Virtuelles Trainingshospital und digitaler Rettungswagen
Medizinstudierende erwerben als Avatare ärztliche Kompetenzen

Universität Ulm

In der virtuellen Welt für den Arztberuf trainieren: Diese Zukunftsvision ist für Medizinstudierende der Universität Ulm bereits Realität. Derzeit wird das 2021 eingeweihte Trainingshospital „ToTrainU“ digital nachgebaut. Schon jetzt können angehende Ärztinnen und Ärzte komplexe Abläufe im virtuellen Rettungswagen-Praktikum einüben.

Eine VR-Brille ist die Eintrittskarte in die virtuelle Trainingswelt: Als Avatare treffen Ulmer Medizinstudierende auf Patientinnen und Patienten mit unterschiedlichen Krankheitsbildern. Im laufenden Wintersemester ist zunächst das notfallmedizinische Rettungswagen-Praktikum in die virtuelle Realität (VR) überführt worden: „Coronabedingt mussten wir das Praktikum, bei dem wichtige notfallmedizinische Abläufe trainiert werden, bereits zwei Semester in Folge absagen. Nun sind wir froh, unseren Studierenden eine digitale Version anbieten zu können, die auch in Zukunft und bei normalisiertem Lehrbetrieb eine sinnvolle Ergänzung des Praktikums sein wird“, sagt Professor Claus-Martin Muth, Sektionsleiter Notfallmedizin am Universitätsklinikum Ulm.

Parallel zu diesem Pilotprojekt ist ein viel größeres Vorhaben angelaufen: Bereiche des neuen Trainingshospitals „ToTrainU“ (TTU) werden virtualisiert. Neben einem simulierten Behandlungszimmer stehen schon bald digitale Versionen der Intensivstation und des Schockraums zur Verfügung. Hier können Gesprächssituationen oder wichtige Behandlungsabläufe alleine oder im Team trainiert werden. Alle Übungsszenarien sind von erfahrenen Medizinerinnen und Medizinern des Ulmer Universitätsklinikums gemeinsam mit Fachleuten für E-Learning konzipiert worden.

VR-Formate ergänzen Lernangebote im Medizinstudium

Astrid Horneffer, als ärztliche Leiterin des TTU zuständig für die Koordination der Simulationsangebote, sieht in den VR-Lehrformaten ein wichtiges Puzzleteil: „Fähigkeiten wie die Blutentnahme und das chirurgische Nähen üben unsere Studierenden in so genannten Skills Labs anhand von einfachen Modellen. In der virtuellen Realität erlernen sie Behandlungsabläufe und die Kommunikation im Team, die letztlich im realen Trainingshospital umgesetzt werden – teils sogar mithilfe von Schauspielpersonen.“ Hierfür stehen Übungen in verschiedenen Schwierigkeitsgraden bereit – unter anderem aus den Bereichen Unfallchirurgie und Intensivmedizin.

Bei der Überführung des Rettungswagen-Praktikums und des TTUs in die virtuelle Realität kooperiert das Ulmer Kompetenzzentrum eEducation in der Medizin Baden-Württemberg mit TriCAT. Das Unternehmen aus der benachbarten Wissenschaftsstadt hat die immersive Multi-User VR-Software i:medtasim entwickelt, auf deren Grundlage die Räume maßstabsgetreu nachgebildet werden.
Zunächst werden Medizinstudierende im klinischen Abschnitt das digitale Angebot ausschließlich mit VR-Brillen im realen TTU nutzen. In Zukunft sollen sie ihre virtuellen Patientinnen und Patienten aber auch vom heimischen Schreibtisch oder Sofa aus behandeln können.

„Die VR-Angebote ergänzen die Medizin-Ausbildung um eine weitere Dimension: Im virtuellen Raum können die angehenden Ärztinnen und Ärzte ihre praktischen Fertigkeiten stufenweise aufbauen und ohne Zeitdruck idealtypische Abläufe erproben. Durch dieses Training bewahren sie in realen Stresssituationen eher einen ruhigen Kopf“, erklärt Projektleiter Robert Speidel vom Kompetenzzentrum eEducation der Medizinischen Fakultät. Das virtuelle Trainingshospital öffnet voraussichtlich ab dem Wintersemester 2022/23 seine digitalen Pforten.


Text und Medienkontakt: Annika Bingmann

 

Medizinstudentinnen üben eine Behandlungssituation in der virtuellen Realität (Foto: Eberhardt/Uni Ulm)
Projektleiter Robert Speidel, Psychologe mit dem Schwerpunkt „Learning Sciences“, und die ärztliche Leiterin des TTU, Astrid Horneffer (v.l.), stimmen die realen und virtuellen Simulationen aufeinander ab (Foto: Eberhardt/Uni Ulm)
Robert Speidel demonstriert das neue VR-Lernangebot (Foto: privat)