastprofessur für das Tierforschungszentrum (TFZ) eingerichtet. Die Professur geht an den Veterinärmediziner Dr. Kurt Reifenberg, einen international ausgewiesenen Experten für experimentelle Tierhaltung. „Unser Ziel ist es, ein versuchstierkundliches Qualitätsmanagement nach internationalen Standards zu etablieren. Damit wollen wir mittelfristig eine internationale Zertifizierung der Tierhaltung erreichen“, so Professor Thomas Wirth, Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm, die zu den Hauptnutzern des TFZ gehört.
Trotz großer Fortschritte bei der Entwicklung von Tierersatz- und Modellierungsmethoden sind Tierversuche in den Lebenswissenschaften noch immer unverzichtbar. Dies gilt insbesondere für die Erforschung komplexer Krankheitsbilder, für die es ein Verständnis der systemischen Zusammenhänge braucht, die über einzelne Organsysteme weit hinausgehen. „Gleichzeitig gelten höchste gesetzliche Standards beim Tierwohl, denen wir gerecht werden müssen; und das wollen wir auch“, sagt Kurt Reifenberg. Mit Hilfe des Gastprofessors will die Universität das Qualitätsmanagement in der Tierhaltung und der Versuchstiernutzung zur internationalen Zertifizierung vorbereiten.
Kurt Reifenberg hat an der Universität München studiert und promoviert. Von 1989 bis 1999 war er Tierarzt und Tierschutzbeauftragter an der Universität Ulm und ist deshalb mit der Ulmer Tierhaltung bestens vertraut. Anschließend wechselte er nach Mainz, wo er von 1999 bis 2012 die Tierhaltung der Johannes Gutenberg-Universität leitete und eine Honorarprofessur erhielt. Im Jahr 2013 übernahm der Veterinärmediziner die Leitung der Tierhaltung des Deutschen Krebsforschungszentrums. Zum 1. Mai wechselt Reifenberg nun als Gastprofessor an die Universität Ulm und leitet hier das Tierforschungszentrum. Die versuchstierkundlichen Kompetenzen des neuen Leiters und Gastprofessors liegen insbesondere im Feld der Genetik und Zucht von Nagern sowie der tiermodellbasierten Krebsforschung. Der Veterinärmediziner ist „Diplomate“ des European College of Veterinary Laboratory Animal Medicine und hat dort eine postgraduale veterinärmedizinische Spezialisierung in der Versuchstierkunde absolviert.
Professur unterstreicht Bedeutung der tierexperimentellen Forschung und des Tierschutzes
„Mit dieser Professur unterstreicht die Universität Ulm die Bedeutung der tierexperimentellen Forschung und des Tierschutzes für die zukünftige Entwicklung dieses exzellenten lebenswissenschaftlichen Standorts“, sagt Universitätspräsident Professor Michael Weber. Die Universität Ulm ist sehr forschungsstark. Allein in der Medizin gibt es drei Sonderforschungsbereiche, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert werden: in der Traumaforschung, der Alterungsforschung und zur Erforschung der therapeutischen Wirkung körpereigener Proteine.
Das Tierforschungszentrum ist eine zentrale Einrichtung der Universität Ulm zur Unterstützung der lebenswissenschaftlichen Forschung. Das TFZ ist zuständig für die Beschaffung, Haltung und Zucht von Versuchstieren sowie für die Beratung und Betreuung aller tierexperimentell arbeitenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei der Planung und Durchführung ihrer Vorhaben. Zentrale Aufgabe dabei ist die Wahrung aller Belange des Tierschutzes. Im TFZ arbeiten insgesamt 58 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter Tierpflegerinnen und -pfleger sowie Tierärztinnen und -ärzte. „Ich freue mich sehr auf meine neue Aufgabe in Ulm und eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen“, sagte Reifenberg bei der TFZ-Versammlung im März, bei der er sich der Belegschaft vorgestellt hat.
Die Universität Ulm ist Mitglied im 3R-Netzwerk des Landes Baden-Württemberg. Die Abkürzung 3R steht für „Replace, Reduce, Refine“, also Tierversuche ersetzen, reduzieren und die Bedingungen bei unvermeidbaren Tierversuchen verbessern.
Seit 2020 unterstützt das Wissenschaftsministerium in Stuttgart den Aufbau des landesweiten Netzwerks mit bislang rund 6,8 Millionen Euro. Davon erhält die Universität Ulm 750 000 Euro für den Aufbau ihres 3R-Zentrums. Der Fokus liegt in Ulm auf der Entwicklung von Organoiden, die als Tierersatzmodelle eingesetzt werden sollen, sowie auf der Optimierung der postoperativen Versorgung und der Verbesserung der Ausbildung.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Kurt Reifenberg, Universität Ulm, Leiter Tierforschungszentrum, E-Mail: kurt.reifenberg(at)uni-ulm.de
Text und Medienkontakt: Andrea Weber-Tuckermann