Nachholzeiten nach den WissZeitVG

Wissenschaftlich Beschäftigte mit befristetem Arbeitsvertrag nach § 2 Abs. 1 Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG), so genannte Qualifizierungsbefristung, haben bei Ausfallzeiten Anspruch auf eine Verlängerung ihres Arbeitsvertrags (§ 2 Abs. 5 WissZeitVG). Im Einverständnis mit der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter verlängert sich die jeweilige Dauer eines befristeten Arbeitsvertrages in folgenden fünf Fällen:

  1. Bei Beurlaubung oder Reduktion der Arbeitszeit um mind. ein Fünftel der regelmäßigen Arbeitszeit, die für die Betreuung oder Pflege eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren (Elternzeit; § 15 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG)), oder pflegebedürftiger Angehöriger gewährt worden sind.

  2. Zeiten einer Beurlaubung für eine wissenschaftliche Tätigkeit oder eine außerhalb des Hochschulbereichs oder im Ausland durchgeführten wissenschaftlichen oder beruflichen Aus-, Fort- oder Weiterbildung.

  3. Zeiten einer Inanspruchnahme von Elternzeit nach dem BEEG und Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz in dem Umfang, in dem eine Erwerbstätigkeit nicht erfolgt ist.

  4. Zeiten einer Freistellung im Umfang von mind. einem Fünftel der regelmäßigen Arbeitszeit zur Wahrnehmung von Aufgaben in einer Personal- oder Schwerbehindertenvertretung, von Aufgaben eines oder einer Gleichstellungsbeauftragten oder zur Ausübung eines mit dem Arbeitsverhältnis zu vereinbarenden Mandats und

  5. Zeiten einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, in denen ein gesetzlicher oder tariflicher Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht besteht.

In den Fällen 1, 2 und 4 sollte die Verlängerung die Dauer von zwei Jahren nicht überschreiten. Die Zeiten der Fälle 1 bis 5 werden in dem Umfang, in dem sie zu einer Verlängerung des Arbeitsvertrags führen können, nicht auf die zulässige Befristungsdauer (nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG) angerechnet.

Die Verlängerung um die Nachholzeiten tritt von Gesetzes wegen ein. Es muss kein neuer Arbeitsvertrag geschlossen werden. Lediglich das Einverständnis der/des Beschäftigten ist erforderlich. Dieses kann auch mündlich erklärt werden. Es wird jedoch empfohlen, die Einverständniserklärung schriftlich abzugeben.

Ein Beispiel zu Nachholzeiten nach § 2 Abs. 5 WissZeitVG:

Rahmendaten:

Arbeitsvertrag ab 01.10.2013 befristet bis 30.09.2016 mit einem Beschäftigungsumfang von 90 %, Befristungsgrund Qualifizierungsbefristung (§ 2 Abs. 1 WissZeitVG),
Beginn der Mutterschutzfrist ab 24.03.2016 (vorauss. Entbindung 05.05.2016),
Entbindung 30.03.2016 (Frühgeburt), Ende der Mutterschutzfrist zum 28.07.2016,
Elternzeit ab 29.07.2016 bis 29.03.2017. Beschäftigungsbeginn zum 30.03.2017 mit einem Beschäftigungsumfang von 65 %.

 

Festlegung der Nachholzeiten:

Für den Zeitraum vom 24.03.2016 bis 30.09.2016 ergibt sich eine Nachholzeit von 191 Tagen bei einem Beschäftigungsumfang von 90 %. Beim festgelegten Beschäftigungsbeginn zum 30.03.2017 und einem Beschäftigungsumfang von 65 % ergibt sich eine Nachholzeit von 244 Tagen (+ 53 Tage). Der Arbeitsvertrag würde daher am 28.11.2017 enden.
Der Umfang des Verlängerungszeitraums ergibt sich aus dem Umfang der Ausfallzeiten bis zum vertraglich vereinbarten Ende der Zusammenarbeit. D.h. bei Reduzierung der Arbeitszeit um mind. ein Fünftel der regelmäßigen Arbeitszeit können die Zeitanteile, um die reduziert wurde, auch hinten „angehängt“ werden.

Anfang Dezember 2016 beantragt die Beschäftigte eine Verlängerung ihrer Elternzeit um weitere drei Monate vom 30.03.2017 bis 29.06.2017, die ihr bewilligt wird. Bei einem Arbeitsbeginn am 30.06.2017 endet die Nachholzeit daher mit Ablauf des 28.02.2018.
Die Verlängerungsoption wird nur durch die tatsächliche weitere Beschäftigungsmöglichkeit abgebaut, was zur Folge hat, dass fortdauernde oder erneute Ausfallzeiten im Sinne von § 2 Abs. 5 WissZeitVG den Zeitpunkt des vollständigen Abbaus der entstandenen Verlängerungsoption entsprechend nach hinten verschieben.

Neuere Rechtsprechung:
BAG – 7 AZR 456/12 vom 28.05.2014
LAG Mecklenburg-Vorpommern 2 SA 384/15 vom 15.11.2016

Konkrete Beratungen bieten die Personalabteilungen, der Familienservice und der Personalrat.

Kontakt