Mit einer Gastprofessor der Hans Kupczyk-Stiftung an der Universität Ulm sind in rund 30 Jahren Forscherinnen und Forscher aus zehn Ländern ausgezeichnet worden. Seit Mittwochabend gehört Professorin Johanna Myllyharju, wissenschaftliche Direktorin des renommierten Biocenters Oulu (Finnland), zu diesem Kreis.
Myllyharju ist bereits die zweite Kupczyk-Gastprofessorin der finnischen Forschungseinrichtung, mit der vor allem die durch die Exzellenzinitiative geförderte Internationale Graduiertenschule für Molekulare Medizin enge Kontakte unterhält. „Mit der Verleihung der Gastprofessur stärken wir die langjährige Kooperation zwischen den Universitäten Oulu und Ulm. Ein besonders wichtiger Baustein ist das gemeinsame Promotionsprogramm ,Tissue Homeostasis‘“, verdeutlichte Universitätspräsident Professor Michael Weber in seiner Begrüßung. Im Zentrum des fast zweiwöchigen Gastaufenthalts der Molekularbiologin stand also nicht nur der wissenschaftliche Austausch, sondern auch die Weiterentwicklung der Partnerschaft – vor allem der Aufbau eines deutsch-finnischen Masterprogramms im Bereich Molekulare Medizin.
Nach der Verleihung der Ernennungsurkunde durch den Universitätspräsidenten stellte Professor Michael Kühl, Chairman der Internationalen Graduiertenschule, Johanna Myllyharju und ihre Forschung vor. Die Wissenschaftlerin befasst sich zum einen mit der Rolle der extrazellulären Matrix, beispielsweise bei der Embryonalentwicklung, und zum anderen mit molekularen Selbstregulierungsmechanismen von Geweben – etwa nach Traumen oder bei bestimmten Erkrankungen.
In ihrem Vortrag am Mittwochabend sprach Myllyharju über „Überlebensstrategien“ von Geweben bei Sauerstoffmangel („Hypoxie“). Bei unzureichender Sauerstoffversorgung versagt die Energiegewinnung der Zelle und wichtige Stoffwechselprozesse kommen zum Erliegen. Ursachen hierfür reichen von schwerer Blutarmut („Anämie“) über Atherosklerose bis zu akuten Ereignissen wie einem Herzinfarkt. In solchen, teils lebensbedrohlichen Situationen greifen Selbstregulierungsmechanismen des Körpers. „Sobald Hypoxie auftritt – und nur dann – lässt sich etwa das Protein HIF in Zellen nachweisen“, erklärte die Professorin.
Mäuse vor Übergewicht und Herzerkrankungen bewahrt
Johanna Myllyharju berichtete, dass der „Hypoxie-induzierende Faktor“ (HIF) ständig hergestellt, doch sofort wieder abgebaut werde, wenn kein Sauerstoffmangel vorliege. Tatsächlich wirkt eine Enzymgruppe als Sauerstoff-Sensor: Bei einer Unterversorgung aktiviert HIF umgehend Signalwege, die für die Anpassung der Zelle an die Hypoxie wichtig sind.
Im Mausmodell wies die Gruppe um Myllyharju nach, dass ein Fehlen dieses Sauerstoff-Sensors und somit die ständige Präsenz von HIF vor Herzerkrankungen und etwa Übergewicht schützt. Der Selbstregulierungsmechanismus könnte also ein interessanter Ansatzpunkt für die Medikamentenentwicklung sein. Eine klinische Studie ist bereits angelaufen.
Vor ihrem Fachvortag hatte Johanna Myllyharju mit der Uni Oulu eine der wohl nördlichsten Hochschulen und besonders das Biocenter vorgestellt. Was Studienangebot und Größe angeht, entspricht die 1958 gegründete Einrichtung in etwa der Universität Ulm. Die Forscherin drückte ihre Freude über die Gastprofessur aus – und vor allem über die Möglichkeit, fast den ganzen Tag über Forschung zu sprechen.
Die Stiftung des verstorbenen Verlegers und Druckereibetreibers Hans Kupczyk unterstützt den wissenschaftlichen Austausch, Bildung und Erziehung. Johanna Myllyharju ist die 28. Gastprofessorin, die von der Stiftung gefördert wird. Neben verschiedenen Amtsträgern der Universität, Studierenden und Gästen nahm der Neffe Hans Kupczyks mit Ehefrau an der Verleihung teil.
Bildunterschrift (Foto: Eberhardt/Uni Ulm):
Der Ulmer Universitätspräsident Prof. Michael Weber (rechts) verleiht Prof. Johanna Myllyharju die Kupczyk-Gastprofessor. Prof. Michael Kühl (links), Chairman der Internationalen Graduiertenschule für Molekulare Medizin und Myllyharjus Gastgeber, gratuliert der Molekularbiologin
Text und Medienkontakt: Annika Bingmann