34. Phytotherapie mit Augenmaß

Auch bei der Anwendung von als weitgehend unschädlich geltenden Arzneipflanzen können Sie unter Umständen ein Risiko eingehen. Bei bestimmten Erkrankungen sind pflanzliche Arzneimittel einfach nicht ausreichend wirksam! Eine nicht ausreichende Therapie aber kann bei manchen Erkrankungen gefährliche Folgeschäden auslösen. In anderen Fällen ist vor der Anwendung von Arzneipflanzen zunächst eine sichere Diagnose durch den Arzt erforderlich. Schließlich können in Einzelfällen auch Arzneipflanzen bei Dauergebrauch zu Abhängigkeit führen.

Heidelbeerblätter - Vaccinium myrtillus
Heidelbeerblätter (Vaccinium myrtillus)

Heilpflanzen sind keine Wundermittel

Zahlreiche Erkrankungen sind überhaupt nicht einer Therapie mit pflanzlichen Arzneimitteln zugänglich. Heilpflanzen sind keine Wundermittel! Andererseits wirken sie in vielen Fällen ausgesprochen segensreich. Unbestritten! In anderen Fällen jedoch muss man klar ihre Grenzen sehen. Als Beispiel sei die Zuckerkrankheit (Diabetes) angeführt. In der Volksmedizin wird folgender „antidiabetisch“ wirksamer Tee empfohlen:

  • Geißrautenkraut
  • Bohnenhülsen
  • Salbeiblätter
  • Heidelbeerblätter
  • Bockshornsamen

Für keine dieser Pflanzen konnte bisher eine ausreichende und vor allem sichere Wirkung gegen zu hohen Blutzucker nachgewiesen werden.

Bisher gibt es, abgesehen von einigen Quellstoffen zur unterstützenden Behandlung, auch noch keine pflanzliche Zubereitung, mit Hilfe derer eine zweckmäßige Therapie des Diabetes zu verantworten wäre. Man sieht also: bei Krankheiten wie Diabetes ist der Einsatz nicht pflanzlicher Medikamente unumgänglich.

Im Zweifelsfall sollte der Arzt entscheiden

Die Behandlung bestimmter Erkrankungen mit pflanzlichen Arzneimitteln sollten Sie einem erfahrenen Arzt überlassen und nicht in Ihre eigene Hand nehmen. Dieser Grundsatz gilt für Prostatabeschwerden oder auch für die Schilddrüsen-Überfunktion (Hyperthyreose).

Wässrige Extrakte aus Wolfstrappkraut stellen bei leichten Formen der Schilddrüsenüberfunktion durchaus eine Alternative zu chemisch-synthetischen Arzneistoffen dar. Die Dosierung erfolgt hier individuell, je nach Beschwerdebild. Eine Entscheidung hierüber sollte nur von einem entsprechend ausgebildeten Mediziner getroffen werden.

Wolfstrapp - Lycopus europaeus
Wolfstrapp (Lycopus europaeus)

Ein klassisches Beispiel für eine Gruppe von arzneilich genutzten Pflanzen, die nur kurzfristig angewandt werden dürfen, stellt die Gruppe der anthranoidhaltigen Drogen dar. Neben Rhabarber, Sennes und Aloe gehört auch der einheimische Faulbaum dazu. Anthranoide sind stark abführend wirkende Pflanzenstoffe.

Missbrauch von Abführmitteln – Ein weit verbreitetes Problem

Anthranoidhaltige Arzneimittel, die bei Langzeitanwendung Risiken mit sich bringen, sind heute nur noch in der Apotheke erhältlich. Die Folgen einer längerfristigen, zu hoch dosierten Anwendung können dramatisch sein: Der Körper verarmt unter anderem an dem wichtigen Mineralstoff Kalium; die Folge: Darmlähmung und Verstopfung, die mit einem erneuten, u. U. höher dosierten Griff zum Abführmittel beantwortet wird. Abhängigkeit droht! Anthranoidhaltige Abführmittel sollten deshalb nur kurzfristig in Sonderfällen oder bei akuter Obstipation (Verstopfung) eingenommen werden. Fragen Sie in Ihrer Apotheke nach!