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Wenn Versicherungsnehmer „erben“:
SCOR-Preis für Masterarbeit über Ausgleichseffekte in Lebensversicherungen

Ulm University

Für seine Masterarbeit zu „Vererbungseffekten in der Lebensversicherung“ hat Tobias Burkhart, Doktorand am Ulmer Institut für Versicherungswissenschaften, den SCOR-Preis  (1. Platz) erhalten. Die Auszeichnung des großen französischen Rückversicherers SCOR ist mit 6000 Euro dotiert und dient der Förderung  junger Aktuarwissenschaftler. Ausgangspunkt von Tobias Burkharts Arbeit  „Analyse der Ausgleichseffekte in der deutschen Lebensversicherung“ ist der so genannte Kollektivgedanke. „Anders als bei vielen Finanzprodukten bilden die Versicherten eines Unternehmens eine Gemeinschaft. Die Rückerstattung der gezahlten Sicherheitszuschläge im Zuge des Überschussbeteiligungsprozesses erfolgt also nicht für jeden Versicherungsnehmer separat. Vielmehr werden alle Versicherten über ein einheitliches Verteilungsverfahren an den erzielten Gewinnen beteiligt“, erklärt Burkhart.  Dadurch würden Überschüsse von älteren an jüngere Versichertengenerationen vererbt und zwischen verschiedenen Risikogruppen ausgeglichen.

Genau diese Ausgleichs- oder Vererbungseffekte zwischen Bestand und Neugeschäft hat der Wirtschaftsmathematiker in seiner Masterarbeit analysiert und quantifiziert: „Ziel meines stochastischen Projektionsmodells ist die marktkonsistente Bewertung eines Versicherungsunternehmens und die Analyse seiner künftigen Entwicklung. Dabei spielen natürlich Vererbungseffekte mit all ihren Facetten sowie ihre Steuerung durch den Versicherer eine große Rolle“, erläutert Tobias Burkhart. Seine Schwerpunkte sind die Vererbung durch Abschlusskostenvorfinanzierung und die einheitliche Verzinsung aller Verträge im Zuge der Überschussbeteiligung. Nach drei Projektionsdurchläufen am Computer kann der 27-Jährige den Lebensversicherungsbestand im Kontext des Neugeschäfts sowie den Barwert vererbter Mittel beurteilen. Dies ist für die Bestimmung des Wertes eines Personenversicherungsbestands („Embedded Value“)  und im Kontext von „Solvency II“ besonders wichtig. Diese europaweite Reform des Versicherungsaufsichtsrechts betrifft vor allem die so genannten Solvabilitätsvorschriften für Eigenmittel von Versicherern.
„Außerdem ist das beschriebene Verfahren ein nützliches Werkzeug, um die Auswirkungen des Kollektivcharakters bei Versicherungen genauer zu erforschen“, ergänzt der Ulmer Preisträger.

Faible für Versicherungswissenschaft seit Studienbeginn

Tobias Burkhart stammt aus der Nähe von Günzburg und hat an der Universität Ulm Wirtschaftsmathematik studiert. Bereits in den ersten Semestern entdeckte er sein Interesse für Aktuarwissenschaften, absolvierte Praktika bei großen Versicherungsunternehmen und arbeitete als Hilfskraft am Institut für Versicherungswissenschaften. Ein Talanx-Stipendium und seine Teilnahme am anspruchsvollen USA-Austauschprogramm der Fakultät für Mathematik und Wirtschaftswissenschaften belegen Burkharts fachliche Exzellenz.  Inzwischen promoviert er an der Uni Ulm – Thema sind wieder Ausgleichseffekte in der Lebensversicherung. Eine wissenschaftliche Karriere ist nicht ausgeschlossen.

Der SCOR-Preis ist in der Versicherungsbranche sehr angesehen. Die Preisverleihung für Deutschland fand im November in Stuttgart statt. Weitere Auszeichnungen wurden in Frankreich, Italien, Spanien, in der Schweiz und in England vergeben. Eine Jury, der auch Experten der Universität Ulm angehören, hatte besonders relevante Beiträge zu Personen- und Sachversicherungen ausgewählt. „Die Arbeit von Tobias Burkhardt behandelt ein wichtiges Thema, für das bisher in der wissenschaftlichen Literatur keine Lösung existierte und für das er eine neue Methodik entwickelt hat. Das große Interesse, das sein Beitrag inzwischen findet, ist ein eindrucksvoller Beweis für die Kreativität und Qualität seiner Arbeit“, resümiert Professor Hans-Joachim Zwiesler vom Ulmer Institut für Versicherungswissenschaft, der die Masterarbeit betreut hat und nun auch Tobias Burkharts Doktorvater ist.

Verantwortlich: Annika Bingmann