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Aus Verantwortung für die Zukunft:
Masterstudiengang für Nachhaltige Unternehmensführung eingerichtet

Ulm University

Der homo oeconomicus ist zur Fratze des Kapitalismus geworden. Finanzkrisen, Umweltschäden und soziale Probleme haben die neoliberale Standardökonomie in Verruf gebracht. Mittlerweile herrscht Konsens, dass auch die Überlebensfähigkeit der deutschen Wirtschaft und Gesellschaft davon abhängt, ob den ökologischen und sozialen Folgeschäden wirtschaftlichen Handelns angemessen Rechnung getragen wird.

"Die Einsicht in die Notwendigkeit nachhaltigen Handelns ist da, doch die Lücke zwischen Bewusstsein und Handeln ist groß", so Professor Martin Müller. Der Inhaber des Stiftungslehrstuhls für Nachhaltiges Wirtschaften an der Universität Ulm ist verantwortlich für die Einrichtung des neuen Masterstudienganges "Nachhaltige Unternehmensführung" an der Universität, der im Februar dieses Jahres in das Landesförderprogramm zur Stärkung des Beitrags der Wissenschaft für eine nachhaltige Entwicklung aufgenommen wurde. "Mit diesem Studiengang möchten wir den Transfer von Wissen über Nachhaltigkeit in die Gesellschaft fördern, um diese Lücke langfristig zu schließen", informiert der studierte Betriebswirtschaftler.

Der inter- und transdisziplinäre Masterstudiengang soll die Studierenden dazu befähigen, unternehmerische Entscheidungen unter Abwägung ökologischer und sozialer Nebenwirkungen verantwortlich zu gestalten. Auf der Grundlage einer soliden ökonomischen Ausbildung werden Kompetenzen, Instrumente und Methoden vermittelt, die die Studierenden in die Lage versetzen, Nachhaltigkeit in der Unternehmenspraxis wirkungsvoll zu gestalten. Das inter- und transdisziplinäre Design des Studiengangs sorgt dafür, dass neben ökonomischem Wissen auch relevante Grundlagen aus der Philosophie, der Psychologie, der Biologie und Informatik als Studieninhalte vermittelt werden.

Ökonomische Instrumente erfassen ökologische und soziale Faktoren

"Wir haben die Geisteswissenschaften mit einbezogen, weil wir auch ethisch-moralischen Fragen Rechnung tragen wollen. Denn gerade Begriffe wie Gerechtigkeit und Verantwortung spielen hier eine Schlüsselrolle", erklärt Martin Müller. Dass philosophische Betrachtungen im hergebrachten wirtschaftswissenschaftlichen Studium bisher kaum Raum fanden, ist wenig überraschend. "Doch erschreckend ist, wie wenig dort bisher die Steuerungsinstrumente berücksichtigt werden, die die Ökonomie selbst hervorgebracht hat, um ökonomisches Handeln nachhaltig zu gestalten", findet der 43-jährige Nachhaltigkeitsökonom. Mit dem Life Cycle Assessment, dem Carbon Footprint und den Bilanzen zu virtuellem Wasser und kumulierten Energieaufwendungen hat die Ökonomie mittlerweile ein umfassendes Instrumentarium entwickelt, um die Wirkung ökologischer und sozialer Faktoren zu erfassen. "Über das Masterprogramm werden diese Methoden und Instrumente in die Unternehmen diffundieren. Denn die Studenten sind die Entscheider von Morgen.", so der Stiftungslehrstuhlinhaber.

Mit Zielkonflikten umgehen lernen ...

Die Studierenden sollen das richtige Rüstzeug erhalten, um auch mit Zielkonflikten besser umzugehen. "Wenn Unternehmen fürchten müssten, dass ökologische Standards den Gewinn massiv beeinträchtigen, landen sie häufig in einem Dilemma, das schwer aufzulösen ist", glaubt Müller. Der Umgang mit solchen Zielkonflikten kann zum Beispiel in der Psychologie und den so genannten Behavioural Economics trainiert werden, die ebenfalls konstruktive Ansätze für den Masterstudiengang beisteuern. Attraktiv ist das Studium auch für Studierende, die ihre interkulturellen Kompetenzen ausbauen möchten. Für Auslandsaufenthalte an Partneruniversitäten steht ein spezielles "Mobilitätsfenster" zur Verfügung, außerdem wird das dritte Semester komplett englischsprachig gestaltet. "Die Nachfrage aus der Wirtschaft nach unseren zukünftigen Absolventen wird aufgrund der breiten Ausbildung sicherlich hoch sein", schätzt der Ulmer Stiftungsprofessor für Nachhaltiges Wissen, nachhaltige Bildung und nachhaltiges Wirtschaften.

Auch Stadt und Land profitieren

Für Ulm als Stadt bedeutet die Einrichtung dieses Studienganges eine weitere Stärkung als Standort für nachhaltige Entwicklung. Ob im Bereich regenerative Energie, Elektromobilität oder nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, so profitiert die Region bereits sehr von der engen Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Im Ulmer Initiativkreis Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung (unw) e.V. beispielsweise findet bereits ein reger Austausch zwischen Unternehmern und Wissenschaftlern zu ökonomischen Nachhaltigkeitsthemen wie Stoffmanagement, Energieeffizienz und Ökobilanz statt. "Das neue Masterprogramm wird dem Transfer von Nachhaltigkeitswissen neue Impulse geben und das Bewusstsein der Gesellschaft für die Bedeutung nachhaltiger Entwicklung schärfen", so Professor Karl Joachim Ebeling. Der Universitätspräsident weiter: "Der Studiengang vermittelt interdisziplinäre Kompetenzen, um die zukünftigen ökonomischen, ökologischen und sozialen Herausforderungen bewältigen zu können, vor denen Unternehmen und Organisationen heute stehen."

Und auch das Land profitiert. "Baden-Württemberg zu einem Vorreiter für Nachhaltigkeit zu machen, ist eine große Chance für den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort. Und dafür brauchen wir frische Ideen aus unseren Hochschulen", so Forschungsministerin Theresia Bauer in einer Pressemeldung zum Landesförderprogramm für nachhaltige Entwicklung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Das Förderprogramm ist in der ersten Runde auf drei Jahre angelegt und umfasst insgesamt drei Millionen Euro, wobei auf die bewilligten Projekte jeweils bis zu 400 000 Euro entfallen. 32 Hochschulen des Landes haben hierzu Anträge gestellt. Bewilligt wurden insgesamt neun Anträge, zwei davon aus Ulm. Neben der Universität konnte sich auch die Hochschule Ulm mit ihrem Netzwerk-Projekt "Forschung am Wissensfluss" gegen starke Konkurrenten durchsetzen.

Verantwortlich: Andrea Weber-Tuckermann