News

Ulmer Virologin erhält Margarete von Wrangell Habilitationsstipendium
Dr. Christine Goffinet erforscht antivirale Proteine im Einsatz gegen AIDS-Viren.

Ulm University

Zielstrebig und hartnäckig war sie - Margarete von Wrangell (1876 -1932) – Deutschlands Pionierin unter den Professoren. Als erste Frau im Land erhielt die promovierte Chemikerin im Jahr 1923 einen Lehrstuhl an der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim. Die Tochter aus einer Familie von Generälen und Polarforschern, die mit ihren Forschungen zur Phosphatdüngung die damalige Lehrmeinung im wissenschaftlichen Landbau herausforderte, wusste sich schon damals als Frau in der Wissenschaft zu behaupten.

Keine Probleme damit hat auch die Ulmer Virologin Dr. Christine Goffinet. Die Nachwuchsgruppenleiterin vom Institut für Molekulare Virologie der Universität Ulm wird im April ihr Habilitationsstipendium antreten. Das nach der ersten deutschen Professorin benannte Förderprogramm für herausragende Nachwuchswissenschaftlerinnen hat eine Laufzeit von fünf Jahren und soll den Stipendiatinnen optimale Rahmenbedingungen für die Habilitation schaffen. Diese akademische Lehrbefugnis, venia legendi genannt, ist auch heute noch ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Professur. „Als Frau habe ich mich in der Wissenschaft bisher weder bevorzugt noch benachteiligt gefühlt, allerdings herrscht an deutschen Universitäten auf Ebene der Professuren noch immer ein großes Ungleichgewicht “, so Goffinet.

Mit ihren Arbeiten zur Wirkungsweise antiviraler Proteine hat sich die promovierte Biologin insbesondere in der AIDS-Forschung einen Namen gemacht. Die vielfach ausgezeichnete Wissenschaftlerin, die im Rahmen ihrer Promotion über den Einsatz von Kleintiermodellen zur Erforschung von HIV-Infektionen mit dem AIDS-Forschungspreis 2007 der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie ausgezeichnet wurde, ist auch Preisträgerin der Rudolf-Schülke-Stiftung, der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie und der Robert-Koch-Stiftung.

Im Fokus ihrer aktuellen Forschung liegt ein spezielles menschliches Glykoprotein. „Dieser antivirale Faktor hemmt die Ausbreitung von HIV-1, indem es die Infektiösität neugebildeter Viren verringert“, erklärt die Virologin. Antivirale Proteine wie das kürzlich entdeckte Glykoprotein werden typischerweise Interferon-abhängig synthetisiert. Goffinet geht davon aus, dass die Anzahl solcher Virenhemmer womöglich unterschätzt wird. „Unsere Forschung hat das Potenzial, bisher unbekannte antivirale Faktoren zu entdecken, die bei der antiviralen zellulären Antwort eine Schlüsselrolle spielen“, ist die Nachwuchsgruppenleiterin überzeugt.

Allerdings hat das HIV-1-Virus perfide Gegenstrategien entwickelt und bekämpft die antiviralen Proteine recht wirksam, indem es sie gezielt zersetzen lässt oder geschickt in die Irre führt. Goffinet und Kollegen möchten nun herausfinden, wie die virale Gegenwehr molekulargenetisch gesteuert wird, um langfristig wiederum die virale Abwehrstrategie unterlaufen zu können, damit die zellulären Virenhemmer weiterhin ungestört ihre Arbeit verrichten können.

Bereits mit ihrer Promotion, die sie nach ihrem Biologie-Studium in Hamburg an der Universität Heidelberg ablegte, hat sie einen wichtigen Beitrag zur Erforschung von HIV-Infektionen geleistet. Sie hat erstmals nachgewiesen, dass sich bestimmte antivirale Wirkstoffe an genetisch modifizierten Ratten testen lassen. Eine große Erleichterung für Wissenschaftler: Bisher wurden potenzielle AIDS-Medikamente in der Frühphase ausschließlich an Primaten erprobt.

Christine Goffinet ist seit November 2010 an der Universität Ulm Nachwuchsgruppenleiterin am Institut für Molekulare Virologie, das von Professor Frank Kirchhoff geleitet wird. Sie war bereits Postdoc-Stipendiatin der Peter und Traudl Engelhorn Stiftung sowie der Medizinischen Fakultät Heidelberg. Die 1977 geborene Wissenschaftlerin ist verheiratet und hat eine zweijährige Tochter.

„Spätestens, wenn ein Kind da ist, muss man – vor allem als Frau – seine Arbeitsweise umstellen. Wissenschaftlerinnen mit Kindern müssen ein höheres Maß an Flexibilität und Organisationsfähigkeit aufbringen, und belastbarer sein“, so die Gruppenleiterin. „Umso mehr freut es mich, dass uns Universität und Klinikum bei der Kinderbetreuung so unterstützen. Sonst wäre eine wissenschaftliche Karriere schwer zu realisieren“, stellt die gebürtige Französin klar. Auch das Margarete von Wrangell Habilitationsprogramm ist für Goffinet eine große Hilfe. Ihre Stelle wird für drei Jahre vom Land und für zwei Jahre von der Uni Ulm finanziert. Sie hat nun fünf Jahre Zeit, um Sachmittel einzuwerben und ihr Forschungsprofil auszubauen. Unterstützung bei der Bewerbung erhielt Goffinet vom Gleichstellungsbüro der Uni. „Ich habe dort wertvolle Tipps erhalten und Hilfestellung bekommen“, lobt die Wrangell-Stipendiatin. Das von der EU teilfinanzierte Landesprogramm wird von der Landeskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten koordiniert.

Weitere Informationen: Dr. Christine Goffinet, Universitätsklinikum Ulm, Institut für Molekulare Virologie, Tel: 07 31 / 500 65169 (Büro), Tel: 07 31 / 500 65 163 (Labor), e-mail: christine-goffinet@uni-ulm.de

 Das Programm im Netz: http://www.margarete-von-wrangell.de

 Auch die Ulmer Zellbiologin Dr. Pika Miklavc vom Institut für Allgemeine Physiologie der Universität wurde in das Margarete von Wrangell Habilitationsprogramm aufgenommen. Über sie berichten in einer folgenden Pressemeldung.