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Dienstleistungsfunktion im Vordergrund:
Dr. Petra Kirsch leitet Tierforschungszentrum

Universität Ulm

„Keine Frage, das war schon ein Sprung in das kalte Wasser“, erinnert sich Dr. Petra Kirsch an den Empfang ihrer Ernennungsurkunde, mit der ihr Mitte vergangenen Jahres die Leitung des Tierforschungszentrums (TFZ) übertragen worden ist. Seither leitet die im brandenburgischen Zehdenick geborene Wissenschaftlerin, Jahrgang 1976, die zentrale Betriebseinheit der Universität Ulm. In den neun Monaten zuvor hatte sie diese Aufgabe kommissarisch wahrgenommen. Unstrittig eine Aufgabe, die zu den schwierigeren auf dem Campus gerechnet werden darf.

„Aber inzwischen habe ich mich freigeschwommen“, berichtet die Veterinärmedizinerin selbstbewusst, freut sich über „viel Unterstützung aus der Verwaltung und von Nutzerseite, ebenso von Kollegen und Mitarbeitern im TFZ selbst“, die ihr die neue Rolle in der Leitungsfunktion erleichtert habe. Deren Schwierigkeit in ihrem Fall nicht nur aus dem unvermeidlichen Spannungsfeld zwischen Tierschutz und Tierversuch resultiert, aus vorrangigen Nutzerinteressen und eigenen Ansprüchen als Dienstleister, sondern auch der Führungsaufgabe für rund fünf Dutzend Beschäftigte. Die nicht einfacher wird durch die Fußstapfen, die ihr die beiden Vorgänger hinterlassen haben: Wissenschaftliche Urgesteine mit ausgewiesener Kompetenz und robustem Charme, anerkannt weit über Ulm hinaus, hart in der Sache, mitunter auch im Ton. Letzteres womöglich auch dem Umstand geschuldet, dass die Professoren Hanspeter Schnappauf und Burghart Jilge in den vier Jahrzehnten, da sie die Entwicklung der Einrichtung geprägt haben, ungeachtet deren Bedeutung und verschiedener Neubau-Perspektiven bis zuletzt mit Provisorien arbeiten mussten.

Und jetzt eine junge Frau, bezogen auf Erfahrung und Auftritt sozusagen der personifizierte Gegenentwurf. Fraglos aber mit einem überaus respektablen Hintergrund: Studium und Promotion („magna cum laude“) an der Freien Universität Berlin, Fachtierärztin für Versuchstierkunde und Mikrobiologie gleichermaßen, Leiterin des TFZ-Diagnostiklabors seit Februar 2006. Zwei Jahre zuvor hatte sie hier ihre erste Vollstelle nach der Promotion angetreten. „Die Ausschreibung war sehr ansprechend“, erinnert sich Petra Kirsch, zumal sie sich schon in ihrer Dissertation mit einem molekular-mikrobiologischen Thema beschäftigt habe.

Wobei die sich seit Jahren abzeichnende Entwicklung in der medizinischen Forschung, der Molekularmedizin zumal, durchaus auf ihren zweiten wissenschaftlichen Schwerpunkt zuläuft. Belegt nicht zuletzt durch den aktuellen Tierbestand: Mäuse und Ratten vor allem und Kaninchen. „Schafe und Schweine dagegen halten wir nur noch ab und an, forschen an ihnen aber nicht selbst.“

Ohnehin fehle momentan für intensivere Forschungsarbeiten allein schon die Zeit, weiß die Wissenschaftlerin, „wir sind Dienstleister geworden“. Auch in Sachen Tierschutz, Kirsch zufolge verbunden mit immer mehr Bürokratie, veränderten Regelungen unter anderem durch die neue EU-Richtlinie, die seit Oktober gelte und innerhalb von zwei Jahren umgesetzt werden müsse. „Dabei ist bereits das deutsche Tierschutzgesetz eines der strengsten weltweit.“ Ein wichtiger Aspekt der Arbeit ihrer Einrichtung sei etwa, die Nutzer zur Anwendung von Ersatz- oder Ergänzungsmethoden zu motivieren. „Vielfach bleibt jedoch nur der Tierversuch“, erklärt die Leiterin, „gewisse Fragestellungen sind weder mit Zellkulturen zu lösen noch mit Simulationen am Rechner“.

Viel Beratung also, viel Schreibtischarbeit. Natürlich sei sie sich der Verantwortung bewusst gewesen, die sich mit dem Wechsel in die Chefetage verbinde. „Das war ja auch eine große Chance für mich“, freut sie sich gleichwohl über den Karrieresprung. Ihren früheren Arbeitsplatz, das Diagnostiklabor („ein Goldstück“), will sie freilich nicht aus den Augen verlieren, begrüßt in diesem Zusammenhang Investitionsmittel zur Modernisierung. „Wir haben hier mikrobiologische und histo-pathologische Möglichkeiten unter einem Dach“, beschreibt Dr. Petra Kirsch das Angebot, von dem viele Nutzer profitieren könnten. Jedenfalls sehe sie die Servicefunktion des Zentrums „absolut im Vordergrund“. Damit einhergehend auch einige Baustellen im wahrsten Sinne des Wortes, die Einrichtung einer großen Spülküche zum Beispiel. Ungeachtet dieser Prioritäten denkt die neue TFZ-Leiterin zumindest vorsichtig über den Tag hinaus: „Vielleicht ist längerfristig doch das eine oder andere eigene Forschungsprojekt denkbar.“ 

Von Willi Baur