Erfolgreicher Abschluss des Leuchtturmprojektes „UNICARagil“
Ulmer Forscher entwickeln Automatisierungskonzept

Universität Ulm

Am Donnerstag, 11. Mai, fand in Aachen das Abschlussevent eines der größten europäischen Projekte zum autonomen Fahren statt. Präsentiert wurden dabei vier vollständig fahrerlose Prototypen. An dem fünfjährigen Projekt, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit insgesamt 32 Millionen Euro gefördert wurde, nahmen insgesamt 17 Universitäten und Unternehmen teil. Koordiniert wurde das Projekt von der RWTH Aachen. Ulmer Forscher waren federführend für die Koordination und Umsetzung des Automatisierungskonzeptes verantwortlich.

Automatisierte elektrische Fahrzeuge spielen für die Mobilität der Zukunft eine Schlüsselrolle, beispielsweise für einen nachhaltigen und intelligenten Straßenverkehr. Fünf Jahre forschten führende deutsche Universitäten gemeinsam mit spezialisierten Unternehmen im BMBF-Projekt UNICARagil zum autonomen Fahren, um die Entwicklung hochautomatisierter Elektrofahrzeuge voranzutreiben. Wie erfolgreich sie waren, zeigte sich bei der Abschlusspräsentation an der RWTH Aachen. Vorgestellt wurden die vier fahrerlosen Fahrzeugprototypen autoCARGO, autoTAXI, autoSHUTTLE und autoELF. „Unsere Aufgabe war es, nicht einfach den bestehenden Stand der Technik um kleine Details zu erweitern oder zu verbessern, sondern auch neue technische Grundlagen zu schaffen“, so Professor Lutz Eckstein. Der Leiter des Instituts für Kraftfahrzeuge von der RWTH Aachen hat das Verbundprojekt koordiniert. Für UNICARagil wurde eine komplett neue Fahrzeugstruktur entwickelt und das Zusammenspiel von Fahrwerk, Antrieb und Karosserie neu gedacht. So wurde das Fahrwerk mit dem Antrieb verheiratet, und es wurden vier Dynamikmodule realisiert, über die jedes Rad einzeln gesteuert und angetrieben werden kann. Die Räder selbst lassen sich um 90 Grad einlenken und schaffen es damit in die kleinste Parklücke.

Das „Herz“ eines autonomen Fahrzeuges ist die Automatisierung

Um sinnvolle Fahrmanöver planen zu können, braucht es hochkomplexe Sensor-Technologien sowie eine umfassende Steuerungsintelligenz. Das Institut für Mess-, Regel- und Mikrotechnik (MRM) der Universität Ulm, das maßgeblich an diesem Verbundprojekt beteiligt ist, gehört zu den führenden Forschungsgruppen auf dem Gebiet der Fahrzeugautomatisierung. Das MRM hat sich mit seiner Expertise für das autonome Fahren bereits in zahlreiche nationale und internationale Forschungsvorhaben eingebracht. „UNICARagil ist bislang unser größtes Projekt. Wir waren hier federführend für die Koordination des Automatisierungskonzeptes und dessen Umsetzung verantwortlich“, so Professor Klaus Dietmayer, Leiter des Ulmer Instituts für Mess-, Regel- und Mikrotechnik. „Technisch waren wir für die sogenannte Perzeption zuständig, also für die maschinelle Wahrnehmung der Umgebung des Fahrzeuges. Hierfür haben wir ein spezielles Sensormodul entwickelt und realisiert, das in jedem Fahrzeug vierfach verbaut ist“, erklärt PD Dr. Michael Buchholz, der im Projekt die Domäne „Automatisierung“ geleitet hat. In den Sensormodulen werden Radar-, Lidar- und Videodaten für den vollautomatisierten Betrieb der Fahrzeuge verarbeitet. Sämtliche Informationen aller vier Sensormodule wurden schließlich zu einem zentralen Fahrzeugumgebungsmodell fusioniert, das dann im „Großhirn“ der Autos für die Planung von Fahrmanövern genutzt wird. „Das Umgebungsmodell liefert Informationen über Verkehrsteilnehmer sowie eine dynamische Rasterkarte, in der freie und belegte Fahrbahnbereiche beziehungsweise statische oder bewegliche Hindernisse verzeichnet sind“, erläutert Buchholz.

Erstmals getestet wurde die Sensor- und Steuerungstechnologie für die Automatisierung am sogenannten autoCARGO, dem UNICARagil-Prototypen für den Kleinlastentransport und Lieferverkehr, für dessen Entwicklung die Uni Ulm gemeinsam mit dem KIT verantwortlich waren. Danach wurde diese hochkomplexe Fahrzeugfunktion auf alle weiteren Fahrzeuge übertragen. Dass diese neuartigen automatisierten Elektrofahrzeuge tatsächlich erfolgreich fahrerlos unterwegs sind, liegt also nicht zuletzt an der Expertise aus Ulm.

Projektpartner sind:

  • RWTH Aachen (Institut für Kraftfahrzeuge - VERBUNDKOORDINATION, Lehrstuhl Informatik 11 - Embedded Software, Lehrstuhl und Institut für Flugsystemdynamik, Lehrstuhl für Controlling)
  • TU Braunschweig (Institut für Regelungstechnik, Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze),
  • TU Darmstadt (Fachgebiet Fahrzeugtechnik, Fachgebiet Physikalische Geodäsie und Satellitengeodäsie),
  • Technische Universität München (Lehrstuhl für Ergonomie, Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik),
  • Universität Stuttgart (Institut für Fahrzeugtechnik),
  • Universität Ulm (Institut für Mess-, Regel- und Mikrotechnik),
  • Karlsruher Institut für Technologie (Institut für Mess- und Regelungstechnik, Institut für Fördertechnik und Logistiksysteme),
  • Universität Passau (Lehrstuhl für Technische Informatik)
  • Atlatec GmbH,
  • flyXdrive GmbH,
  • iMAR Navigation GmbH

Mehr Informationen zum Projekt: https://www.unicaragil.de/de/

 

Weitere Informationen zum Teilprojekt der Uni Ulm :
PD Dr. Michael Buchholz, Institut für Mess-, Regel- und Mikrotechnik (MRM) der Universität Ulm, E-Mail: michael.buchholz(at)uni-ulm.de

Text und Medienkontakt: Andrea Weber-Tuckermann

 

autoCARGO
Der im Rahmen von UNICARagil entwickelte Prototyp eines Kleinlasten- und Lieferfahrzeuges autoCARGO. Die Uni Ulm und das KIT haben die Entwicklung dieses Prototyps gemeinsam koordiniert (Foto: Amadeus Bramsiepe / KIT)
Fahrzeugumgebungsmodell
Die Abbildung zeigt ein Fahrzeugumgebungsmodell mit Rasterkarte (weiß/grau/schwarz/bunte Punkte). Die Verkehrsteilnehmer sind als rote Boxen dargestellt. Die graue Box in der Bildmitte bildet das eigene Fahrzeug ab. Die bunten Linien im Bild verzeichnen weitere Karteninformationen aus dem Verkehrsraum (Abb.: MRM / Uni Ulm)
PD Dr. Michael Buchholz
PD Dr. Michael Buchholz bei der Präsentation des Teilprojekts beim Abschlussevent in Aachen (Foto: MRM / Uni Ulm)
v.l. Prof. Klaus Dietmayer und PD Dr. Michael Buchholz (Fotos: Elvira Eberhardt / Uni Ulm)