Mit der fünften Auflage des Young Researchers’ Science Day der Nachwuchsakademie ProTrainU hat die Universität Ulm bewiesen, dass sowohl Begeisterungsfähigkeit als auch Nachdenklichkeit einen festen Platz an der Hochschule haben. Die Veranstaltung, bei der junge Forschende um mehr als 80 000 Euro pitchen, ist einzigartig in Deutschland. Gastredner war der Wissenschaftsjournalist und Blogger Dr. Jan-Martin Wiarda.
Wie man die eigene Forschung möglichst allgemeinverständlich auf den Punkt bringt und dabei das Publikum begeistert, das zeigten eindrucksvoll die beiden Siegerinnen des Young Researchers’ Science Day der Universität Ulm. Den ersten Platz – dotiert mit 50 000 Euro – erreichte Dr. Julia Téoule mit ihrem Vortrag zur Endometriose. Die Fachärztin an der Ulmer Universitätsfrauenklinik begleitet Paare mit Kinderwunsch und forscht dazu, wie sich die Fruchtbarkeit bei Frauen mit Vorerkrankungen besser erhalten lässt. Mit dem Preisgeld will die klinische Forscherin immunologische Biomarker entwickeln, die es möglich machen, diese schmerzhafte Erkrankung frühzeitig zu diagnostizieren. Dies könnte den erkrankten Frauen nicht nur einen jahrelangen und oft ergebnislosen Ärztemarathon ersparen, sondern den Betroffenen auch helfen, trotz Krankheit eigene Kinder zu bekommen. Zweite Siegerin wurde Dr. Christine Schillings. Die Postdoktorandin aus der Abteilung für Klinische und Gesundheitspsychologie, die 30 000 Euro bekommt, pitchte zur Verbesserung der Körperwahrnehmung bei Stress. Die Wissenschaftlerin setzt in ihrem Projekt, das sie mit dem Fördergeld umsetzen möchte, auf die mobile Stimulation des Vagusnervs, der Teil des Parasympathikus ist, und eine Schlüsselrolle bei der Selbstwahrnehmung spielt.
Reisegutscheine in der Höhe von 1 800 Euro erhielten Dr. Lina Braun, Dr. Miray Fidan Assfalg, Dr. Gabriela Flores Rangel sowie Dr. Johannes Ziegler. In ihren Pitches ging es ebenfalls um Stressbewältigung, außerdem um die Behebung vorzeitiger Alterungsprozesse, um smarte Baby-Schnuller zur medizinischen Überwachung sowie um sozialpsychologische Methoden für die Messung von zwischenmenschlichem Vertrauen. „Der Science Day hat wieder gezeigt, welche Themenvielfalt und Innovationskraft unser wissenschaftlicher Nachwuchs zu bieten hat“, so Vizepräsident für Karriere Professor Dieter Rautenbach.
Bewerben für den Pitch können sich junge Forschende auf der Doktoranden- und Postdoc-Ebene mit einem schriftlichen Antrag, der von einer Jury aus Vorstandsmitgliedern der Nachwuchsakademie begutachtet wird. Beim Pitch-Vortrag, der mit 50 Prozent bewertet wird, können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit drei Kriterien punkten: Aufbau, Präsentationsweise und Allgemeinverständlichkeit. „Der Science Day richtet sich an den wissenschaftlichen Nachwuchs der Universität. Unsere Veranstaltung ist in dieser Form und Dotierung einzigartig in Deutschland“, betonten die beiden Geschäftsführerinnen von ProTrainU Clarissa Gobiet und Dr. Cornelia Estner, die auch in diesem Jahr die Veranstaltung wieder gemeinsam mit ihrem Nachwuchsakademie-Team auf die Beine gestellt haben.
Wenn die Freiheit der Forschung in Gefahr ist …
Beim 5. Science Day ging es aber nicht nur ums Pitchen und Preise verleihen, sondern auch um das Große und Ganze. Dafür sorgte Dr. Jan-Martin Wiarda in seinem Gastvortrag über die Zukunft der Wissenschaftsfreiheit. Der promovierte Politikwissenschaftler und frühere Kommunikationschef der Helmholtz-Gemeinschaft ist heute eine der profiliertesten Stimmen im deutschen Sprachraum, wenn es um Bildung, Forschung oder Wissenschaft geht. Warum es auf jede und jeden Einzelnen ankommt, wenn auch in Deutschland die Freiheit der Forschung in Gefahr ist, erklärte Wiarda vor dem Hintergrund drohender politischer Umbrüche und wachsender Angriffe aus einem wissenschaftsfeindlichen Umfeld. „Wenn die Fundamente der Wissenschaft in Gefahr sind, kann man nicht neutral bleiben“, warnte Wiarda. Gefragt sei das Engagement jedes Wissenschaftlers und jeder Wissenschaftlerin.
Der Wissenschaftskommunikator forderte sein Publikum auf, sich zu vernetzen und Solidarität zu zeigen: „Es gibt nicht die einzige große Entscheidung, sondern viele kleine Entscheidungen, die wir treffen müssen“. Wichtig sei für die Wissenschaft, glaubwürdig zu bleiben. „Dazu gehört auch die Fähigkeit zur Selbstkritik und der ehrliche Wille, Missstände zu beheben – vom Machtmissbrauch bis zum wissenschaftlichen Fehlverhalten“, mahnte der Redner an.
Weitere Informationen:
Clarissa Gobiet, Co-Geschäftsführerin ProTrainU, E-Mail: clarissa.gobiet@uni-ulm.de
Text und Medienkontakt: Andrea Weber-Tuckermann
